Kapitel 7

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Ich konnte nicht leugnen, dass Ashton verdammtes Glück hatte mit seiner Familie. Okay, zumindest mit seinem Stiefvater. Wie es mit seiner Mutter aussah konnte ich nicht sagen, aber wenn sie mit jemandem wie Alex zusammen war, dann musste sie schon ziemlich cool sein und einen guten Männergeschmack hatte sie noch dazu. 

Ich hatte da nicht so richtig das gute Los gezogen. Meine Eltern waren eher... speziell. Einerseits taten sie so als würde ihnen viel an mir liegen und als würden sie sich Sorgen machen und andererseits fiel es ihnen nicht einmal auf, wenn ich abends zu einer Party ging und erst spät nachts oder morgens wiederkam. Mit Alkoholfahne, versteht sich, die man eigentlich schon Kilometerweit riechen müsste.

Aber gut, es konnte halt nicht jeder das haben, was er wollte. Und wenn ich ehrlich war, wusste ich nicht einmal, ob ich wirklich so über fürsorgliche Eltern haben wollten, die immer wissen wollten, wo ich war. Das musste ja auch ziemlich anstrengend sein...

Und wie gesagt, es gab Momente, wo sie sich wirklich Mühe gaben. Dann nahmen sie sich Zeit und wollten mit mir reden, wo ich dann allerdings abblockte. Ich meine, wenn es sie sonst nicht interessiert, dann brauchen sie es auch dann nicht wissen oder? 

Aber eigentlich tat das jetzt auch nichts zur Sache, denn Ashton redete bereits weiter. Meine Fresse, der Junge hatte einen Drang zum reden! Normalerweise waren hier alle eher schweigsam. Eine Tatsache, die mich anfangs ziemlich verwirrt hatte, aber inzwischen hatte ich mich daran gewöhnt und fand es sogar ganz angenehm. Natürlich gab es immer noch diese Ausnahmen, Ashton war offensichtlich eine davon und dummerweise war ich jetzt wohl die Person, die sich sein Gelaber anhören durfte. Große Freude. 

„Aber es ist auch irgendwie kacke, wenn du nur mit älteren Leuten spielst. Ich hätte gerne meine eigene Band. Aber die, in der ich war, die war doch ziemlich scheiße. Und außerdem nicht wirklich motiviert. Ich hätte gerne Bandkollegen, die das ganze ein bisschen ernster nehmen, so wie ich. Aber die meisten tun das nicht, sondern zocken bei den vermeintlichen Bandproben lieber Fifa. Übrigens ist das ein Grund, warum ich Fifa hasse. Außerdem ist das ziemlich mainstream, findest du nicht? Ich meine, jeder spielt Fifa! Das ist doch auf die Dauer echt langweilig! Egal, Alex meinte du magst Green Day?" Das sprudelte alles innerhalb kürzester Zeit aus ihm heraus, sodass ich einen Moment brauchte, bis ich realisiert hatte, dass er mir eine Frage gestellt hatte. Dann nickte ich. Wenn er jetzt erwartete, dass ich ihn genauso zu textete, wie er mich, dann hatte er sich aber geschnitten. Obwohl mögen war da doch ziemlich übertrieben. Ich liebte Green Day! Das musste ich ihm jetzt zwar nicht auf die Nase binden, aber na ja. 

Das komische war, dass ich jetzt bereits seit zwei Jahren in Windsor wohnte und Ashton aber noch nie gesehen, geschweige denn mit ihm je ein Wort gewechselt hatte, aber er mich jetzt voll quatschte als würden wir uns schon seit Ewigkeiten kennen. Was ging es ihn denn an, welche ich Bands ich gut fand? Nur weil wir uns zweimal Begegnet waren hieß das noch lange nicht, dass wir jetzt Beste Freunde waren, auch wenn wir offensichtlich ähnliche Interessen hatte. 

„Mein Lieblingslied von ihnen ist Jesus of Suburbia", fuhr er fort. Aha, ich musste also gar nicht viel beitragen. Auch gut. Dennoch murmelte ich: „Meins auch..."

Daraufhin strahlte er mich an und schien ganz aus dem Häuschen. „Krieg dich wieder ein, das heißt nicht, dass wir Freunde sind", meinte ich. 

„Ach komm, du bist der erste Mensch, der die gleiche Musik mag, wie ich! Abgesehen von Alex und meiner Mutter. Sonst sind alle in diesem komischen Remix-Gedöns, aber das ist einfach schrecklich, ich weiß nicht, was alle daran finden!" Tja, da waren wir ja schon mal zu zweit. 

Jetzt herrschte wieder Schweigen. Offenbar überlegte er gerade, wie er mich zum reden bringen konnte. Hm, da konnte er lange nachdenken, ich hatte keine Lust zum reden und wenn ich keine Lust hatte, dann tat ich es auch nicht. Und allgemein war ich ja auch nicht gerade die gesprächigste Person. 

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