Die Erinnerungen an damals waren zurück gekehrt. Der Schmerz, die Gefühle, das Leid. Alles war wieder da und stürtzte wie eine Welle aus Verzweiflung über mich.
Ich fühlte mich schwach und müde.Erst nach geraumer Zeit verließ ich den Tisch und suchte Leo. Es ställte sich als schwierig heraus die beiden zu finden. Erstens sah ich durch den Tränenschleier so gut wie gar nichts und zweitens war das Haus so riesig, dass man hätte können eine Armee an Elefanten hereinholen und es wäre nichts beschädigt worden.
Schließlich fand ich ihn und Nelo in so einer Art Trainingsraum. Es hingen Waffen an den Wänden und auf dem Boden lagen Matten wie beim Turnen.
Nelo und Leo hatten beide, mir unbekannte Waffen in der Hand. Sie zeigte ihm gerade wie der Gegenstand benutzt wurde.
"...genau und jetzt hebst du den Arm und lässt mit einer Hand los.", befahl Nelo und machte ihm die Bewegung elegant vor. Leo tat es ihr nach. Zwar weniger elegant aber mit der gleichen Anmut wie sie.
"Sorry, dass ich störe, aber ich brauche ein Taschentuch.". Ich schniefte leise und versuchte meine verschmierte Wimperntusche irgebdwie zu verstecken.
Nelo sah auf.
"Oh, natürlich! Warte!"
Sie bückte sich und holte aus einem schwarzen Turnbeutel ein Papiertaschentuch heraus. Sie hielt es mir entgegen und musterte mich besorgt. "Wenn es dir besser geht, dann komm doch zu uns. Natürlich nur wenn du Lust dazu hast!""Ich...mir...es geht schon.", stotterte ich und stopfte das nasse Tempo in meine Hosentasche. Mit etwas weichen Knien holte ich mir die gleiche Waffe, die Leo hatte von der Wand. Interessiert musterte ich das Teil.
Es war so eine Art Stock, etwa 2 Meter lang und ziemlich dünn. Er war leich und lag perfekt in der Hand.
"Das ist ein Bo oder auch Kun, eine der ältesten Waffen der chinesischen Kultur. Sie wurden schon im Kaiserreich als Verteidigungsmittel eingesetzt. Die Handhabung ist gar nicht so leicht, es braucht schon eine gewisse Übung damit zu kämpfen."
Nochmals betrachtete mich Nelo von der Seite.
Anscheindend hatte der kleine Gefühlsausbruch mich schwächlich aussehen lassen. Ich wollte mich aber nicht gleich bei der ersten Trainingsstunde als Oberversagerin abstempeln lassen und erwiderte deshalb trotzig: "Ich kann das!".
Breitbeinig stellte ich mich auf die Matte, direkt gegen über von Leo, bereit um zu trainieren und zu kämpfen. Allzu schwer konnte das ja nicht sein.
Bei Leo hatte das ganze allerdings ziemlich leicht ausgesehen und er hatte vom Training her nur eine halbe Stunde Vorsprung.Ungläubig sah mich Leo an und blicke dann fragend zu Nelo. Diese allerdings lächelte nur verschmitzt und zuckte mit den Achseln.
Ha, denen werde ich es zeigen! Mein voller Kampfgeist kehrte zu mir zurück und ließ mich meine Traurigkeit von vorher vergessen.Nun nahm auch Leo seine richtige Pose ein und lies seinen Bo kreisen.
Ein kleiner Gong ertönte und Leo schlich auf mich zu. Ich hingegen tänzelte nur provozierend auf der Stelle, unsicher was ich tun sollte.
Der Enthusiasmus von vorher war wie weggeblasen und eine erdrückende Angst legte sich um mich.
Wie hielt man überhaupt so einen Stab? Und wie zum Teufel soll ich damit kämpfen?Die Fragen blieben unbeantwortet, denn wenig später machte Leo einen Schritt auf mich zu und schlug zu.
Es war das erste und letzte Mal, dass ich einen Bo in der Hand hielt, geschweige denn kämpfte.
Natürlich entschuldigte sich Leo tausend Mal, doch den blauen Fleck an meinem Schienbein machte das nicht wieder weg. Nelo meinte, ich hatte Glück, dass er nicht auf meinen Bauch oder noch schlimmer, meinen Hals, gezielt hatte.
Böse war ich keinem von beiden, auch obwohl sie sich später verstohlen angrinsten. Was ich nicht verstand, war allerdings, dass Leo nach nur so einer kurzen Zeit so gut mit dem Bo umgehen konnte.
Er und Nelo lieferten sich nach meinem 'Unfall' einen erbitterten Kampf. Ich saß nur mit staunenden Augen in der Ecke und drückte mit einen Eisbeutel auf mein Bein.Nach einer gefühlten Ewigkeit ließen beide erschöpft ihre Waffen fallen und setzten sich keuchend neben mich.
Immer noch ungläubig fragte ich: "Warum kann Leo schon so wahnsinnig gut mit dem Bo kämpfen? Es schien mir fast so alls hätte er schon massenhaft Trainig hinter sich!"
Nelo lächelte. "Lass es mich erklären. Jedes Element hat seine eigenen Stärken. Dazu gehört auch der Umgang mit einer speziellen Waffe und Leos Kampfgerät ist eben das Bo."
Einige Sekunden herrschte Stille im Raum.
"Wusste Leo davon?", fragte ich schließlich und sah ihn im Augenwinkel nicken.
"Ja, ich hab es ihm vorher erzählt, als du..." Sie zögerte und zupfte sich verlegen eine Haarsträne aus dem Gesicht.
Jetzt fühlte ich Wut. "Und keinem von euch beiden ist eingefallen mich vielleicht auch nur ein bisschen zu warnen, dass Leo ein Profi ist und ich eine Null?" Ein Feuer loderte in mir hoch. Es kochte.
"Hör mal, das war nicht meine Absicht! Ich wollte, dass du was lernst! Und so schlimm war es doch nicht!", flüsterte Nelo und legte mir behutsam die Hand auf die Schulter.
Ich schob sie weg.
"Ich hab genug von den ganzen Geheimnissen zwischen euch beiden, von der Natur in diesem Haus, von dem Magierzeugs und von überhaupt allem. Ich gehe!"Und ich ging! Mit einem Ruck stand ich auf und verließ geräuschvoll das Zimmer. Hinter mir hörte ich noch die Schreie von Leo und Nelo, aber ich hatte dir Nase voll. Es war mir ein Rätsel wie ich die Haustür fand bei diesem Labyrinth aus Gängen und Türen, aber ich fand sie.
Ich stürmte hinaus und musste direkt mal Luft holen. Eindeutig zuviele Pollen! Der Tag heute war eindeutig zu anstrengend gewesen. Besonders meine Gefühle hatten leiden müssen. Freude, Traurigkeit, Wut, Hass, Verwirrung, Angst.
Jetzt wollte ich nur noch nach Hause, ins Bett.Ich machte mich auf den Weg, ohne mich nocheinmal zu dem überwachsenen Häuschen umzusehen.
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So, neues Update!
Hat gedauert ich weiß! :(Würde mich über euer Feedback in den Kommis freuen!
Danke nochmals für 700 views:) *-* ❤❤❤❤❤
Ihr seid toll!!!!!!!
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Must
FantasyDie Mutterstimme machte ihr Angst. Sie hatte seit Jahren keinen Augenblick gezweifelt. Jenny lebt seit sie denken kann in einer Glasvitrine. Sie weiß nichts, kennt die Realität nicht. Für sie ist die Welt nichts als die Vitrine. Doch wer war sie w...