„Sag es schon!"

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Zurück in meinem Zimmer schließt mich Carden wieder in mein neues Zimmer ein. Er meint ich soll klopfen, wenn ich mich umgezogen habe. Nur genötigt gehe ich in das für mich eingelassene Bad. Lavendelduft füllt den Raum, während ich in der großen Badewanne zu ertrinken scheine. Sie ist so groß, dass locker mehrere Personen reinpassen würden.

Ich versuche mich zu entspannen. All die Sorgen und Zweifel für einen Moment zu vergessen. Wenigstens für eine kleine Zeitspanne will ich vollkommen im reinen mit mir sein. Ansonsten werde ich verrückt.

Mir fällt ein, dass Carden mir immer noch nicht meine Frage beantwortet hat. Warum ich für ihn kostbar bin. Ein Mädchen aus einer anderen Welt. Ich weiß nur, dass er mich heiraten will. Und das um jeden Preis.

Meine Hände beginnen zu schrumpeln. Das Zeichen, dass es Zeit wird aus dem heißen Wasser herauszutreten und mich Carden zu stellen. Nur so kann ich einen weiteren Plan schmieden. Außerdem knurrt mein Magen. Seit gestern Nachmittag habe ich keinen Happen mehr gegessen.

Frisch abgetrocknet suche ich mir ein passendes Kleid heraus. Es existieren kaum Farben in meinem neuen Kleiderschrank. Anscheinend mag Carden keine fröhlichen Farben. Um ihn zu ärgern, ziehe ich ein hellgelbes Kleid an. Ich kämme mir meine Haare und lasse sie auf meine Schultern fallen. Meine grünen Augen stechen aus meinem Gesicht hervor. Das Kleid betont sie noch mehr als sonst. Vielleicht muss ich öfters diese Farbe tragen.

Ich atme noch einmal tief durch, ehe ich an meine Tür klopfe. Kurze Zeit später höre ich, wie ein Schlüssel ins Schloss gesteckt wird und gedreht wird. Die Tür geht auf und zum Vorschein kommen diese wunderschönen tiefblauen Augen.

Als Carden mich sieht, werden seine Augen groß. Es scheint, als würde er den Atem anhalten. Ich räuspere mich und quetsche mich an ihm vorbei in den Flur. Er registriert erst jetzt, dass ich vor ihm stehe.

„Kannst du mir jetzt verraten, warum ich so wichtig für dich bist? Ich werde langsam ungeduldig und glaube mir, wenn ich dir sage das ich dann äußerst zickig werden kann. Dann willst du nicht in meiner Nähe sein."

Er kommt auf mich zu und legt mir seine Hand auf meine Schultern. „Dann sollten wir möglichst schnell in den Speisesaal gehen." Carden schiebt mich praktisch neben sich her, ohne auch nur seine Hand von mir zu nehmen.

„Willst du mich auf den Arm nehmen?", frage ich und versuche mich von ihm zu lösen. „Ich soll erst etwas essen, bevor du mir meine Frage beantwortest?"

Er lächelt. „Ich will nicht, dass du mir vor Hunger umkommst. Tot hast du für mich keine Bedeutung."

Das habe ich nicht kommen sehen. Ich drehe meinen Kopf zu ihm und schaue ihn ungläubig an. „Na schönen Dank auch! So etwas sagt man doch nicht einfach so heraus."

Er zuckt nur mit den Schultern. „Es ist die Wahrheit."

„Und ich dachte du wärst verrückt nach mir", murmle ich vor mich hin.

„Glaub mir, dass bin ich auch. Nur was wird aus mir, wenn du tot bist? Am Ende werde ich noch wie mein Vater."

„Bist du das denn nicht schon?"

Cardens Miene versteinert sich. „Ich bin nicht wie er. Das werde ich auch nie sein!", zischt er und verstärkt seinen Griff um mich.

„Okay, ich glaube dir! Doch du tust mir weh!", zische ich zurück.

Sofort lockert sich sein Griff wieder. „Tut mir leid. Das wollte ich nicht." Seine Stimme ist sanfter geworden.

Ich merke mir, dass ich lieber nicht über seinen Vater rede. Ich kenne ihn nicht einmal. Doch ich habe das Gefühl, dass ich ihn bald kennen lerne.

Wir laufen schweigend weiter bis zum Speisesaal. Hier bin ich noch nicht gewesen. Auf meinem Weg nach draußen, habe ich ihn völlig ignoriert. Neugierig sehe ich mich um. Kronleuchter hängen von der Decke- Die Wände sind mit grau-schwarzen Mustern tapeziert und ein Feuer brennt im Kamin, der mit goldenem Stuck überzogen ist. Vor uns prangt ein großer Tisch. Es ähnelt einer Tafel, welche mit allen reichlichen Köstlichkeiten gedeckt ist. 

Wir sind nicht allein. Jemand sitzt schon am Ende des Tisches. Es ist Großherzog Hal Cardens und Arwens Vater. Er sieht mich interessant an. Doch sein Blick wirkt zugleich kühl und abschätzend.

Ich spüre, wie meine Beine festgefroren sind. Mein ganzer Körper beginnt zu zittern und mein Herzschlag verdoppelt sich. Mir ist unbegreiflich, warum ich so eine Angst habe. Es kann mir egal sein, was er von mir denkt. Doch zum anderen weiß ich, welche Macht er besitzt.

„Guten Morgen, Vater", sagt Carden und verbeugt sich leicht. Dabei stupst er mich an. Ich mache einen kleinen Knicks und lasse ihn dabei keine Sekunde aus den Augen. „Es tut uns leid, dass wir verspätet ankommen. Thalia konnte sich nicht entscheiden, welches Kleid sie tragen möchte."

Anscheinend soll der Herzog nicht wissen, dass ich geflohen bin. Womöglich zu meinem Schutz. Auch wenn ich es kaum glaube, dass er es daraus gemacht hat.

„Setzt euch und lasst uns essen." Hal deutet auf die freien Plätze.

Carden führt mich zu einem Stuhl und zieht ihn für mich vor. Ich setzte mich hin, ohne ihm zu danken und rutsche den Stuhl selbst an den Tisch. Dabei kann ich mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. „Benimm dich", knurrt Carden in mein Ohr, ehe er sich neben mich setzt.

„Du musst Thalia sein."

Ich schaue zu Hal und nicke.

„Wie lange hat mein Sohn darauf gehofft, dass dieser Tag kommen würde, an dem du hier neben ihm sitzt", sagt er emotionslos. „Ich hoffe, dass du das fehlende Puzzleteil bist, was uns noch fehlt."

Jetzt komme ich nicht mehr mit. Welches Puzzleteil? Was meint er damit?

Ahnungslos und voller Hoffnung auf die Antwort meiner sehnlichsten Frage, schaue ich zu Carden. Dieser räuspert sich kurz und schenkt mir dann ein breites Grinsen.

„Thalia, du hast mich gefragt, warum du so kostbar für mich bist. Nun gebe ich dir endlich die Antwort auf die du so brennend gewartet hast."

„Sag esschon!" Ich werde ungeduldig. „Wie lange willst du mich denn noch auf die Folter spannen?"

„Ich erzähle es dir nur, wenn du dich beruhigst", tadelt er mich.

Ich atme tief ein und versuche mich zu beruhigen. „Ich bin ruhig!", knurre ich.

„Du vollendest unseren Plan. Du bist die Frau aus der Prophezeiung, die zu uns kommt. Nur durch dich können wir unser Reich erweitern. Du bist der Schlüssel dazu. Mit dir an meiner Seite haben wir die Kraft in deine Welt einzutauchen und uns diese unterwürfig zu machen. Wir werden über beide Reiche regieren."

The Power of WishesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt