Epilog

185 14 11
                                    

5 Jahre später

Ich stand am Rand der Eisfläche und beobachtete, wie der Läufer vor mir seine Vorstellung beendete. Es war eine wunderschöne Choreografie gewesen, das Lied kannte ich zwar nicht, aber es hatte super zusammen gepasst. Dass er dafür eine hohe Punktzahl bekam, dachte ich mir bereits. Ich hoffte nur, dass ich eine höhere bekommen würde.

Denn das hier waren die Landesmeisterschaften im Eiskunstlauf. Bis hierhin hatten sich nur die Besten hinaufgekämpft und nun würde entschieden werden, wer der Beste unter ihnen war. Zumindest für diese Saison. Meine Trainerin hatte mir bereits versichert, dass ich mindestens in den Top 5 landen würde. Bis hierhin hatte ich immer auf dem Siegerpodest gestanden, also sollte ich es heute auch wieder schaffen. Sie kannte meine Techniken in- und auswendig, also sollte sie wissen, wie gut ich war. Immerhin trainierte sie mich seit fast fünf Jahren und hatte mir mit der Verwirklichung dieses Traumes geholfen.

Ich hatte sie damals ein paar Monate nach meinem Schulabschluss kennengelernt. Sie war bei uns in der Stadt gewesen und wollte sich anschauen, wer die Eishalle so nutzt. Da hat sie mich entdeckt und meine Mutter in mir erkannt, von der sie seit kleinauf ein Fan gewesen war. Wir hatten ein paar Gespräche und uns am Ende dazu entschieden eine Zusammenarbeit auszuprobieren. Und heute stand ich hier, was ich ohne sie niemals geschafft hätte.

Es war damals die letzte Meisterschaft gewesen, an der meine Mutter teilgenommen hatte, bevor sie ihre Karriere beendet hat. Daher bedeutete es mir besonders viel, dass ich heute hier aufführen dürfte. Vor allem weil viele der älteren Trainer und Läufer meine Mutter gekannt haben, wodurch sie mich unbedingt kennenlernen wollten. In den letzten Jahren habe ich dadurch einige Bekanntschaften gemacht und jede Menge Tipps und Zusprüche erhalten.

Für mich würde es die letzte Meisterschaft sein, an der ich mit meinem Geburtsnamen teilnahm. Zur nächsten Saison hin wird mein Nachname nämlich Haddock sein. Unsere Hochzeit war in drei Monaten, auf die ich mich schon tagtäglich freute.

Ich schaute auf meine Hand hinunter, an der mein Verlobungsring im Licht glitzerte und konnte nichts gegen das Lächeln tun, welches sich auf meine Lippen schlich. Wie stolz sie auf mich wäre, wenn sie mich hier heute sehen könnte, wenn sie wüsste, wie weit ich im Leben gekommen war. Sie würde Hicks lieben, wahrscheinlich sogar aus seinem Fotostudio ihre eigenen Vorteile ziehen. Sie würde neben meinem Vater in der Menge stehen und mir zujubeln.

Leider konnte sie es nicht, aber dafür war dort Hicks' Mutter, Valka, die direkt neben meinem Vater stand. Meine Großeltern auf der anderen Seite neben ihm, sogar meine Großmutter war dabei. Und Grobian und Javier, Jack und Elsa, und natürlich Hicks. Sie alle standen in der ersten Reihe mit den glücklichsten Gesichtern dieser Welt. Alle bereit, um mir zuzusehen, ob ich die Landesmeisterschaft gewann. Meine Familie.

»Unsere nächste Kandidatin ist die aus Berk stammende Astrid Hofferson, Tochter der mehrfachen Siegerin Polly Hofferson!«, polterte eine Stimme durch die Halle, nachdem das Eis für mich bereitgemacht worden war.

So wurde ich jedes Mal aufgerufen, was ich absolut liebte. Dass sie meine Mutter auf diese Weise ehrten, lag mir so sehr am Herzen, dass ich beim ersten Mal in Tränen ausgebrochen war. Trotzdem hatte ich an dem Tag den ersten Platz geschafft.

Ich ging durch das Törchen und schlitterte unter tosendem Jubel in die Mitte der Eisfläche. Dort winkte ich dem Publikum zu, schenkte meiner Familie ein paar Luftküsse und als es ruhig wurde, stellte ich mich in meine Anfangspose. Das Lied, welches anfing zu spielen, war dasselbe, was meine Mutter bei ihrem letzten Siegesaufstieg genutzt hatte. Die Choreografie war auch sehr an ihre angelehnt, aber auf mich angepasst. Man durfte nämlich nicht dieselbe nehmen, daher musste ich einige Abfolgen ändern.

Diese Siegesserie, die ich mit ihrem Song und ihrer Choreografie errungen hatte, war mein Tribut an sie. Dafür, dass sie meine liebevolle Mutter gewesen war. Dafür, dass sie mir das Schlittschuhfahren beigebracht und mir gezeigt hat, wie schön Eiskunstlauf ist. Dafür, dass sie so lange gekämpft und diese Welt ein wenig schöner gemacht hat.

Für meine Mutter würde ich gewinnen.

ENDE

Ein Tutor zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt