Stella

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Extra Kapitel aus Stella's Sicht :

Seit meiner Trennung von Caspian war ich ein Geist. Ich hatte mit einem Schlag alles verloren. Alles, von dem ich dachte das es auf ewig mein sein würde.

Aber wie konnte ich bei Caspian bleiben? Nach allem was ich erfahren hatte war er ein Monster und die Tatsache das er es vor mir geheim hielt bestätigte meinen Verdacht nur. Er wollte nicht das ich es erfuhr. Er wollte diese Erinnerungen nicht wieder auffrischen. Er wollte das ich glaubte einen Märchenprinzen geheiratet zu haben... Doch in Wahrheit war der schöne Prinz eine blutrünstige und eiskalte Bestie. Das wusste ich jetzt.

Verado und ich telefonierten täglich. Zu Beginn fiel es ihm schwer nicht über Caspian zu reden, doch irgendwann nahm er Rücksicht auf meine Bitte und wir sprachen über andere Dinge. Über mich, meine neu gewonnene Freiheit, meine Zukunft. Er war ein fester Bestandteil meines Lebens geworden, ein Anker, ein Freund. Ich hatte sonst niemanden mehr.

Nachts wachte ich oft in meinem muffigen Motel Zimmer auf. Ich hatte nicht viel Geld, also musste ich damit leben bei Roy, einem schmierigen und übelriechenden Kerl, ein Zimmer zu mieten... Aber ich sorgte dafür das die Tür verschlossen war, denn Roy hatte wohl eine Vorliebe für junge Frauen.

Ich lebte einige Monate dort, bis Verado mich eines Tages mitsamt meiner wenigen Habseligkeiten fort brachte. Das Haus mitten im Wald war nahezu perfekt und Verado sorgte dafür das ich dort wohnen konnte. Er übernahm die Mietkosten bis auf weiteres, brachte mir Lebensmittel und kümmerte sich ansonsten genauso fürsorglich um mich, wie ein Vater sich um seine Tochter kümmern würde.

Ich verdankte ihm so viel.

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Ein paar Tage nach der Scheidung von Caspian kam Verado vorbei. Er war seltsam ruhig und wirkte sogar traurig. Als ich nachfragte fiel es ihm sehr schwer gelassen zu bleiben. Seine Augen waren mit Tränen gefüllt.

„ Ich hatte immer gedacht dass das mit euch beiden für die Ewigkeit ist. Ich meine... Nach allem was war. Ich weiß du willst es nicht hören, aber Caspian leidet sehr unter der Trennung, aber vor allem unter der Scheidung. Ich kenne diesen Jungen schon so lange und habe ihn vorher noch nie weinen sehen, aber als ihr geschieden wart und er aus dem Gebäude kam... Es war als hätte er aufgegeben. Was hat er denn jetzt noch? Oder du? "

Es berührte mich zutiefst das zu hören, weil dieser Mensch der vor mir saß, mein Anker... Er litt wegen dem Verlust den Caspian und ich erlebt hatten.

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Einige Zeit später traf uns alle die nächste Hiobsbotschaft. Verado war krank und der Tumor in seinem Kopf wuchs rasant. Die Ärzte konnten nichts mehr tun. Wieder saß er am Ende eines langen Tages bei mir in der Hütte im Wald. Er weinte bitterlich, jedoch nicht weil er sterben musste, sondern weil er uns zurück ließ. Weil er Caspian verlassen musste und dieser nichts mehr hatte das ihn aufmunterte.

Es traf auch mich, aus zweierlei Gründen. Zum einen weil ich einen geliebten Menschen verlieren würde - zum anderen weil auch Caspian etwas verlor. Also beschloss ich etwas zutun, das - obwohl ich Caspian für das was er getan hatte hasste, ganz untypisch für mich war. Ich weihte Verado in meine Gedanken ein und am nächsten Tag standen wir bereit um den Plan in die Tat umzusetzen.

„ Liebes, willst du ihm nicht lieber das Geschenk übergeben? "

Ich verneinte. Stattdessen schlug Ich vor das er das Geschenk in seinem Namen übergeben sollte - mit einer Bedingung. Ich wollte, dass das Geschenk den Namen bekam, den ich ausgesucht hatte. Ich dachte dabei an den freundlichen kleinen Geist meiner Kindheit, dessen Filme und Bücher ich so gerne gelesen hatte. Die Kurzform seines Namens war identisch zu Caspian's und ich fand es mehr als passend, denn Caspian selbst war auch zu einem Geist geworden. Verado versprach den Namen beizubehalten und das war für mich absolut ausreichend.

