Kapitel 26

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Als wir an der Haustür ankamen wartete ich darauf, dass sie ihren Schlüssel rausholte und uns aufschloss. Doch Anna dachte gar nicht daran. Stattdessen drückte sie die goldene Klingel und augenblicklich wurde die Tür geöffnet. Mit einem letzten Blick auf den kurzgeschorenen Golfrasen trat ich ein.

Das erste, was ich sah war... weiß

Alles war weiß. Die Wände, die Fliesen, die Möbel, das Treppengeländer, die Türen, die Blumen, ja sogar der kleine Zwergpudel, der schwanzwedelnd auf Anna zukam, war weiß. Das einzige, was hier nicht weiß war, war der Mann, der uns die Tür geöffnet hatte – und damit meine ich nicht seine Hautfarbe - sein Anzug war schwarz und schien Maßgeschneidert, und der rote Teppich, der die Treppe bedeckte.

Ich passte hier so gar nicht rein. Ich fühlte mich total fehl am Platz. Während ich mich im Bus mit den Pennern unterhielt, ließ sich Anna auf ihrer kleinen Residenz hier wahrscheinlich mit Alkoholfreien Cocktails bedienen. Ich versuchte wirklich mir nichts anmerken zu lassen, aber ich konnte nicht verhindern, dass mir hörbar die Luft aus den Lungen wich. Man hatte mir die Luft abgelassen. Ich fühlte mich wie ein schrumpeliger Ballon.

Anna schien wohl zu bemerken, dass ich überfordert war mit all dem Luxus, denn sie ließ von dem kleinen Hund ab und wandte sich mir zu. Dabei sah sie allerdings gar nicht mehr so überheblich aus wie sonst. Stattdessen schien sie eher peinlich berührt. Fast so als würde sie sich ebenfalls unwohl fühlen...

„Das ganze kann ganz schön erdrückend sein, nicht wahr?" sie seufzte, „Ich habe immer das Gefühl, dass meine Eltern es jedem nochmal extra reinwürgen müssen, dass sie Geld haben. Als würde es nicht schon reichen, dass wir immer in Markenklamotten rumlaufen, teure Autos fahren und ein großes Haus haben. Nein, sie müssen das Haus auch noch so spießig weiß halten, damit man auch jedes kleine Fitzelchen Dreck ausmachen und sofort wegwischen lassen kann." Ihr Tonfall klang ziemlich verbittert und einen Moment lang starrte sie Hasserfüllt auf die Lilien – natürlich weiß – die in in einer ebenfalls weißen Vase standen. Ich war so überrascht von diesem Geständnis, dass ich im ersten Moment überhaupt nicht wusste, was ich darauf erwidern sollte.

„Wie dem auch sei, hast du Hunger?" fragte sie, sobald sie ihre Fassung wiedergewonnen hatte. Ich nickte zögernd und sie bedeutete mir ihr zu folgen.

Kurz darauf saßen wir in einem riesigen Esszimmer, wobei Anna allerdings die Tafel mied und sich stattdessen an den Tresen setzte, von dem man in die Küche schauen konnte. „Machst du uns ein paar Pfannkuchen?" bat sie eine mollige Köchin, die uns freudig begrüßte. Dass ich hier ganz offensichtlich nicht hergehörte, schien sie überhaupt nicht zu stören. Und außerdem... „Pfannkuchen?" ich sah Anna verdutzt an, „Ich dachte du isst nur Salat oder irgendeinen Schickimicki-Kram?" - „Nur weil ich zu den Cheerleadern gehöre heißt das nicht, dass ich mich nur noch von Gemüse ernähren und kein Fast Food essen darf." Daraufhin hielt ich erstmal meine Klappe, bis das Essen kam. Ich hatte noch nie wirklich darüber nachgedacht. Es war für mich einfach immer selbstverständlich gewesen, dass Anna sich jeden Tag gesund ernährte – wohlbedacht darauf, dass nichts auf ihren Chanel-Rock fiel – und zusätzlich noch zwei Stunden Sport machte. Aber vielleicht hatte ich mich da auch geirrt.

Während wir aßen schwiegen wir beide und ich fragte mich, wann sie wohl endlich mit dem Thema 'Joe' anfangen wollte. Doch sie wartete, bis sie mich in den dritten Stock geführt und mir ihr Zimmer gezeigt hatte. Um genau zu sein war die ganze dritte Etage ihr Zimmer. Nur dass es nicht nur ein einzelnes Zimmer war, sondern gleich acht: Ein Bad, ein Wellnessbereich, ein Schlafzimmer, ein Ankleidezimmer, ein Zimmer für alles, was mit Schule zu tun hatte, ein Übungsraum für ihr Cheerleader-Training, ein Gästezimmer und – zu guter Letzt - ein Wohnzimmer, in dem sich unter anderem ein Fernseher, ein Sofa und eine Musikanlage befanden.

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