Kapitel 5.7

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~Eddie~

Mich ein zweites Mal von Liv zu verabschieden, hat mich all meine Kraft gekostet.
Ich stehe vor der Tür meines Trailers und schaue dem DeLorean hinterher, der den Schotterweg in Richtung Hauptstraße davonfährt.
Plötzlich überkommt mich eine bleierne Müdigkeit und ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten.
Ich schleppe mich in den Trailer, schließe die Tür hinter mir und sinke auf meine Knie.
Wann ist das alles passiert?!
Wann wurde mein Leben zu einem Krimi?!
Warum müssen meine Liebesgeschichten immer so beschissen schmerzhaft sein?!
Ich habe Liv in mein Leben gelassen, habe es zugelassen, das wir uns ineinander verlieben und jetzt fühlt es sich so an, als ob das Schicksal uns unbedingt voneinander fern halten will.
Wieso passiert das alles?!
Was habe ich in meinem Leben Schreckliches getan, dass das Karma es mir so zurückzahlt?!
Liv ist ein so unglaublicher Mensch und ich bedaure es sehr, das wir uns unter diesen Umständen kennengelernt haben.
Nach Chrissys Tod hatte ich oft daran gedacht, Liv anzusprechen.
Ich wollte sie kennenlernen, wissen, wer Chrissys beste Freundin wirklich ist.
Ich hatte nicht damit gerechnet, mich in sie zu verlieben.
Liv hat mich so völlig unvorbereitet getroffen und aus der Bahn geworfen, das mir jetzt noch schwindelig wird, wenn ich nur daran denke.
Und dieser Irre nimmt sie mir.
Sie hat mich aus dem tiefen Abgrund der Trauer geholt und jetzt verliere ich sie!?
Ich kann das nicht einfach so hinnehmen.
Ich kann nicht.
Ich muss herausfinden wer er ist.
Das Alles muss endlich aufhören.
Ich komme auf die Beine und verlasse den Trailer.
Ich werde Hilfe brauchen, wenn ich herausfinden will, wer er ist.

