Kapitel 6

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Mit flatternden Augenliedern versuchte Beatrice die Augen zu öffnen. Es fühlte sich an, als hätte sie den schlimmsten Kater den es gab. Eine kurze Bewegung tat höllisch weh. Vorsichtig richtete sie sich auf und versuchte sich einen Überblick zu verschaffen. Um sie herum standen mehrere Kisten und nur wenig Licht schaffte es durch Lumpen, die vor den Fenstern hingen. Unter Schmerzen zog sich Beatrice an einer Kiste neben ihr nach oben. Nachdem sie noch immer niemand sehen konnte, kümmerte sie sich um ihre Verletzungen. Behutsam tastete sie ihren Bauch, Kopf und ihre Brust ab. Ziemlich schnell diagnostizierte sie mehrere gebrochene Rippen und Platzwunden. Nichts lebensbedrohliches, aber tat trotzdem weh. Angestrengt hangelte sie von einer Kiste zur nächsten um einen Ausgang zu finden. Alles sah aus wie eine Lagerhalle, darum musste irgendwo ein Tor , oder so etwas ähnlichen sein. Hinter einer Trennwand fans sie nicht den erhofften Ausgang, dafür etwas, das wie ein Schlafplatz aussah. Mehrere Karten und Klamotten lagen um eine Decke verteilt. Mit Mühe schaffte Bea es sich zu bücken und eine davon aufzuheben. Mehrere Städte in ganz Spanien und Portugal waren markiert. In einigen davon war Beatrice in den vergangenen Wochen. Eine Markierung jedoch stach ihr sofort ins Auge. Auf dieser Karte war das Kloster verzeichnet. Wer verdammt hatte sie hier her gebracht und wie war sie überhaupt hier her gekommen? Das letzte woran sie sich erinnern konnte war eine Gestalt und einen Lichtblitz. Etwas beunruhigt suchte sie schnell weiter nach irgendetwas, wo durch sie hier raus konnte. Es war bereits Hell, darum musste sie für einige Stunden bewusstlos gewesen sein und Dora und die anderen schon sicher auf der Suche nach ihr.

„Verdammt!" schrie Beatrice in den großen Raum und sank wieder zu Boden. Es konnte doch nicht sein, dass sie hier nicht heraus kam. Plötzlich hörte sie ein Rascheln und stand blitzartig auf. Der stechende Schmerz rechte sich dafür. Etwas weiter hinten tauchte eine etwas kleinere Person mit Kapuze auf. Beatrice konnte das Gesicht nicht sehen, aber erkannte eine Tüte in der Hand des Fremden.
„Wer verflucht bist du?" Obwohl sie nicht in der Lage gewesen war zu kämpfen, brachte sie sich in Position.

„Beatrice."

Unter allen Stimmen der Welt hätte Bea diese eine wiedererkannt. „A...Ava?"

Langsam legte die Gestalt die Kapuze ab und offenbarte Avas Gesicht. Überwältigt und erschöpft sankt Beatrice zu Boden. So lange hatte sie auf diesen Moment gewartet und ihn schon fast aufgegeben. Tränen liefen in strömten über ihre Wangen.

„Bea!"

Ava war mit wenigen Schritten bei ihr und kniete sich vor Beatrice. Ebenfalls mit Tränen in den Augen streichte sie ihr einige Strähnen aus dem Gesicht. Erst jetzt fiel Bea auf, dass ihre Kopfbedeckung fehlte. All zu große Gedanken konnte sie sich darüber nicht machen, denn Avas weiche warmen Hände in ihrem Gesicht waren weitaus wichtiger. Beide seufzten und lehnten Stirn an Stirn aneinander und verharrten so einen Moment. Schließlich schlang Bea ihre Arme um sie und drückte sie so fest wie sie konnte. Erst als sich Ava ein wenig von ihr weg bewegte und dennoch sehr nahe war, fiel Beatrice auf, dass sie nicht wirklich gealtert war. In ihren Augen war nicht nur Freude über ihr wiedersehen, etwas dunkles spiegelte sich darin wieder, wobei Beatrice nicht wusste, was es bedeutete. 

„Ava, was..."

Als ob sie ihr zu nahe getreten war, wich Ava deutlich zurück und sah zu der Tüte auf dem Boden. Irgendetwas stimmte hier nicht. Noch einmal sah sie zu dem kleinen Lager, wo Ava vermutlich ein paar Mal übernachtet hatte. Das bedeutete, dass sie schon etwas länger hier sein musste. Hastig überschlug sie, wie lange Ava weg gewesen sein musste, um nicht wirklich älter auszusehen. Jillian hatte eine einfache Formel dafür gefunden und Bea zuckte bei dem Ergebnis zusammen. Sie wollte Ava die Chance geben es selbst zu sagen.

„Wie lange? Ava? Wie lange bist..."

„Es waren nur eine Woche."

„Eine Woche?!" Wiederholte Beatrice.

„Bitte, lass..." Beatrice taumelte ein paar Schritte zurück und Ava kam sofort näher und hielt sie an beiden Armen fest, während sie sprach. „Lass es mich erklären. In dieser Zeitlinie war es eine Woche, wo ich war drei Jahre. Es ist so verdammt viel passiert und ich würde dir am liebsten alles erzählen. Ich kann nur nicht, verstehst du? Die ganze Zeit wollte ich mit dir reden und wieder in die Arme schließen."

„Warum hast du es dann nicht?"

„Ich durfte nicht. Die ganze Zeit hatte ich ein Auge auf euch, durfte euch aber nicht näher kommen oder mich zeigen."

Alles in Beas Kopf schien zu rasen. So vieles setzte sich endlich zusammen. „
Ich habe dich gespürt. Ab und zu dachte ich wirklich du standest neben mir."

„Das habe ich. So vieles habe ich dort über den Heiligenschein gelernt. Einige Tricks denen ich dir nahe sein konnte ohne alles zu riskieren." Nervös verlagerte Ava ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen und machte Beatrice nur noch wütender.

Zu viele Fragen stellten sich mit jedem Satz den Ava sagte. Eine war aber vermutlich fürs Erste die wichtigste, aber Sekunde auf ihrem Beinen wurde anstrengender und schmerzhafter. Das Bedürfnis sich einfach hinzulegen wurde immer größer.
„Warum jetzt? Warum hast du mir geholfen und dich gezeigt?"

„Du warst nicht du selbst, Bea. Du hast genau die Dinge getan, wovon du mir immer abgeraten hast. Quälst dich selbst und bringst dich in Gefahr. Heute konnte ich nicht mehr dabei zusehen und zulassen, dass sie dich töten!"

Das pochen in ihrem Kopf wurde immer stärker und es fiel ihr schwerer sich zu konzentrieren. Alles zitterte und Bea schaffte es nicht mehr sich auf den Beinen zu halten. Mit einem dumpfen plums landete sie auf dem Betonboden.

„Bea!"

Ava fing sie so gut sie konnte ab und hielt sie fest. Beinahe so wie Beatrice sie vor zwei Monaten in Adriel's Kathedrale hielt, saßen sie auf dem kalten Boden . Mit letzter Kraft fuhr sie über Avas weiche Wange, bevor ihre Augen zufielen.

Warrior Nun: Das NachspielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt