Kapitel 3.1

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~Liv~

Ich stehe vor der Tür des Trailers und hämmere mit meiner Faust dagegen.
Sie wird geöffnet und Eddie sieht mich überrascht an.
"Liv, was machst du denn schon hier?",will er wissen und ich stoße ihn beiseite und betrete den Trailer.
"Wir müssen reden!",sage ich in einem Ton, der keinen Zweifel daran lässt, das ich wütend bin.
"Komm ruhig rein",sagt Eddie sarkastisch und macht eine ausladende Handbewegung.
"Hör auf damit!",keife ich, "Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sarkastisch zu sein!"
Eddie legt irritiert die Stirn in Falten.
"Was ist denn los? Warum bist du so wütend?",fragt er und ich verschränke meine Arme vor der Brust.
"Wieso verdächtigt dich die Polizei noch immer?",will ich wissen und Eddie reißt ungläubig seine Augen auf.
"Was?! Tun sie das etwa?!",fragt er und ich höre einen Anflug von Angst in seiner Stimme.
"Ja, Eddie! Weil deine Alibi offenbar nicht wasserdicht ist! Willst du mir verraten, wieso das so ist?!"
Eddie schweigt und verzieht seine Lippen zu einem schmalen Strich.
Er tritt nervös von einem Bein auf das andere und weicht meinem Blick aus.
"Eddie,"beginne ich und versuche dabei ruhig und gelassen zu klingen, "Stimmt dein Alibi? Warst du zu Hause und hast dir mit Wayne einen Film angesehen?"
Eddie kratzt sich den Nacken und geht an mir vorbei zur Couch.
Er lässt sich darauf nieder und vergräbt sein Gesicht in seinen Händen.
Während ich ihn dabei beobachte wird mir abwechselnd heiß und kalt.
Seine Reaktion ist Antwort genug.
"Wo warst du an dem Abend, als Chrissy ermordet wurde, Eddie?", frage ich deshalb stattdessen und meine Stimme klingt wie ein Flüstern.
"Eddie! Antworte mir!",presse ich tränenerstickt hervor, als er weiterhin beharrlich schweigt.
Eddie hebt den Blick und sieht mich aus traurigen Augen an.
Mir rutscht das Herz in die Hose und meine Knie werden weich.
"Ich war bei ihr. Aber ich bin gegen zehn Uhr gegangen",sagt er dann so leise, das ich es kaum verstehe.
Mir weicht sämtliche Farbe aus dem Gesicht.
"Was?!",presse ich hervor, Eddie wendet den Blick von mir ab und ich kann sehen, das er weint.
"Ihre Eltern waren nicht da und Jason hatte lange Training. So haben wir uns oft getroffen",sagt er mit zitternder Stimme und ich amte hörbar aus.
"Wieso hast du das der Polizei nicht gesagt?!", frage ich und Eddie fährt sich seufzend durch sein Haar.
Seine Stimme bricht, als er sagt:
"Wir haben uns gestritten."
Ich erstarre.
Mir wird übel und ich muss tief ein-und ausatmen.
"Hätte ich das der Polizei gesagt, hätten sie auch von der Affäre erfahren! Sie hätten mich in Untersuchungshaft gesteckt!"
Er vergräbt erneut sein Gesicht in seinen Händen.
"Wayne wollte nur helfen",fügt er leise hinzu.
"Er hat dich gedeckt",stelle ich tonlos fest und Eddie nickt, ohne den Kopf zu heben.
Ich schließe für einen Moment meine Augen und fahre mir mit den Händen durch mein Gesicht.
"Wieso hast du mir das verschwiegen?!", frage ich dann erschöpft und lasse mich neben Eddie auf die Couch fallen.
"Ich konnte es dir nicht sagen",erwidert er leise.
"Wieso nicht?"
"In dem Streit ging es...",Eddie hebt den Kopf und sieht mich an, "...es ging um dich."
Ich starre ich ungläubig an.
"Um mich?!", frage ich erstaunt und Eddie seufzt.
"Eigentlich darum, das ich nicht verstanden habe, wieso wir unsere Beziehung immernoch verheimlichen. Ich schlug vor, es dir zu sagen. Doch sie wollte nicht. Sie sagte," Eddie hält inne und schluckt schwer.
"Sie sagte, du würdest es sowieso nicht verstehen."
Mir wird schwindelig und ich muss mich abstützen, um nicht umzukippen.
Ich würde es nicht verstehen?!
"Wieso sagt sie so etwas?",frage ich und schluchze.
"Liv, ich weiß nicht, wie eure Beziehung zueinander war. Aber Chrissy hat oft so über dich gesprochen und ich..."
"Oft? Sie hat oft so über mich gesprochen?!",unterbreche ich Eddie mit tränennassem Gesicht.
"Ja",erwidert Eddie und legt mitleidig seinen Kopf schief.
"Was hat sie gesagt?",frage ich tonlos.
Eddie schüttelt seinen Kopf.
"Tu dir das nicht an",sagt er und ich packe ihn am Kragen, er reißt erschrocken die Augen auf.
"Sag es mir!",befehle ich.
"Okay, schon gut!",sagt Eddie beschwichtigend und legt sanft eine Hand um meine, die seinen Kragen umschlossen hält.
"Sie sagte, du hättest dich verändert. Das du zu sehr mit deinen eigenen Problemen beschäftigt seist und ihr nicht zuhören würdest. Und das du...",Eddie verstummt und ich verstärke meinen Griff um seinen Kragen.
Schnell spricht er weiter.
"Das du sowieso nur damit beschäftigt wärst, dich von Idioten ins Bett kriegen zu lassen."
"Oh mein Gott....", entfährt es mir und ich lasse meine Hand an Eddies Kragen sinken.
Dicke Tränen kullern meine Wangen hinab und ich fühle mich mit einem Mal vollkommen leer.
Eddie nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände und ich sehe ihn aus leeren Augen an.
"Hör mir zu, Liv. Chrissy hatte Unrecht! Sie hatte Unrecht...",seine Stimme wird zu einem Flüstern und der Ausdruck in seinem Gesicht verändert sich.
Er rückt ein Stück näher an mich heran.
"Du bist nicht so, wie sie gesagt hat. Du bist das genaue Gegenteil! Ohne dich wäre ich längst verrückt geworden! Und was die Idioten angeht...",er legt den Kopf ein wenig schief und betrachtet mich beinahe liebevoll, "Wir polen deinen Magneten einfach um!",sagt er und zwinkert mir zu.
Ich weiß, er will witzig sein um mich aufzumuntern, aber ich spüre rein gar nichts.
Wie Chrissy in Eddies Gegenwart über mich gesprochen hat, schmerzt mich bis ins Mark.
Es klingt nicht so, als hätte sie mich genauso geliebt wie ich sie.
Es klingt, als wäre ich ihr eine Last gewesen.
Nur eine Bürde, die sie trägt, weil es schon immer so war.
Ich blicke in Eddies Augen.
Sie sind sorgenvoll.
Ich spüre nichts.
Ich erhebe mich langsam.
"Ich muss gehen",sage ich.
Eddie steht ebenfalls auf, ergreift meinen Arm, dreht mich sanft zu sich.
"Du gehst nirgendwo hin",sagt er bestimmt und nimmt mich in den Arm.
Ich lasse es geschehen, rühre mich nicht.
Doch ich spüre nichts.
Eddie lässt langsam von mir ab und sieht mich an.
"Liv",presst er hervor und seine Augen füllen sich mit Tränen.
"Bitte sag mir, das du damit klar kommst",sagt er leise und wischt mir sanft die Tränen aus dem Gesicht.
Ich nicke mechanisch.
"Ich komme klar",sage ich tonlos.
Eddie zieht sorgenvoll seine Stirn in Falten.
"So schlimm ist es doch nicht",sagt er dann plötzlich lässig und ich starre ihn an.
Endlich fühle ich wieder etwas.
Wut.
"So schlimm ist es doch gar nicht?!",brülle ich Eddie an, "Sie war meine beste Freundin und so wie es aussieht, hat sie mich gehasst!"
Eddie grinst zu meiner Überraschung.
"Was grinst du so dämlich?!",fauche ich ihn an.
"Willkommen zurück, Prinzessin",sagt er und zieht mich wieder an sich.
Verdutzt stehe ich einen Moment reglos da. Dann verstehe ich, was Eddie getan hat. Er hat mich provoziert,.damit ich wütend werde und aus meiner Schockstarre erwache.
Ich erwidere die Umarmung, schmiege mich dankbar an ihn.
"Danke",sage ich leise und Eddie gibt mir einen Kuss auf meine Stirn.
"Gern geschehen."
Dann beginne ich haltlos zu weinen.

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