12. Fallakte - Das Essen und die Spannung zwischen den Fronten

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[Eadweard Warther]

Der Chirurg horchte auf, als Cenhelm ihn von unten im Treppenhaus rief. Er blickte auf die Uhr. Fünf Minuten früher, als sie abgesprochen hatten. Er musste wirklich begierig auf ihr Treffen sein. Er benahm sich wie ein Kind, dem man ein Spielzeug versprochen hatte.

Eadweard griff nach seinem Mantel und verließ seine Wohnung. Im Flur erblickte er seinen Nachbarn. Das musste seine Art des Schick-Machens sein. Herr Murth trug ein lockeres Hemd und eine dunkelbraune Hose. Darüber einen grünen Mantel. Die Jacke war gefüttert und sah ziemlich warm aus.

Vielleicht hatte Eadweard die Situation falsch eingeschätzt. Er trug eine Anzugsweste mit Krawatte. Ihr Treffen befand sich irgendwo zwischen Geschäft und Freundschaft, also hielt er es für besser, förmlich zu bleiben. Andererseits würde es seltsam wirken, sich in diesem Aufzug in eine Kneipe an der Ecke zu setzen. Aber der Detektiv bestand darauf, ihr Vorhaben geheim zu halten. Was immer folgen würde, er musste damit leben.

Cenhelm stieß ein beeindrucktes Pfeifen aus. »Da hat sich jemand über seine Kleiderwahl Gedanken gemacht.«

»Und Sie tragen das einzige gebügelte Oberteil aus Ihrem Kleiderschrank. Ich denke, Sie haben sich weitaus mehr Gedanken gemacht als ich.«

Sein Nachbar kratzte sich am Hinterkopf. »Erwischt. Sie laufen meistens mit feiner Kleidung durch die Gegend, da wollte ich Ihnen keine Schande bereiten.«

»Wie großzügig von Ihnen. Hoffentlich besitzt der Ort, den wir besuchen werden, keine strenge Kleiderordnung. Es gibt Restaurants, die lassen ihre Gäste nur im Anzug rein.«

Cenhelms Grinsen verschwand mit einem Schlag. Sein Blick musterte Eadweards Aufzug und verglich ihn mit seinem. Er sah nicht aus wie ein Bettler. Es war schick, aber weniger formell als Warthers Kleidung. Also wollte er mit ihm in ein Restaurant. Sonderlich kreativ war es nicht, aber er hatte eine Wette verloren und würde sich nicht beschweren.

»Nun, das ist ungünstig«, stammelte der Detektiv. »Sind Sie sicher, dass ich manche Restaurants nur im Anzug betreten kann?«

»Wenn ich wüsste, welche Etablissement wir aufsuchen werden, könnte ich Ihnen diese Frage beantworten. Leider bezweifle ich, dass Sie mir auch den letzten Funken Überraschung nehmen wollen.«

»Ach, was ein Dreck. Ich und mein großes Maul.« Cenhelm sah so aus, als könnte er sich selbst ohrfeigen. Wie konnte ein so intelligenter Mann einen so einfachen Fehler machen? War er so aufgeregt? Zwar freute Eadweard sich ebenfalls auf ihr Treffen, aber war das nicht etwas übertrieben? Am Ende des Tages waren sie nur Nachbar mit einer konkurrenzartigen Beziehung. Von seinen geheimen Machenschaften konnte er nichts ahnen. Außerdem beschäftige ihn Mors mehr. Dass dieser Unbekannte den Credit für den Mord an Akatar Franziskus und seinem Sohn nahm, schmeckte ihm überhaupt nicht. Mors war auch ein Dorn in seinem Auge.

»Warten Sie, ich leihe Ihnen ein Jackett und eine Krawatte.« Eadweard schritt die Treppen zu seiner Wohnung wieder hoch. Von unten hörte er nur Cenhelms Gestöhne. Er mochte Krawatten tatsächlich nicht.

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