5 - „Irgendwann werde ich gehen."

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Nächtliche Drama brauchte ich nicht. Ich brauchte ne Kippe, die ich auch anzündete. Auf dem Weg besorgte ich mir ein Billigfeuerzeug an der Tanke.
Dunya fixierte das Gartentor, bis ich einen Meter vor ihr stehen blieb.

Ihr blick fiel auf die glühende Kippe, dann fanden die Augen zu mir. Wollten wir uns so anstarren, oder was?

Aus der Jackentasche holte Dunya etwas heraus. „Das einzige auf der Welt, das keinen Schatten wirft, ist Feuer.", zitierte sie. Daraufhin ging eine Flamme vor ihrem Gesicht auf.
Ein Blau kam im Licht zur Geltung. Das Blau in ihren Augen.

Moment. Das war meine Dupont!
Sie klappte es zu und ihre Gesichtskonturen verschwammen in der Dunkelheit. Die Straßenlaterne spendete ihr Licht. Ich erkannte den feinen Muttermal unter dem linken Auge wieder.

„Was suchst du hier?", trat ich näher. Mit der Wirkung des Nikotins war ich fähiger ein Gespräch zu führen.

„Das gehört dir.", hielt sie das Feuerzeug hoch.
„Und jetzt?"
Sie war ganz bestimmt nicht nur deshalb gekommen.
Dunyas Miene wurde strenger. Die Augen verengten sich.

„Nimm das. Was einem anderen gehört, sollte nicht bei mir bleiben... Und verschwinde aus Aryas Nähe.", stieß sie kühl aus und hielt mir das Feuerzeug zwischen Daumen und Zeigefinger entgegen.
„Das hast du zu entscheiden?", hinterfragte ich und stieß den letzten Zug der Zigarette aus.

Ihre Blicke hafteten sich auf mich. Als ob ihre Worte nicht prvokant genug seien, nahm sie mich noch in Gefangenschaft ihrer Augen. In Augenkontakt halten war ich schlecht.
„Verschwinde so schnell es geht aus dieser Stadt. Pack deine Sachen, bevor du das wahre Gesicht dieser Stadt kennenlernst!"

Mein wahres Gesicht kann nicht dunkler sein als diese Stadt.

Das Blau in ihren Augen wurde auf Anhieb dunkler. Ich bemerkte, wie sich jede Faser meines Körpers anspannte. Ihre Art konnte den Teufel aus einem herausholen. Ihre Arroganz, ihre rechthaberischen Andeutungen, ihr Ton provozierte mich.

Das Feuerzeug zog ich zu mir, klappte ihn auf - sah ihn mir an - drückte ihn Dunya in die Hand.
„Behalt es."
Verwirrung ging ihr auf.
„Als Andenken. Irgendwann werde ich gehen. Wenn ich weg bin, wirst du dich an mich erinnern, jedes Mal, wenn du das Feuerzeug siehst.", entgegnete ich und ging weiter.

DUNYA

Wir alle sind gesegnet im Leben.
Manche bemerken es und manche nicht.
Für jeden Atemzug sollten wir dankbar sein. Denn nichts im Leben ist eine Selbstverständlichkeit. Und je mehr Hürden wir im Leben durchqueren, umso bewusster leben wir.

Das Leben wird nicht immer einfach sein.
Vor allem, wenn du nicht weißt, ob du auf die gute oder schlechte Seite gehörst.
Wenn dein Herz nicht im Reinen mit dir selbst ist und du dich herumirrst auf dieser Welt. Es wird dir das Herz zerbrechen, nicht zu wissen, wohin du gehörst.

Die Umgebung in der du aufwächst wird dich prägen. Und womöglich zu dem Menschen machen, der du bist. Wenn du dir die Frage stellst, wer du bist, bist du entweder über dich hinaus gewachsen, oder du hast dich auf dem Weg verloren.
Verliere dich nicht, bleibe stets achtsam. Öffne die Augen. Und verschließe nie dein Herz...

Der Mond funkelte seicht hinter den Wolken, als ich die Schritte auf den Asphalt setzte, der die Wärme der letzten Sonnenstrahlen wiedergab.
Meine große Ledertasche hang ich mir um die Schulter, als ob sich etwas Verbotenes darin verbarg. Womit ich meine letzte Stunde in der Bibliothek verbrachte, wollte ich lieber für mich behalten.

Imran müsste den Wagen gehört haben. Die halbe Nachbarschaft hörte ihn.
Sonst würde er sich nicht an der Türschwelle aufhalten und mich empfangen. Von seiner Körperhaltung erkannte ich, dass er gut drauf war.

ALS ER KAMWo Geschichten leben. Entdecke jetzt