Kapitel 13

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TW/Selfharm!

Am nächsten Morgen wachte ich bereits relativ früh auf, was mich wiederum ziemlich verwirrte. Ich war kein Frühaufsteher, erst recht nicht am Wochenende. Aber so sehr ich es auch versuchte, ich konnte nicht mehr einschlafen. Nachdem ich mich eine Stunde lang hin und her gewühlt hatte stand ich auf und ging unter die Dusche. Als ich mich danach schminken wollte, fiel mir auf, dass Ashton immer noch meine Sachen hatte. Oder zumindest irgendwo versteckt hatte. Genervt stöhnte ich auf. So eine Scheiße. Genau wie gestern benutzte ich also notdürftig den Lippenstift meiner Mutter und das, was von meinen Sachen noch da war, dann zog ich mich an und ging in die Küche.

Es war noch niemand wach, also schnappte ich mir ein paar Früchte und schnippelte sie in einen Obstsalat, mit dem ich wieder in meinem Zimmer verschwand. Auf dem Weg dorthin warf ich einen Blick in das Schlafzimmer meiner Eltern. Tatsächlich waren alle anwesend, sogar Dad war mal wieder zu Hause. Auf der rechten Seite des Bettes schlief Mom, auf der linken Dad und in der Mitte lag Mia. Offenbar war sie heute Nacht zu den beiden rübergekommen.

Ich betrachtete die drei eine Weile. Sie sahen aus wie eine vernünftige Familie. In mir machte sich ein unwohles Gefühl breit, und es wurde schlimmer, je länger ich die drei betrachtete. Ich fühlte mich ausgegrenzt. Es kam mir so vor, als würde ich hier gar nicht gebraucht werden. Vielleicht war ich ja tatsächlich überflüssig hier. Vielleicht war ich tatsächlich allein. Irgendwann riss ich mich los und ging zurück in die Küche, um den Salat in den Kühlschrank zu stellen. Mir war der Appetit vergangen.

Dann holte ich mein Handy und meine Kopfhörer und schloss die Haustür hinter mir. Ich musste irgendwie einen klaren Kopf bekommen. Ich stopfte mir meine Kopfhörer in die Ohren und kurz darauf erklang Hold on von Good Charlotte. Während ich weiter nachdachte trugen mich meine Füße automatisch zu meiner Lieblingsstelle am Fluss. Ich ließ mich in das Gras sinken und starrte auf den Fluss.

Inzwischen war meine Playlist bei Emotionless angekommen. „It's not okay but we're alright", dudelte es in meine Ohren. Ich seufzte. Schien so, als wäre heute mal wieder ein Tag meiner Depriphasen. Ich hasste diese Tage, mochte sie allerdings auch. Es war ein bisschen wie mit Ashton. Bei ihm war ich ständig hin und her gerissen. Einerseits ging er mir so sehr auf den Senkel, dass ich ihm am liebsten alle zehn Minuten eine reinhauen würde, aber andererseits mochte ich ihn und hatte Spaß. Ich hasste mein kompliziertes Denken.

Ich dachte erneut an das Bild, was sich mir heute morgen geboten hatte. Es tat weh, dass sie so glücklich waren. Es tat weh, dass ich offenbar nicht gebraucht wurde. Es tat weh, dass ich so überflüssig war. Ich überlegte eine Weile. Mein Blick fiel auf eine Glasscherbe, die im Gras lag. Mir kam ein Gedanke. Ich wusste, es war eine beschissene Idee. Die beschissenste, die ich jemals gehabt hatte, um es genau zu nehmen. Ich hatte es immer verabscheut, wenn andere das getan hatten. Aber jetzt formte sich langsam immer mehr etwas in meinem Kopf zusammen. Ich hatte so etwas noch nie gemacht. Und ich hatte immer noch Angst davor. Aber was hatte ich zu verlieren?

Ich atmete tief durch und griff nach der Scherbe.


Ashton:

Meine Mutter weckte mich um zehn Uhr mit den Worten „Dein Handy geht mir auf die Nerven, du kriegst die ganze Nachrichten. Mach zu, dass du aufstehst und demjenigen sagst, dass er jemand anderen zutexten soll." Also schwang ich mich grummelnd aus meinem Bett. Mir war schon klar, wer mich da so vollspamte. Ein Blick auf mein Handy bestätigte mir meinen Verdacht: es waren alle Nachrichten von Eric. Gott, dieser Arsch. Was wollte der so früh? Normalerweise schlief der doch auch bis zur Mittagszeit. Ich öffnete seine Nachrichten und verdrehte die Augen.

„Hey Ash! Du musst heute zu mir kommen"

„Ich hab ein paar neue Tricks ausprobiert"

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