7. Fallakte - Die Begegnung und die Einladung zum Schach

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[S̲̅][i̲̅][e̲̅][b̲̅][t̲̅][e̲̅] [F̲̅][a̲̅][l̲̅][l̲̅][a̲̅][k̲̅][t̲̅][e̲̅]

[Eadweard Warther]

Als Eadweard am nächsten Morgen aufwachte, litt er an fürchterlichen Kopfschmerzen. Woher sie kamen, konnte er sich nicht erklären. Zumindest besaß er heute keine Schicht. Andernfalls hätte er sich krank gemeldet. Seine Sicht war verschwommen. In diesem Zustand wäre er nicht fähig, eine Operation zu führen.

Der Chirurg fuhr sich übers Gesicht und tastete nach den Tabletten, die in seinem Nachschrank lagen. Dann schüttete er sich ein Glas Wasser ein und schluckte das Paracetamol.

Ein Seufzen entglitt ihm. Womit sollte er heute seine Zeit verbringen? Sein Schachbrett stand unberührt auf dem Tisch vor dem Fenster. Seit dem Tag von Miltons Besuch hatte er es nicht wieder angerührt. Da es keine Herausforderung gab, verspürte er nicht den Drang, sein Experiment erneut zu versuchen.

Warther erhob sich aus dem Bett, verschwand im Badezimmer, stellte sich unter die Dusche und wusch sich gründlich. Dann stellte er das Wasser ab, trocknete sich und griff nach seinem Rasierer. Er verteilte den Schaum auf seinem Gesicht und entfernte die Bartstoppeln, die sich in den letzten Tagen angesammelt hatten. Als Chirurg war es bequemer ohne Gesichtsbehaarung zu arbeiten, auch wenn es kein Verbot für kleinere Bärte gab. Den restlichen Schaum wusch er sich vom Gesicht. Dann griff er nach seiner Kleidung. Seine heutige Wahl war ein schwarzer Rollkragenpullover und eine schwarze, gebügelte Hose. Da es draußen kalt war, griff er nach seiner Jacke und nach einem Schal. Er würde einen Rundgang machen, Frische Luft half beim Nachdenken. Außerdem könnte er einen Stopp beim Bäcker machen. Die Brötchen waren ihm ausgegangen und sein Magen verlangte nach Frühstück.

»Ich habe Hunger auf Croissants mit Schokoladenfüllung.« Vielleicht sollte er Croissants mit Schokoladenfüllung kaufen.

Eadweard legte sich Schal und Mantel um, griff nach seinem Portmonee und den Wohnungsschlüsseln. Dann verließ er seine Räumlichkeit und schloss hinter sich ab. Auf der Treppe stockte er. Er vernahm das Schnaufen eines Mannes, gefolgt von Schritten und dem Bewegen von Kisten. Das musste der neue Mieter sein, der seine Wertsachen in die Wohnung räumte. Darüber hatte nicht mehr nachgedacht. Es wäre besser sich vorzustellen.

Eadweard schritt die letzten Treppenstufen herunter, sodass er im Flur zur Haustür stand. Ein Mann trat aus der offenen Tür der unteren Wohnung. Der Chirurg stockte, als er das hellbraune Haar erkannte, die grünen Augen und die unverwechselbaren Gesichtszüge. Zum ersten Mal in seinem Leben wusste er nicht, wie er reagieren sollte. Der Mann vor ihm stand, war Cenhelm Murth. Der Detektiv, der seinen Plan vereitelt hatte. Aber es ergab Sinn. Die Wohnung unter ihm besaß eine gute Lage und war nicht weit von der Polizeistation entfernt. Außerdem stimmte der Preis. Herr Murth war der neue Mieter.

Der Detektiv stoppte, als er Eadweard im Flur bemerkt. Seine Miene hellte sich auf, als würde er einen alten Freund wiedersehen. Herr Warther unterdrückte den Drang hinter sich zu sehen, denn offensichtlich waren sie die einzigen im Treppenhaus. Warum lächelte er ihn an?

»Stopp!« Cenhelm fuchtelte mit den Händen. »Bleiben Sie genau dort, wo Sie stehen.«

Bevor der Schwarzhaarige etwas erwidern konnte, lief Cenhelm zurück in seine Wohnung. Kurz darauf kam er mit einer gefüllten Teetasse wieder, welche er Eadweard in die Hand drückte. »Halten Sie das für mich.«

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