Ein halbes Jahr später war Verado tot. Jetzt war ich es, die vollkommen alleine war. Ich stürzte mich in Arbeit - die ich kurz zuvor in einer angesehenen Kanzlei als Empfangsdame ergattert hatte - und hielt mir so den Kopf frei.
Zum Tag seines Begräbnisses kam ich zu spät, weil meine neuen Chefs kein Verständnis für diese besondere Situation hatten. Ich eilte auf den Friedhof in der Hoffnung mich noch verabschieden zu können und war kurz wie erstarrt als ich Caspian und Casper sah.

Auch er bemerkte mich und versteifte sich für einen kurzen Moment, doch er tat nichts um auf mich zu zu kommen und ich war mehr als dankbar. Ich nahm mir Zeit mich von Verado zu verabschieden und versprach ihm - genauso wie Maxine - sie sooft es mir möglich war zu besuchen.

Bevor ich ging hielt mich einer von Caspian's Männern auf. Er sagte nicht viel sondern überreichte mir einen Umschlag und machte sich dann daran die selbe Geste bei Caspian zu wiederholen.

Eilig suchte ich mir einen ruhigen Platz und fand ihn schließlich am Grab meiner Eltern. Die frischen Tulpen die ich am Morgen herbrachte wirkten tröstlich. Ich atmete ein letztes Mal durch um mir selbst Mut zu machen und öffnete dann den Umschlag.

' Mein liebes Kind,

Ich weiß das du traurig bist.
Ich bin es auch, auch wenn ich es nicht zeige. Ich hätte gerne mehr Zeit gehabt, um sie mit dir zu verbringen, aber auch, um die Dinge zu bereinigen die alles andere als in Ordnung sind. Ich weiß, dass du das nicht hören möchtest aber ich sehe täglich wie ein Mann den ich achte und respektiere zu einem Schatten seiner selbst wird. Und ich sehe dich, wie du verzweifelt zurecht kommen versuchst in einer Welt die dir so fremd geworden ist.

Ihr habt viele Verluste erlebt, Menschen verloren. Aber ihr habt immer noch euch, wenn ihr es zulasst.

Caspian hat viele Fehler gemacht und es war nicht immer leicht ihm zur Seite zu stehen, doch seitdem du in sein Leben getreten bist hat er hart an sich gearbeitet, weil er ein besserer Mensch werden wollte. Er wollte es für dich, für euch.

Du bist enttäuscht und wütend, daß verstehe ich. Das versteht sogar er. Aber nach all den Dingen die ihr gemeinsam bewältigt habt wünsche ich mir nichts weiter als das ihr einander noch eine Chance gebt. Er hat sich verändert, genauso wie du.

Wenn deine Erinnerungen eines Tages wieder zurück kehren - und ich hoffe sehr das sie das tun, dann wirst du dir das nie verzeihen was geschehen ist. Du wirst dir nicht verzeihen können, das du ihn nicht einmal angehört hast.

Lass das nicht zu, Liebes.

Egal wie verworren alles auf dich wirkt, egal wie schlimm und tragisch all das was geschehen ist auch für dich ist, er hat es verdient das du ihm die Möglichkeit einräumst, zu sagen was er sagen möchte. Es gibt so vieles was du nicht weißt und nur er sollte es dir erzählen.

Ich werde immer auf dich aufpassen. Aber auch auf ihn. Du bist eine starke junge Frau und eines Tages wirst du mir dankbar sein.

Pass auf dich auf. In Liebe, V. '

Innerlich war ich ein Wrack. Die Einzelteile meinerselbst waren weit verstreut und ich geriet in Panik. Was sollte ich tun?

Ich verabschiedete mich still von meinen Eltern und hastete zum Wagen. Von Caspian und seinen Männern war weit und breit nichts zu sehen, also atmete ich erleichtert aus. Ich hatte befürchtet er würde mir auflauern.

Ich fuhr nach Hause, doch es dauerte nicht lange und ein Auto parkte vor dem Haus. Wieder ergriff mich die Angst und während ich panisch wurde vergaß ich fast alles was ich gelernt hatte. Das einzige was ich noch hatte war die Waffe die Verado mir vor langer Zeit gebracht hatte. Also nahm ich sie und ging zur Tür, darauf bedacht direkt zu schießen, falls nötig.

Doch das war gar nicht so einfach als ich Caspian und Casper dort stehen sah.

Caspian 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt