ELAINE
Tief durchatmen, du schaffst das. Alles wird gut. „Nell, stell dir vor, du bist ein Fels, ein Fels hat keine Angst, ein Fels zittert nicht. Ein Fels bleibt standhaft!", hätte mein Vater jetzt gesagt und ich hätte ihn für verrückt erklärt. Genauso das Phänomen, dass mein ganzer Körper zittert. Ein Fels kann nicht zittern und ich halte das bei mir gerade genauso wenig für möglich, da sich meine Finger gleichzeitig taub anfühlen.
Der Start-Piepton erklingt und ich öffne die Tür vor mir. Sie klackt hinter mir ins Schloss und mich umgibt nichts als Schwärze. Ich kenne die Regeln, die mir einer der Prüfer und ich selbst doppelt und dreifach eingebläut haben. Sie saßen praktisch fest in meinem Kopf, aber jetzt fühlt es sich an, als wäre da nichts mehr. Weil ich nichts sehe, nichts rieche, geschweige denn höre, noch nicht. Panik keimt in mir auf, während meine Augen fieberhaft versuchen, sich der Dunkelheit anzupassen. Ich brauche einen klaren Gedanken. Einen. Denn die Zeit läuft und ich weiß, wenn wir es nicht rechtzeitig schaffen, sind wir raus und meine Ausbildung reif für den Sondermüll.
Tasten, den Lichtschalter finden.
Und ich bewege mich von der Stelle, ganz vorsichtig, ganz langsam, bis meine ausgestreckten Hände den kalten Beton unter ihnen zu spüren bekommen. Den Lichtschalter finden. Einfacher gesagt als getan, wenn man keine Ahnung hat, auf welcher Höhe und an welchem Platz dieser dämliche Lichtschalter hängt.
„Strommast an Gartenzwerg, können Sie mich hören? Over"
Auch das noch. Ich fasse mir an die Stirn und halte inne in meiner Bewegung, wie eine Irre die Wand abzutasten. Ich hätte ein noch größeres Veto gegen diese Funkkopfhörer einlegen sollen. Nicht nur, dass ich zu dumm bin, um einen Lichtschalter zu finden oder mich gar von der Stelle zu bewegen, jetzt habe ich auch noch Edens Stimme auf meinem linken Ohr. Und er hat bloß gegrinst, als er es erfahren hat. Super, jetzt kann ich es ihr so richtig vermiesen, dachte er sich bestimmt und hätte recht damit.
„Elaine an Sprachgestörten", sage ich und drücke dabei auf den Knopf in meinem Ohr, „Halt die Klappe, Over" Auf der anderen Leitung ist nichts mehr zu hören und ich frage mich, ob er bereits seinen Lichtschalter gefunden hat. Wobei er sich dann schon längst damit gemeldet hätte, um es mir unter die Nase zu reiben, da bin ich sicher. Ich kenne ihn nun seit einem Monat Übung und nervtötender Stunden. Das ist nicht viel, aber genug um zu wissen, was er für erwähnenswert hält, und was nicht.
Meine Fingerkuppen spüren die kalte Wand unter sich. Scheinbar eine endlos lange Wand und mein Herz klopft immer schneller. Meine Fragezeichen werden immer größer;
Was, wenn ich es nicht schaffe?
Wenn all das hier umsonst war?
Was, wenn ich wieder bei null anzufangen habe?
Und was, wenn ich wieder alleine bin, auf den Grund gefallen, ohne jegliches Ansehen und zurück in die Vergangenheit gestürzt...? ? ? ?...
Ich höre den Puls in meinen Ohren pochen und dann höre ich da noch etwas Anderes;
„Di de daaam, di de daaam, da damdam, dadamdam"
„Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?!", murmle ich und schließe entnervt die Augen, Edens Stimme singt in meinem Ohr und kommt dabei einem Tinnitus schrecklicher Weise sehr nahe.
„Das ist Mission Impossible", erklärt er stolz, „Wenn ich schon einen auf Geheimagent machen muss, dann richtig".
Ich verdrehe die Augen, doch er sieht es nicht. Er sieht nicht, wie wichtig mir das hier ist. Er. Sieht. Es. Nicht. Dunkelheit. Und ich sehe auch nichts. Weil es eben dunkel ist, und meine Inkompetenz zu groß, um einen Lichtschalter zu finden. Dunkelheit. Und ich verschließe die Augen vor ihr, während ich an der Wand entlang gehe und meine Hand über das Kalte Gestein streifen lasse. Und dann spüre ich es, das Plastik des Schalters und höre ausnahmsweise etwas anderes als das Mission Impossible Theme oder mein pochendes Herz. Ich höre das Klick und im nächsten Moment flammt eine Glühbirne über meinem Kopf auf, die in der Mitte des mickrigen Raumes an der Decke hängt.
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Out of Time
Teen Fiction»𝑌𝑜𝑢 𝑐𝑎𝑛 𝑎𝑠𝑘 𝑢𝑛𝑖𝑣𝑒𝑟𝑠𝑒 𝑓𝑜𝑟 𝑠𝑖𝑔𝑛𝑠 𝑎𝑙𝑙 𝑦𝑜𝑢 𝑤𝑎𝑛𝑡. 𝐵𝑢𝑡 𝑢𝑙𝑡𝑖𝑚𝑎𝑡𝑒𝑙𝑦 𝑤𝑒 𝑜𝑛𝑙𝑦 𝑠𝑒𝑒 𝑤ℎ𝑎𝑡 𝑤𝑒 𝑤𝑎𝑛𝑡 𝑡𝑜 𝑠𝑒𝑒, 𝑤ℎ𝑒𝑛 𝑤𝑒 𝑎𝑟𝑒 𝑟𝑒𝑎𝑑𝑦 𝑡𝑜 𝑠𝑒𝑒 𝑖𝑡.« ~𝑇𝑒𝑑 𝑀𝑜𝑠𝑏𝑦. ⊱ Elaine Dear...