Kapitel 35

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„Ich habe Neuigkeiten!" eröffnete mir Ashton, sobald er mir die Tür geöffnet hatte. Er grinste mich glücklich an, und bevor ich auch nur ansatzweise „Ich auch" sagen konnte, hatte er mich schon in seine Arme geschlossen und drückte mir einen sanften Kuss in den Nacken. Ich kicherte und vergaß einen Moment, was ich ihm zu sagen hatte. Dort, wo seine Lippen meine Haut berührt hatten, kribbelte es jetzt.

„Komm rein", meinte Ashton und schob mich, nachdem er die Tür geschlossen hatte, in sein Zimmer. Es tat weh, dass ich ihm sagen musste, was ich vorhatte. Aber besser ich erzählte es ihm jetzt, als dass ich es noch weiter aufschob.

„Ich hab auch Neuigkeiten", platzte es aus mir heraus. So, jetzt gab es kein Zurück mehr. Keinen Rückzieher mehr, so wie die letzten drei Male.

„Na dann schieß' los!" erwiderte er enthusiastisch. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Er rechnete mit guten Nachrichten und nicht mit dem, was ich ihm mitteilen wollte.

Ich holte tief Luft. Okay, da musste ich jetzt durch. Ich hatte eine Entscheidung getroffen und jetzt musste ich halt auch mit den Konsequenzen umgehen können. Mein Herz bekam einen Knacks, weil er mich immer noch vollkommen ahnungslos und glücklich ansah.

„Ich..." Ich konnte es nicht. Ich brachte es nicht über die Lippen.

Jetzt reiß dich zusammen!

Es konnte doch wohl nicht wahr sein, dass ich nicht den Mumm dazu hatte, meinem Freund eine so wichtige Entscheidung mitzuteilen. Ich hatte ja schließlich nicht vor mit ihm Schluss zu machen.

„Ichwerdewegziehen!" sagte ich schnell und biss mir auf die Lippe. Halb hoffte ich, dass er es nicht verstanden hatte. Aber natürlich hatte er richtig gehört.

„Ihr zieht um??" fragte er verwirrt. Ich schüttelte den Kopf, woraufhin er verständnislos seine Stirn runzelte. Ich seufzte.

„Nicht wir ziehen um. Ich ziehe um."

„Wie jetzt? Allein?"

„So in etwa", murmelte ich.

„Ähm... das musst du mir jetzt genauer erklären. Du kannst doch noch gar nicht alleine irgendwo wohnen?"

„Werde ich auch nicht, ich... werde zu meinem Onkel ziehen."

„Ich wusste gar nicht, dass du außer deiner Oma und deinen Eltern noch andere Verwandte hier in Australien hast?" meinte er verwundert und ich schloss für einen kurzen Moment die Augen. Als ich sie wieder öffnete, traute ich mich zum ersten Mal heute, ihn direkt anzuschauen.

„Habe ich auch nicht. Ashton, ich werde zurück nach Deutschland gehen."

Es war raus. Ich hatte es endlich gesagt. Auch wenn ich mich schrecklich dabei fühlte, ihn zu verlassen, war ich jetzt doch erleichtert, dass er es wusste.

Ashton war alle Farbe aus dem Gesicht gewichen, und von dem Lächeln war auch nichts mehr übrig. Schnell sah ich wieder weg. Ich hatte mit dieser Reaktion gerechnet. Wir hatten zwar bewiesen, dass uns auch ein Umzug nicht so schnell auseinander bringen konnte, aber demnächst würden um die 80.000 Kilometer zwischen uns liegen. Das war viel zu viel. Und es würde mich nicht wundern, wenn er sich von mir trennen wollen würde.

„Das ist... weit", stellte er fest und fuhr sich durch die Haare. Ich fand es süß von ihm, dass er bereits über eine Lösung für das Problem nachdachte. Nur gab es leider keine. Ich hatte mir bereits die letzten Wochen darüber den Kopf zerbrochen und war immer noch zu keinem Ergebnis gekommen.

Ich saß bloß mit hängenden Schultern da und traute mich nicht, ihn direkt anzusehen. Warum machte ich es jetzt eigentlich wieder kaputt? Es lief gerade so gut zwischen uns und jetzt traf ich diese blöde Entscheidung und machte alles wieder kaputt, was wir aufgebaut hatten.

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