Fünfundzwanzig Jahre Lebenszeit hinter mich zu bringen, lehrte mir Folgendes:
- Erkenne niemanden als deinen Freund, der nicht Kugeln für dich aufnimmt.
- Denke nicht, dass du jemanden kennst, nur weil ihr viel Zeit miteinander verbracht habt.
- Halte immer einen Taschenmesser in deiner Hosentasche bereit, denn das Leben ist unberechenbar.Und ja, jetzt wusste ich nicht welche Taktik ich einsetzen sollte gegen einen Fremden, der mich wie ein Bekannter beäugte.
War er einer von Azads Gegnern? War er sein Freund? War er...
„Boran?", entging mir ein hilfloser Versuch.
Seine Augen glänzten. Als eine Bestätigung nahm ich die Reaktion an.
„Wo warst du so lange?", weitere er die Arme aus und umarmte mich unmittelbar.
Fest und Brüderlich. Verdammte Scheiße.„Boran!", wiederholte ich noch einmal, um mir sicherzugehen, dass ich mich in keinem schlechten Traum befand.
„Ich - glaube meinen Augen nicht! Du bist es tatsächlich!", klopfte er mir erstaunt auf die Schulter. Ich brauchte eine Schelle oder so was, damit ich zu mir kam. In dem Moment wollte ich Ümit einfach köpfen.Ich glaube, ein Feuer ging in mir auf. Eine große Flamme, die in jeder vergangenen Sekunde entfachte.
Vieles habe ich erlebt. Aber so etwas? Nicht mal annähernd. Mit Gefühlen zu spielen, gehört nicht in meine Liga. Er sah seinen Freund in mir, der ich nicht war. Für jeden stellte ich einen Charakter dar, der ich nicht bin. Ich fühlte mich wie ein Eiswürfel, der immer mehr zu schmelzen neigte. Verdammt.„Can dostum geri dönmüş. (Mein Seelenbruder ist zurückgekehrt!)", fixierte mich Boran noch einmal.
Nein, es ist nicht so, wie du es dir vorstellst, wollte ich am liebsten sagen.
„Kardeşim (Mein Bruder)", entgegnete ich in halber Schockstarre den brüderlichen Handschlag.
Ayvayı yedin. (Jetzt bist du erledigt.)
Verdammte Scheiße! Azads ehemaliger Komplize und Freund hat mich aufgesucht. Ich musste so schnell es ging aus dieser Stadt gehen. Vielleicht sogar diese Nacht.Boran Kartal konnte seine Augen nicht von mir trennen. Und ich wollte mir am liebsten eine Kugel in den Schädel reindrücken.
„Ich konnte es nicht glauben, als ich gehört habe, dass du eine Ausstellung veranstaltest! Mein Bruder kann doch nicht gekommen sein, dachte ich mir. Weißt du, wie lange ich dich gesucht habe?", begann er euphorisch zu erzählen. Je mehr er sprach, umso mehr wuchs das Gefühl zu fliehen. Azad wurde also nicht vor Borans Augen umgebracht. Davon konnte ich ausgehen.
Wie sprach Azad? Wie gestikulierte er?
„Ja... es ist lange Zeit her. Ich hätte auch nicht geglaubt, dass ich zurückkomme.", antwortete ich in einem gespielt authentischen Ton.Selbstverständlich würde er wissen wollen, wohin ich verschwunden bin! Einen großen Fehler beging ich, indem ich in dieser Stadt blieb.
„Du hast die Galerie erneut auf die Beine gestellt! Alles ist wie damals!", schweifte Borans glänzender Blick durch den Raum. Er stand auf.
Ach du Scheiße...
Meine Hand rutschte zweifellos in die Hosentasche. Den Taschenmesser umgriff ich. Schlagzeilen mit fetter Überschrift kamen mir vor die Augen.
Mord in der Kunstgalerie.
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ALS ER KAM
Misterio / SuspensoEr hätte nie in diese Stadt kommen dürfen. Doch es war schon zu spät. Denn als er kam, veränderte sich alles... Aufgewachsen zwischen Kriminalität und Härte verwandelt sich Vural in einen skrupellosen Verbrecher. Das Schicksal wendet sich für ihn, n...