╰⊱ neunzehn ⊱╮

14 4 0
                                    

EDEN

Drei Wochen später

Die Sonne steht bereits am tiefsten Punkt des Horizonts und taucht den Himmel in ein dämmrig rosiges Licht. Die Luft ist angenehm kühl und hier oben auf dem Balkon meiner Wohnung frisch. Es ist, als befinden wir uns nicht in einer Großstadt, sondern in den Wolken nur sie und ich, zwischen Hochhäusern, so weit das Auge reicht.

Ihre Augen glänzen im Licht, bevor sich ihre Lider senken und sie tief durchatmet. Elaines Haare fallen ihr in einem locker geflochtenen Zopf über die rechte Schulter, ein friedliches Lächeln liegt auf ihren Lippen. Die vorderen Strähnen wirbeln ihr ruhig übers Gesicht. „Es ist wunderschön hier oben", murmelt sie dann und lässt ihren Kopf auf die Lehne des kleinen Sofas fallen, das ich auf meinem Balkon platziert habe.

Mir fällt absolut kein besserer Platz für ein Sofa ein.

„Das hast du die letzten paar Male auch schon gesagt", schmunzle ich und folge ihr in die magische Welt, in die mich der Blick ihrer Bernsteinaugen zieht.

„Und es ist immer noch wahr", flüstert sie in meine Richtung, den Kopf zu mir gedreht, „...und kalt"

Ich muss lachen und nehme schließlich meine Gitarre in die Hand.

Ein Lächeln spielt sich über ihre Lippen.

„Was?", frage ich und fahre mir durchs Haar.

„Ich habe darauf gewartet, dass du das tust". In ihren Augen liegt so viel Tiefe, sie lässt mich hinein. Und es fühlt sich an als würde ich fallen...

„Woher wusstest du, dass ich spiele?"

Sie blickt zu mir herauf, dann meint sie: „Weil sie neben das Sofa gelehnt war und du alleine wohnst". Sie blinzelt.

„Okay", grinse ich mit ruhiger Stimme. Meine Finger gleiten wie von selbst über die Seiten meiner Gitarre. Ich will nicht selbstverliebt klingen, aber ich glaube, ich kann das ziemlich gut. Irgendetwas muss ich ja schließlich machen, wenn ich nicht auf die Prüfungen meines Studiums lerne. „Kennst du dieses Lied?", frage ich sie und sehe sie an. Mein ganzer Magen dreht sich, als sie meinen Blick wieder erwidert.

„Dein Lieblingslied", stellt sie fest, „...glaube ich?"

„Intuition?", frage ich und hebe die Augenbrauen, ehe ich den nächsten Akkord spiele. „Bin ich etwa so durchschaubar?"

„Oh nein, Eden Auburn, sicher nicht", sie lacht.

Plötzlich gefriert das Blut in meinen Adern und es fühlt sich für einen kurzen Moment so an, als wäre jegliche Luft aus meiner Lunge gepresst worden. Ihre Stimme trifft mich aus dem Nichts. Sie klingt weich, warm und trifft jeden Ton.

„Take me back to the night we met", singt sie, als hätte sie nie etwas anderes getan. Als verliebte ich mich nicht gerade Sekunde für Sekunde ein Stückchen mehr in sie... Das Honigblond ihrer Haare schimmert golden und ihr Blick ist auf die Skyline gerichtet. „...and then I can tell myself...", ihre Augen schimmern. „...I had all and then most of you, some and now none of you...". Es klingt, als erzähle sie mir gerade eine Geschichte. „...Take me back to the night we met..." Vielleicht die Geschichte, von der sie mir niemals erzählen kann. Eine Träne rinnt ihre Wange herab.

Ich stocke, doch nehme ich die Augen nicht von ihr, ich kann einfach nicht.

Ihr Körper beginnt zu zittern.

„Elaine?", sage ich leise und lege die Gitarre beiseite, „Was hast du?", ich rutsche näher an sie heran.

„Ich- Ich...", sie sieht mich an und bricht schließlich in Tränen aus.

Sofort schließe ich sie in meine Arme und streichle ihr sanft übers Haar. Sie duftet nach frischen Blumen und ich hasse mich dafür, dass ich in diesem Moment überhaupt an so etwas denken kann. „Alles ist ja gut", flüstere ich leise und spüre, wie sich ihre Hände in den Stoff meines Pullis krallen.

„Wieso tust du das?", schluchzt sie an meiner Schulter.

„Weil du jetzt traurig bist und dir kalt ist", flüstere ich, „und, weil du bereits jetzt der beste Mensch in meinem Leben bist, obwohl ich dich seit knapp drei Monaten kenne..."

Sie kichert leicht und löst sich von mir, „Entschuldige", murmelt sie und ich wische ihr mit dem Daumen die Tränen weg, die ihr schönes Gesicht überflutet haben.

„Wofür?"

„Dafür, dass ich dich in Situationen bringe, in denen du nicht weißt, was du tun sollst", sie lächelt verlegen und es scheint, als hätte ich sie ein bisschen beruhigen können.

„Das stimmt nicht"

„Nicht? Weißt du denn immer, was du tun willst?"

„Ich weiß es nur, was dich betrifft", flüstere ich und streiche ihr eine Strähne hinters Ohr. Mein Herz klopft und Gott, fühlt sich das Aufgeregt sein scheiße an...

„Dann tu es", wispert Elaine zurück, ihre Augen huschen über jeden Zentimeter meines Gesichts. Sie nimmt mein Gesicht in beide Hände und streichelt mir sanft über mein Kinn und meine Wangen. Ihre rechte Hand lässt sie in meinen Nacken gleiten und ihre Augen finden meine wieder.

Meine Haut kribbelt unter ihren Fingern, unter ihrer Hand und unter ihrem Blick, der nun nicht mehr traurig aussieht. Da sind wieder diese bernsteinfarbenen Augen, ihre Sommersprossen, die hellen Augenbrauen, die herzförmigen Lippen, das kleine Muttermal unter ihnen, einfach alles... Und alles wird mich noch um den Verstand bringen. Meine Hand hebt ihr Kinn an und ich sehe ihr tief in die Augen. Dann lege ich meine Lippen auf ihre. Elaine erwidert meinen Kuss mit diesen weichen Lippen, und obwohl es um uns herum still ist, höre ich so, so viel. So viel Herzklopfen, so viele Atemzüge, die wir gleichzeitig nehmen.

Da löst sie sich von mir und sieht mich wieder an. „Das wollte ich auch tun", haucht sie dann gegen meine Lippen, „Vom ersten Zeitpunkt an".

„Was machst du nur aus mir?", wispere ich zurück und fahre mit dem Daumen über ihre Unterlippe und das Muttermal darunter.

Da küsst sie mich noch einmal. „Mir ist kalt", flüstert sie, als sie sich wieder von mir löst, dabei will ich sie nur weiterhin küssen, sodass dieses Gefühl niemals verschwindet. Weil ich merke, dass sie mir guttut. Mir, meinen Gefühlen und den Schmetterlingen, die bei ihr in meinem Bauch herumtoben, so wie noch nie zuvor. Nicht einmal der härteste Sex meiner Vergangenheit ließ mich fühlen, was sie mich fühlen lässt. Sogar wenn sie mich anzickt, obwohl mir das Hin-und-Her-Spiel mit ihr gefällt, wenn ich ehrlich bin.

„Dann komm her", gebe ich ihr als Antwort.

Ein Lächeln umspielt ihre Lippen und sie klettert auf meinen Schoß.

Ich schlinge meine Arme um sie und ziehe sie mit mir, als ich den ganzen Platz der Couch belege. Ihr warmer, zierlicher Körper liegt auf mir, ihr Kopf auf meiner Brust. Meine Finger malen wie von selbst kleine Kreise auf ihrem Unterrücken.

Wohin ist der Eden, der nur an das Eine denkt, der nur Alkohol trinkt und Gitarre spielt, statt zu lernen. Wohin ist das alte Arschloch, das ich kenne. Warum vermisse ich es nicht?

Ich denke nur daran, was für ein Glück ich habe, dieses Mädchen zu kennen. „Take me back to the night we met", sang sie und hat mich dabei angesehen. Es fühlt sich an, als würde sie mich schon ewig kennen, und sie gibt mir das Gefühl, dass ich das auch tue. Vielleicht kenne ich sie ja auch schon, vielleicht denke ich zu viel nach. Aber eins weiß ich sicher, nicht nur vielleicht; wenn ich einmal durch die Zeit reisen kann, dann will ich zu dem Moment, in dem ich sie kennengelernt habe. Elaine, Elaine, Elaine. 

-------------------------------------------------------------------------------------------------------

Huch, es wurde wieder kitschig, aber meine Charaktere brauchen noch ein bisschen Liebe vor dem nächsten Kapitel. Das hier ist kein Spoiler, nur eine Warnung haha:,) Ich habe übrigens Angst, das zu Schreiben. Warum ist das so schwer!!? AHHH. 

Vielen Dank übrigens für eueren tollen Support, love you<3 und ganz ganz viel Spaß und Kraft beim Weiterlesen:P Danke auch für Votes, Follows und Kommentare

Out of TimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt