„Wie lange noch?” nörgelte Ava
„So lange wir eben brauchen.” gab Beatrice zurück und umklammerte das Lenkrad noch stärker, bis ihre Knöchel weiß hervortraten.
So erwachsen und reif Ava auch geworden war, ab und zu verhielt sie sich noch immer wie ein Kind. Ganz schlecht fand Beatrice dies gar nicht. Es war eine Seite, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass sie sich in Ava verliebt hatte.
„Hast du schon eine Idee, was du ihr sagen willst?” fragte Beatrice und brach damit das Schweigen.
„Nein.” antwortete Ava gelangweilt. „Ich hab ihr schon ein wenig bei unserer letzten Begegnung erzählt und da hat sie schon ihre Hilfe angeboten. Sie wollte sogar bei u...”
Einfach so unterbrach Ava sich selbst und starrte etwas erschrocken einfach gerade aus. Offensichtlich gab es wieder etwas, was sie nicht erfahren durfte. Grade zum Trotz, fragte Beatrice nach.
„Sogar mit was Ava?”
„Nicht so wichtig.” sagt sie knapp.
„Ist es doch immer.” flüsterte Beatrice genervt.
„Was Bea? Was ist es immer?”
„Nicht wichtig. Details zu kompliziert oder unwichtig um sie mir zu erzählen.”
„Das stimmt nicht.” protestierte Ava sichtlich empört.
„Ach nein?” hakte Beatrice nach.
„Nein!” schrie sie jetzt mit Nachdruck. „Und wenn du es unbedingt wissen möchtest, es ging um uns. Ich habe mit ihr über dich und mich gesprochen.”
Ohne auch nur auf den Verkehr zu achten trat Beatrice auf die Bremse und hielt mitten auf der Straße an. Nicht fähig etwas zu sagen, sah sie in Avas ebenso geschocktes Gesicht. Allerdings nicht von ihren eigenen Worten, sondern von Beas Manöver.
„Scheiße Bea! Du kannst doch nicht einfach ohne Vorwarnung so anhalten!” polterte Ava, als der Schock vorüber war.
„Du hast mit einer fremden Person über uns gesprochen?”
„Ähm... ja? Was hätte ich tun sollen? Nur weil du nicht redest und alles in dich rein frisst, heißt es nicht, dass ich das auch muss.”
Für einen Moment vergaß Beatrice, was sie darauf antworten wollte. Auch wenn sie wusste, dass Ava nicht recht hatte, dachte sie einen kurzen Augenblick darüber nach. Fraß sie alles in sich hinein und vertraute sich niemandem an? Nein. Sie hatte mit Camila und Mutter Oberin gesprochen.
„Das stimmt nicht Ich habe mit anderen über uns geredet, aber niemand fremden.”
„Beatrice, wo ist der Unterschied? Die Zeit war für uns beide nicht einfach und irgendwann war ich an einen Punkt, an dem ich mit jemandem reden musste. Wenn du und die anderen es nicht sein konnten, musste es eben jemand fremdes sein.”
Wut kochte in ihr auf. Obwohl Bea wusste, dass es nicht ganz an an diesem Gesprächsthema lag. Um einen Streit zu vermeiden nahm sie sich eine Minute und atmete tief durch. Beatrice musste sich beruhigen, bevor sie wieder etwas sagte, was sie bereute.
„Und über was habt ihr genau gesprochen?” fragte sie schließlich.
„Nur, dass wir nie die Chance hatten uns wirklich zu sagen, was wir für einander empfanden und wir uns nicht sehen durften. Allgemein wie beschissen es mir in der Situation ging und wie sehr ich dich vermisst hatte.” Ava Stimme wurde zum Schluss instabil und sie sah aus dem Fenster. Vermutlich um sich vor Beatrices Reaktion darauf zu schützen.
„Wow. Ich weiß gerade nicht was ich sagen soll.”
Und denken. Es war vermutlich nicht das erste Mal, dass Beatrice erfuhr wie schwer es für Ava auf der anderen Seite gewesen sein muss. Aber jetzt realisierte sie es zum ersten Mal wie seh es sie belastet haben musste.
„Ich musste es jemand erzählen. Es laut aussprechen. Sonst wäre ich irgendwann geplatzt und hätte wieder eine Dummheit begangen.” sagte Ava und senkte ihren Blick zu ihren Händen im Schoß.
Vorsichtig löste Beatrice ihren griff um das Lenkrad und nahm Avas Hände in ihre. Diese sah mit feuchten Augen zu ihr auf.
„Am Ende hat uns der ganze steinige Weg doch noch zusammen geführt, oder nicht? Und wenn sie für dich da war und dir geholfen hat, schulde ich ihr Dank und dir keine Vorwürfe.”
Den Moment genießend sahen sie sich einfach nur glücklich an.
„Komm her.” schluchzte Ava und zog Beatrice an ihren Händen näher, bis sie sich zu einem Kuss trafen. Als sie sich lösten machte Ava wieder zu erst den Mund auf. „Ich lass dich auch nicht so schnell wieder gehen. Ganz egal wie launisch du manchmal sein kannst.”
Spielerisch hob Bea eine Augenbraue. „Ich launisch? Wenn hier jemand launisch ist, sind es schon wir beide.”
Ava stubste sie in die Seite, ehe Beatrice wieder weiter fuhr.
„Hast du eigentlich niemanden, zu dem du gehen möchtest?”
„Nein.” antwortete sie Ava so trocken wie möglich.
„Scheint, als hätte ich einen Nerv getroffen.”
Gefunden, getroffen und gereizt. Schon so lange, hatte sie keinen Kontakt mehr zu den Menschen, vor ihrer Zeit im Kloster und dem OCS. Es war auch nicht so, als ob sie es wollte. Die Zeit damals war alles andere, als schon gewesen. Schmerzen, Tränen, Enttäuschung, Schuldgefüle und Leid waren ihre ständigen Begleiter gewesen. Durch den OCS wurde es besser und sie wurde immer mehr sie selbst. Aber erst mit Ava hatte sie gänzlich damit aufgehört sich zu verstecken und zu verstellen. Das Gefühl der Freiheit und ihr Glück, würde Beatrice nicht riskieren, nur um Leute von damals zu sehen.
„Es tut mir leid Ava, aber ich möchte mit niemand, vor meiner Zeit beim OCS, mehr etwas zu tun haben. Sie haben mir zu viel genommen und mich zu sehr verletzt.”
So sehr Beatrice auch versuchte dagegen anzukämpfen, sie konnte ein paar Tränen doch nicht zurückhalten. Wie auch diesem Mal, entging Ava nichts. Sanft strich sie ihre Träne von ihrer Wange und hielt sie dann am Arm.
„Es tut mir so leid Bea. Ich wollte keine alten Wunden aufreißen.”
Beatrice sog die ganze Wärme aus Avas Hand auf und konzrierte sich nur darauf, wie schön es im hier und jetzt war. Alles andere als einfach, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, wenn sie immer wieder davon eingeholt wurde.
„Ist schon gut. Ich tue mir einfach immer noch schwer damit. Schon so lange will ich damit abschließen. Kann es aber nicht und tue mir nur immer wieder selbst weh damit.”
Avas griff um ihren Unterarm wurde stärker und enger.
„Du weißt, dass ich immer für dich da sein werde und zu dir stehen. Wenn du meine Hilfe möchtest deine Dämonen der Vergangenheit zu bekämpfen, wirst du sie jederzeit bekommen.”
So viel deuteten Beatrice diese Worte. Nicht nur weil Ava sie sagte, sondern weil sie wusste, dass Ava die auch wirklich und ehrlich so meinte. Tatsächlich würde dieser Tag-X früher kommen, als Beatrice immer gedacht hatte.
„Danke.” erwiderte sie mit einem Lächeln, ehe sie sich wieder voll konzentriert der Straße widmete.
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Warrior Nun: Das Nachspiel
FanfictionEine Fortsetzung ab dem Zeitpunkt, an dem Ava verschwand und Beatrice mit dem Verlust ihrer Warrior Nun zu kämpfen hat. Was könnte alles passiert sein und werden sich die beiden wieder sehen? Und die wichtigste aller Fragen, werden sie es schaffen e...