"Warte Mal ganz kurz",sagt Steve und schüttelt verständnislos seine Tolle.
"Du willst mir erzählen, das Liv nen Stalker hat, der Leute umbringt, wenn ihr euch nicht voneinander fern haltet?!"
Ich nicke knapp und höre Robin zischend Luft durch ihre Zähne ziehen.
"Heilige Scheiße! Das ist das Verrückteste, das ich je gehört habe! Und das soll schon was heißen! Weil, Steve und seine komischen Kinderfreunde haben Mal einen russischen Funkspruch abgefangen!",ruft sie und schlägt die Hände über ihrem Kopf zusammen.
Auf ihrem Gesicht breitet sich ein Lächeln aus, das jeder Psychiatrieinsassin Konkurrenz gemacht hätte.
Ich sehe sie verwirrt an, lege meine Stirn in Falten.
"Wovon redest du?!"
Steve stößt sich von der Wand ab, an der er gelehnt hat und hebt die Hände vor seinen Körper.
Er gestikuliert, während er spricht.
"Warte, das ich das richtig verstehe: Der Typ hat also Jason getötet und wollte den Mord dir in die Schuhe schieben, weil du dich nicht von Liv fern gehalten hast?!"
Ich nicke wieder nur knapp.
Steve gibt ein ungläubiges Schnauben von sich und beginnt auf und ab zu laufen.
"Alter, Robin hat Recht! Das klingt völlig verrückt!"
Ich seufze, schaue auf meine gefalteten Hände.
"Ich weiß! Aber ich schwöre euch, es ist die Wahrheit!"
Sogar ich kann die Ungeduld in meiner Stimme hören.
"Hört Mal!",sage ich und erhebe mich aus der Couch, in der ich gesessen habe.
"Ich brauche eure Hilfe! Ich weiß, ihr kennt mich nicht! Aber ihr kennt Liv! Vor allem du, Steve! Ihr kennt euch schon ewig! Wenn einer eine Ahnung haben könnte, wer dieser Irre ist, dann bist das du! Bitte! Ich brauche wirklich eure Hilfe!"
Steve und Robin sehen mich einen Augenblick schweigend an. Es fühlt sich an wie eine Ewigkeit, bis Steve endlich die Stille durchbricht.
"Du liebst sie, hab ich Recht?",fragt er mich und ich räuspere mich verlegen.
"Ja",antworte ich knapp und Steve nickt kaum merklich.
"Ich verstehe."sagt er und seufzt abgrundtief.
"Also gut. Nehmen wir Mal an, wir glauben dir diese völlig verrückte Stalker-Killer-Geschichte."
Ich sehe ihn hoffnungsvoll an.
"Wie willst du herausfinden, wer er ist?"
"Naja",sage ich und lege Daumen und Zeigefinger an mein Kinn.
"Ich weiß, das er in Liv verliebt ist. Das bedeutet, das sie ihn vermutlich kennt. Vielleicht steht er ihr sogar nahe."
"Vielleicht schmachtet er sie aber auch nur aus der Ferne an",wirft Robin ein und ich nicke.
"Gut möglich. Aber ich glaube eher, das Liv ihn gut kennt. Vielleicht Jemand aus der Schule. Vielleicht sogar Jemand, den sie seit Jahren kennt. Naja, oder vielleicht",ich halte einen Moment inne, weil der Gedanke mir schon viel zu oft gekommen ist und er mir jedes Mal einen Stich versetzt.
"Oder vielleicht ist er einer ihrer Ex-Freunde, der es nicht verkraftet hat, das sie sich von ihm getrennt hat",beende ich meine lange Liste der Vermutungen.
"Bitte, das sind alles Idioten, Munson."
Steve fährt sich durch sein Haar, richtet seine Tolle.
Ich seufze genervt.
"Ja, schon klar, Föhnfrisur! Das heißt aber nicht, das nicht einer von ihnen in der Lage wäre, dieses kranke Spiel zu spielen!",fahre ich ihn an.
"Alter, komm Mal runter!",sagt Steve und ich lasse mich wieder auf das Sofa fallen.
Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen.
Das hier führt doch zu nichts.
Die beiden glauben mir nicht.
"Ich hätte nicht herkommen sollen",sage ich und will mich erneut erheben.
"Warte",sagt Robin und ich halte in der Bewegung inne.
Sie hat sich bislang nicht zu meinen Vermutungen geäußert, hat nur schweigend zugehört.
Jetzt verschränkt sie die Arme vor der Brust und reibt sich nachdenklich das Kinn.
"Vielleicht müssen wir uns gar nicht den Kopf darüber zerbrechen, wer er sein könnte. Vielleicht reicht es, wenn wir dasselbe tun wie er."
Ich runzle fragend meine Stirn und auch Steve schaut Robin verständnislos an.
Sie stöhnt genervt auf.
"Euch muss man auch alles erklären",sagt sie und rollt mit den Augen.
"Wir stalken Liv!"
"Hä?!",entfährt es mir und Steve beinahe zeitlgeich.
"Heilige Scheiße, seid ihr schwer von Begriff!"
Robin schüttelt fassungslos den Kopf.
"Er ist da, wo Liv ist? Dann sind wir das auch! Er stalkt Liv, also stalken wir sie auch! Er wird früher oder später einen Fehler machen und wir werden da sein, wenn es soweit ist."
"Der Typ macht keine Fehler",sage ich tonlos.
"Menschen machen Fehler, wenn sie sich in Sicherheit wiegen",erwidert Robin und ich schaue auf.
Sie hat nicht Unrecht.
"Wir schlagen ihn mit seinen eigenen Waffen",spreche ich laut aus, was ich denke.
Sie nickt.
"Ganz genau."

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