Kapitel 5.5

74 11 5
                                    

~Liv~

"Das war Niemand",antworte ich Gareth, der mich beinahe erschrocken ansieht und dabei die Augen verengt.
"Niemand?"
Ich nicke und wende mich zum Gehen, doch Gareth baut sich vor mir auf.
Er verschränkt die Arme vor der Brust und sieht mich auffordernd an.
"Und wieso machst du mit ihm einen Deal, um Eddies Kopf aus der Schlinge zu ziehen?! Was ist das überhaupt für ein Einsatz, dass du alles tun wirst, was er von dir verlangt?!"
Er macht einen Schritt auf mich zu.
"Liv, rede, jetzt!"
Herrgott, wie lange hatte er da gestanden?!
"Das geht dich nichts an",sage ich und schiebe mich an ihm vorbei, setze meinen Weg fort.
"Verarschst du mich?! Das geht mich sehr wohl was an! Du und Eddie habt mich in diese Scheiße mit reingezogen! Scheiße man, ich hab ne verfickte Mordwaffe in meinem Rucksack!"
"Schrei nicht so, Himmel nochmal!",fauche ich und drehe mich zu ihm herum.
"Hast du sie noch alle?!"
Ich schaue mich verstohlen um.
In Gareth Augen blitzt Zorn auf.
"Entweder du sagst mir jetzt, wer dieser Kerl war, oder ich bin raus aus der Sache!",sagt er bestimmt.
"Gute Idee, gib mir die Trophäe."
Ich strecke eine Hand aus.
Gareth weicht einen Schritt zurück.
"Nein",sagt er und ich hebe verblüfft meine Augenbrauen.
"Nein?"
"Nein!",wiederholt er, mit mehr Nachdruck.
Ich seufze.
"Gareth bitte, du solltest wirklich auf mich hören. Glaub mir, du willst nicht mehr wissen, als das, was Eddie dir erzählt hat",erwidere ich ruhig.
"Das hast nicht du zu entscheiden!"
Ich stöhne auf und raufe mir die Haare.
"Bitte, gib mir die Trophäe!",flehe ich und strecke erneut meine Hand aus, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen.
Gareth funkelt mich wütend an, dann schnaubt er, nimmt seinen Rucksack von seinen Schultern und öffnet ihn.
Er greift hinein und zieht die Trophäe heraus, hält sie mir hin.
Ich packe sie mir schnell und stopfe sie in meinen eigenen Rucksack.
"Ich fahr dich nach Hause",sage ich und Gareth geht, ohne ein weiteres Wort, voran zum Auto.

Knirschend kommen die Räder des DeLorean auf dem Schotterboden vor der Fabrikhalle zum Stehen.
Ich steige aus dem Wagen und halte einen Moment inne.
Das erste Mal, seit einer gefühlten Ewigkeit, habe ich nicht das Gefühl, beobachtet zu werden.
So bitter der Beigeschmack auch sein mag, es fühlt sich fantastisch an.
Ich bin frei.
Wenn auch nur für ein paar Stunden.
Und ich habe mir geschworen, sie zu den besten meines Lebens zu machen.
Ich gehe auf die große Halle zu, durchquere sie und durch die kleinere Halle gelange ich zum Generatorraum.
Ich stemme die Tür auf und Eddie stürmt auf mich zu, nimmt mich in den Arm.
"Liv, Gott sei Dank. Ich habe mir Sorgen gemacht! Ist alles in Ordnung?! Wieso hat das so lange gedauert?!"
Ich drücke ihn sanft von mir, lege eine Hand an seine Wange und lächle.
"Du hast nichts mehr zu befürchten, Eddie",sage ich und er atmet erleichtert auf.
"Jesus Christ, das waren die schlimmsten zwei Stunden meines gesamten bisherigen Lebens! Ich dachte, sie hätten euch erwischt!"
Er legt seine Stirn an meine, sein Daumen fährt über meine Lippen.
"Ich bin froh, das es dir gut geht",sagt er leise.
Ich nicke nur stumm und versuche den Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken.
Ich will nicht weinen.
Ich darf nicht weinen.
Eddie darf nicht von meiner Abmachung mit ihm erfahren.
Er würde es niemals zulassen.
"Lass uns nach Hause fahren",sage ich schnell und Eddie nickt.

Es dämmert bereits, als Eddie und ich mein Elternhaus erreichen.
Ich parke den DeLorean in der Auffahrt.
Der Wagen meines Vaters ist nicht da.
"Mein Dad scheint nicht zu Hause zu sein",sage ich, während ich aus dem Wagen steige.
Eddie tut es mir gleich und nickt dabei zustimmend.
"Sieht ganz so aus."
Er deutet auf das Haus, das im Dunkeln liegt.
Ich schließe die Haustür auf und wir betreten den Eingangsbereich.
Ich schalte die Alarmanlage aus und das Licht ein.
Ich atme erleichtert aus.
Seit einer halben Ewigkeit hatte ich nicht mehr das Gefühl, hier sicher zu sein.
Es ist wie ein Geschenk.
Und ich werde alles daran setzen, es zu würdigen.
"Hast du Hunger?",frage ich Eddie und er nickt.
"Und wie",sagt er und ich lächle.
"Komm mit."

"Make him pay!"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt