FÜNFUNDFÜNFZIG

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Carlo ist oben am Duschen, während ich unten den Tisch decke. Der Service im Hotel ist da schon besser gewesen, aber vielleicht bin ich jetzt einfach nur verwöhnt. Ich höre ihn die Treppe runterpoltern. Er kommt in die Küche.

"Fertig!", verkündet er.

"Neuer Rekord", kichere ich.

"Ich hab Hunger", gesteht er und hilft mir, Teller auf den Küchentisch zu stellen.

"Kaffee?", frage ich.

"Ja, bitte." Ich schmeiße also auch noch unsere Tab-Maschine an. Mir Weichei mache ich eine warme Milch. Ich setze mich ihm gegenüber und schmiere mir ein Brötchen ein.

"Ich muss gleich zu Bella", sage ich und beiße ins Brötchen.

"Ich komme mit."

"Du musst nicht", sage ich so würdevoll wie möglich mit vollen Mund. Ich will nicht, dass er sich verpflichtet fühlt, immer mitgehen zu müssen, nur weil er sie gekauft hat. Was er eigentlich gar nicht hätte machen sollen.

"Wieso nicht? Ich schaue dir gern beim Arbeiten zu."

"Ich muss sie aber heute ein bisschen bewegen. Du könntest ja kurz mitkommen und dann selbst mal was arbeiten", sage ich, da klingelt es an der Tür.

"Ich geh schon", sage ich und gehe die Tür öffnen. Es ist der Briefträger, der schon zwei riesige Pakete in den Flur schiebt. Da kommt auch schon neue Arbeit für Carlo, von der ich schon eben geredet habe.

"Danke", sage ich zu ihm, unterschreibe auf dem Gerät und schiebe die Pakete - sportlich wie selten - in die Küche zu ihm.

"Oh nein!", stöhnt er. "Ich dachte, ich hätte Urlaub!"

"Mit dem ist es jetzt vorbei", sage ich süffisant. Ich hole ein scharfes Messer, um das Paket zu öffnen. Ich zögere aber noch kurz und schaue ihn unsicher an. "Darf ich?"

"Klar, Baby. Da kommt jetzt keine Bombe zum Vorschein", grinst er.

"Ich dachte eher an geheime Liebschaften", lache ich.

"Nie, Sunnylein

, nie. Da kannst du dir sicher sein", sagt er, und das hätte ich ihm geglaubt, würde er nicht grinsend mit den Augenbrauen wackeln.

"Hey, höre ich da Ironie, Schatz?", frage ich lachend.

Er antwortet nicht, sondern macht nur: "Mhhhh..."

"Was mh?", lache ich.

"Ich liebe es, wenn du mich so nennst!"

"Schatz?", frage ich nach.

"Ja, es hört sich so schön an."

"Ich kann dich öfter so nennen", lächle ich.

"Nein, sag es nur von dir aus. Dann bleibt es etwas besonderes. Wenn du so etwas einmal sagst, dann ist es besonders." Ich lächle in mich hinein und beginne, das eine Paket zu öffnen. Zum Vorschein kommen total viele VIOVIO-Klamotten und nochmal so viele Nike-Paare. Seine Mutter muss die ihm geschickt haben. Oben drauf liegt ein Brief. Ich nehme ihn raus und gebe ihn Carlo.

"Von deiner Mum", sage ich. Er öffnet ihn neugierig und schon bald breitet sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht auf.

"Wir heiraten!", verkündet er stolz.

"Davon wüsste ich, glaub ich", sage ich unsicher und muss aber auch lachen. Ich werde sicher nicht heiraten, ich kann ja nicht einmal, ich bin ja erst 17.

"Nein, doch nicht wir!", grinst er. "Das steht hier. 'Wir heiraten!'"

"Deine Mum? Mit wem?", frage ich erstaunt. Und auch erstaunt darüber, dass seine Mutter ihm das in einem Brief mitteilt.

"Papa", grinst er. "Ich hab dir doch erzählt, dass sie sich schon seit langem wieder näherkommen."

"Wie schön", lächle ich.

"Wir sind beide eingeladen. Mit deinen Eltern und deiner Schwester. In vier Wochen, samstags."

"Sind wir da nicht in Urlaub?", frage ich.

"Nein. Da sind wir, glaub ich, wieder daheim", beruhigt er mich.

"Aber sie kennen mich doch gar nicht. Und meine Eltern nicht. Und meine Schwester nicht."

"Du machst so, als würdest du von Hartz IV mit deiner Familie leben und asozial. Deine Eltern sind toll. Deine Sis erst recht. Wir lassen sie mal telefonieren und so", meint er schulterzuckend.

"Du machst es dir echt immer einfach", murmle ich.

Er lacht. "Nur DU machst es mir nicht immer einfach!"

"Wenn du meinst", grinse ich, gebe ihm einen Kuss und frage: "Trägst du mir den Karton hier hoch?"

"Klaro, Mäuschen."

"Mäuschen?", kichere ich. "Du denkst dir auch immer neue Namen aus."

"Es soll ja auch nicht langweilig werden", grinst er, steht auf und trägt mir den einen Karton hoch, während ich das kleinere, leichtere Paket hochbringe.

"Ich muss aber zuerst zu Bella. Du kannst ruhig hierbleiben", meine ich.

"Wenn du meinst", lächelt er. "Das macht dir nichts aus?"

"Nein. Ich muss eh reiten, da kannst du nicht viel machen."

"Ich komm in einer halben Stunde zugucken, okay?", fragt er.

"Okay", lächle ich. Ich ziehe schnell Reithose und einen älteren Pulli an, dann mache ich mich fröhlich auf zu meinem Pferd. "Bis nachher, Schatz!", rufe ich noch über die Schulter. Sein Lächeln darauf ist goldwert.

Cro-You make my life completeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt