Ebony brauchte ein paar Tage bis sie zu mir kam. Jetzt sitzt sie auf meinem Schreibtischstuhl und hat noch immer kein Wort gesagt.
» Warum sitzt du hier?«, frage ich schließlich irgendwann.
» Ich weiß nicht ob ich mich nochmal entschuldigen soll oder nicht. Ich dachte, nicht dass dann die gesamte Aufmerksamkeit auf dir liegt. Ich habe nur gemerkt wie unwohl du dich gefühlt hast. Ich wollte, dass es besser wird und habe es nur schlimmer gemacht.«
» Ich und Jonah haben darüber gesprochen. Dass wir uns mehr oder weniger gestritten hatten, lag an der selben Sache, wie das wir immer streiten. Er meinte es nicht böse, aber trotzdem kam ich nicht darauf klar, was er über dich gesagt hat. Wie du über meine Mom.« Ich rutsche auf der Matratze herum. » Dann habe ich mit Payton telefoniert und er ist der selben Meinung gewesen und wenn ich ehrlich bin, haben die Beiden schon teilweise recht.«
» Womit?«
» Du erlaubst dir seit Monaten ziemlich viel und auch wenn ich weiß, dass du es nur gut mit mir meinst, tut es mir nicht gut, tut es uns nicht gut. Es setzt mich unter Druck und dadurch entfernen wir uns voneinander. Das möchte ich nicht mehr.«
Sie zieht die Augenbrauen zusammen und legt den Kopf schief. » Was meinst du?«
» Naja, die Sache, dass du mich dazu zwingen wolltest Jade und Ivy von meinen Eltern zu erzählen. Dass sie sich jetzt viel zu viele Sorgen machen. Dass du ständig über meinen Kopf hinweg entscheidest was gut für mich sei, hier reinplatzt und alles über den Haufen wirfst. Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst, aber ich komme zurecht ohne das. Ich brauche keinen Schubs in eine möglicherweise richtige Richtung. Ich brauche eine Freundin mit der ich reden kann und die da ist, wenn ich sie brauche. Das bist du, ich weiß, aber gleichzeitig sind da eben diese ganzen anderen Dinge.«
» Ich weiß, wenn ich sauer bin, bin ich wirklich ein Arsch und wir hatten ja schon darüber gesprochen und ich habe ja eingesehen, dass es nicht in Ordnung war. Aber ich möchte nie über deinen Kopf hinweg entscheiden, wenn man es so auffasst, dann tut es mir wirklich leid. Du hast immer das Recht mir zu widersprechen oder mich vor allen zur Sau zu machen, wenn du es musst. Manchmal habe ich es satt mit anzusehen, dass du alles mit dir machen lässt. Du ziehst immer deinen Kopf ein und ich möchte einfach, dass du das nicht musst. Dass du genauso laut reden kannst, wie die Anderen auch, egal ob es bescheuert, unlustig, unverschämt oder das schlauste der Welt ist. Manchmal habe ich das Gefühl, dass du dich unsichtbar machen willst, dabei weiß ich, dass du doch eigentlich nur zu diesem Ganzen dazugehören möchtest.«
»Vielleicht soll es einfach nicht so sein. Vielleicht soll ich nur mit zwei Leuten leben.«
» Nein, Rachel, du gehörst dazu. Du weißt aber, dass so viel zwischen dir und den Anderen steht, deswegen wendest du dich auch nur an mich und Jonah. Deswegen möchte ich, dass du mit Jade und Ivy redest, wenn du es nicht kannst, dann ist das okay. Nur du merkst doch selbst, dass Jade und Ivy nie richtig deine Freundinnen werden können, wenn sie keine Ahnung haben, was passiert ist, was momentan passiert. Ivy sucht schon die Fehler bei sich, macht sich Gedanken, wieso du dich ständig abkapselst und dich sichtlich unwohl fühlst Zeit mit den Beiden alleine zu verbringen. Ich sage ihr immer wieder, dass es nichts mit ihnen zu tun hat, dass du sie wirklich gern hast, aber jeder merkt es. Selbst Ashton und du weißt der checkt gar nichts, wenn man es ihm nicht sagt und selbst dann nicht.«
» Was soll es ändern? Ich weiß nicht was danach besser werden sollte.«
» Sie können dir helfen. Sie werden, genauso wie ich, einen Weg finden dir zu helfen, sodass du ihre Hilfe annehmen kannst. Sie können die Freundin sein, die mit dir reden und dir zuhören, bei dir bleiben, wenn ich nicht da bin. Sie tappen nicht mehr im dunkeln. Ich brauchte auch ein wenig, bis ich realisiert habe, dass nicht alles perfekt sein kann, aber man kann es versuchen.«
Ich antworte drauf nichts, lasse mir ihre Worte einfach nochmal durch den Kopf gehen.
» Schau meine Mutter, hätte sie sich von heute auf morgen total verändert, wäre das doch vollkommen unrealistisch«, bemerkt Ebony.
Ich lache laut auf. » Da hatte wohl jemand keine Lust auf ein Full-Happy-End.«
Sie lehnt sich gegen den Tisch. » Ich brauche auch keins. Die Beziehung zwischen meiner Mutter und mir kann man nicht mehr retten und ich will sie auch nicht mehr retten, aber du verdienst ein Full-Happy-End, Rachel.« Nach einem kurzen Seufzen lächelt sie mich sanft an. » Mit allem drum und dran. Mit Traumprinzen, also Jonah, mit Frei sein, mit Lachen, mit allem was du willst. Doch ich befürchte, dass deine Mutter dabei kein Teil sein wird.«
Fängt das schon wieder an. » Du verstehst das nicht.«
» Doch, Rachel.« Sie schaut mich ernst an. » Okay, ich verstehe nicht, wie es ist eine Mutter zu lieben, aber ich verstehe es, wenn eine Mutter dir nicht gut tut.«
» Spar es dir.«
» Nein, hör mir zu.« Sie beugt sich vor. » Ich halte diesen Monolog so oder so, aber ich frage dich dieses Mal nur etwas. Ist diese Frau noch deine Mutter oder ist sie eine von Drogen so veränderte, kaputte Frau, die aussieht wie deine Mutter?«
Ich drehe meinen Kopf von ihr Weg, als Tränen in meine Augen steigen. Den Blick fest auf die Tür gerichtet, versuche ich sie zurück zuhalten.
» Sie tut weder dir noch Payton gut, aber ich verstehe, dass du sie nicht gehen lassen kannst, weil sie deine Mutter ist. Du liebst deine Mutter, aber diese Frau ist nicht mehr dieselbe wie die, die euch beide bekommen hat.«
» Sie wird gesund und dann wird es wieder besser!«, schreie ich.
Ebonys Gesicht verzieht sich kein Bisschen. Ihre Augen scheinen kühl, aber ihr restliches Gesicht drückt Besorgnis aus.
» Rachel, ich bezweifle, dass sie wieder gesund wird.«
Ich stoße mich von der Matratze ab, aber Ebony redet weiter.
» Ich wünsche mir für dich, Payton und auch für sie, dass sie es schaffen könnte. Doch wenn du ehrlich zu dir selbst bist, können wir die Tage abzählen, bis sie eine weitere Überdosis nimmt. Ich denke nicht mal mehr, dass es an den Drogen liegt. Ich glaube, sie ist verdammt unglücklich.«
» Warum sollte ich sie dann alleine lassen?«
» Weil es gut sein kann, dass sie sich dafür Vorwürfe macht, welches Leben du und Payton führen müsst.« Sie nimmt meine Hände. » Was ich damit sagen möchte ist, du kannst alles haben, okay? Du musst nur ein wenig egoistisch sein. Wie vorhin. Statt den Kopf einzuziehen, hast du mir gesagt was dich stört. Gönn dir glücklich zu sein. Jade und Ivy als Freundinnen zu haben. Ein gutes Leben für dich und Payton. Vielleicht braucht deine Mom einen Arschtritt damit sie ausnüchtert und ja, das ist schwer. Mittlerweile bin ich der Meinung, dass es reicht wenn sie auch nur einen Monat auf sich alleine gestellt ist.«
» Was ist wenn sie sich umbringt, statt nüchtern zu werden? Was ist dann, Ebony?«
» Dann hört dieser innere Krieg auf. In dir, in Payton, in deiner Mom. Ich hoffe für dich, dass es nicht so wäre und ich hoffe für dich, dass sie gesund wird und du deine Mutter wiederbekommst.« Sie lässt meine Hände los und fasst stattdessen an meine Wangen. » Ich möchte nur, dass du einmal darüber nachdenkst, was diese Frau von deiner Mutter unterscheidet, aber solange du dein Leben so führst, bin ich trotzdem da um dir bei egal was auszuhelfen, damit du ein Ziel schaffst, okay?«
Sie umarmt mich und ich lege meine Arme um sie.
Jedoch antworte ich nicht, weil sie Recht hat. Diese Frau zu Hause ist zwar biologisch meine Mutter, aber sie hatte nichts mehr mit ihr gemeinsam.
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The Scars behind the Smile
Romance「 Teil 4 der »Behind«-Reihe 」 * in sich abgeschlossene Bände, trotzdem ist zu empfehlen von Band 1 anzufangen Rachel Clark ist mit einem Ziel nach Midhamp gegangen: Normalität. Doch schnell merkte sie, dass es nicht so einfach werden würde, wie sie...