Sein Kopf fühlte sich so leer an.
Wie ein Haus, das seit Jahren unbewohnt war. Staubwedel hingen von der Decke herab. Risse zeichneten sich durch die Wände.
Das Licht drang nicht mehr durch die verdreckten Fenster hinein.
Das Grundstück auf dem sich das Haus befand war zugewachsen von Unkraut. Menschen vermieden an dieser Straße entlangzugehen.
Dieses Haus wurde nicht abgerissen, obwohl es seit Jahren unbewohnt da stand und niemand den Mut fasste es zu renovieren.Nichtstuend saß er auf der Veranda. Ein dünnes Zweig hantierte in seiner Hand herum. Irgendwann knickte er es in der Mitte. Riss es in zwei Teile.
Die Morgensonne knallte ihm entgegen. Ziemlich hell für einen November.
Er spürte die Kälte nicht mehr. Sie existierte nicht. Dafür waren seine Reize beschäftigt mit anderem Kram.„Delikanlı? (Junger Mann?)", erblickte Vahit den verträumten Besucher vor seiner Haustür.
Keine Reaktion seitens Azad.
Die Angelutensilien in seiner Hand lies er beiseite. Langsam beugte er sich runter zu ihm. Er sah tatsächlich nicht gut aus.
„Stehe auf.", bat Vahit und zog ihn am Arm hoch.Den kleinen Ofen im Weinberghaus schmiss er zunächst an. Schwarztee kochte er auf und servierte sie dem verstummten jungen Mann. Vahit lächelte. Denn Azad fand ganz allein den Weg zu ihm. Insgeheim wusste er, dass er zu ihm zurückkehren würde.
„Wenn du reden möchtest, bin ich dir ganz Ohr.", vergewisserte Vahit.In der kleinen Küche begann er den Frühstück vorzubereiten. Langsam rührte sich Azad vom Fleck. Über das Gesicht fuhr er.
„Ich habe Gedanken, die mir Angst machen."
Vahit beließ seine Beschäftigung. Die Aufmerksamkeit lag bei ihm.
„Ich musste sie mit jemandem teilen. Sonst werde ich den Verstand verlieren!"Still gesellte sich der Alte zu ihm.
„Woran zweifelst du, mein Junge?"
Er begab sich der Stille.
„Da sitzt etwas in mir, dass ich nicht beschreiben kann!", offenbarte sich Azad, die Hand auf die Brust legend. Eine äußerst ausdrucksstarke Geste.
Vahit wunderte sich nicht. Er rechnete mit der Veränderung, die Azad nun durchging.„Du hast angefangen auf dein Herz zu hören, nicht wahr?", erriet Vahit den Sachverhalt.
„Ich weiß nicht, was es ist!", erhob sich Azad schlagartig von der Stelle. Unruhig ging er auf und ab. Wie von einem Blitz getroffen verhielt er sich.
„Was ist geschehen?", versuchte Vahit zu verstehen. In solch unruhigem Zustand sah er ihn das erste mal. Was war mit seinem unerschütterlichem Ego passiert?„Ich weiß nicht mehr, wer ich bin, Onkel Vahit! Da sind so viele Stimmen in meinem Kopf!", brachte er völlig angstverzerrt über die Lippen. Aufgeschmissen fuhr er über das Gesicht. Die Augen schließend deckte er die Stirn mit seinen Händen.
Stillschweigend leistete Vahit dem verwirrten jungen Mann Beistand, indem er seine Hand auf seine Schulter legte.„Junger Mann... du bist inmitten einer Identitätskrise.", erklärte Vahit in ruhigem Ton.
Die Worte durchdrangen Azad wie ein Pfeil. Erst schmerzte es, dann fanden sie zur richtigen Stelle. Es war so, als ob sich mit der Offenbarung ein Knoten von vielen in Azads Seele löste.
Und dennoch traf ihn die Wahrheit knallhart wie eine Munition. Er wartete bis Azad sich ein wenig beruhigte. Sie nahmen Platz.
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ALS ER KAM
Misterio / SuspensoEr hätte nie in diese Stadt kommen dürfen. Doch es war schon zu spät. Denn als er kam, veränderte sich alles... Aufgewachsen zwischen Kriminalität und Härte verwandelt sich Vural in einen skrupellosen Verbrecher. Das Schicksal wendet sich für ihn, n...