Kapitel 23

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„Oyaaa, Kätzchen"
Auch wenn mir nicht danach war, konnte ich nicht anders als zu lächeln. Tetsu schaffte es immer wieder mit seiner Art. Er brachte mich auf andere Gedanken.

„Wie lief es bei dir?", fragte er mich nun neugierig. Ich ließ den Kopf in den Nacken fallen und sah an die hohe Decke der Universität. „Es war ziemlich schwer..", seufzte ich. „Wundert es dich? Immerhin geht es hier um ein Medizinstudium", lachte er. „Aber das schaffst du schon", fügte er schnell hinzu und ließ mich innerlich schmunzeln. Wenn ich nur halbwegs so sehr an mich glauben würde, wie er es tat. Könnte ich wohl alles erreichen. „Wie war es bei dir?", stellte ich ihm nun die Frage. Er zuckte mit den Schultern. „Auch nicht leicht, aber ich denke dass es gereicht hat", grinste er nun.

Es ist lange her, dass ich in Tokio war. Aus der Fensterscheibe des kleinen Cafés, indem wir zu meiner Schulzeit in Tokio schon öfter waren, sah ich auf die stark befahrene Straße. Der Schnellverkehr auf den Straßen der Hauptstadt, lenkte mich ein wenig von meinen trägen Gedanken ab.

„Möchtest du nicht endlich mal auspacken?", verwirrt sah ich ihn an. Was denn auspacken? Als hätte er meine Gedanken gehört, fuhr er schnell fort. „Man sieht es dir an. In dem Moment, als du aus dem Zug gestiegen bist.. wusste ich, dass etwas nicht stimmt. Also?"
Ergeben seufzte ich. Wie hätte ich es denn auch verbergen können. Schließlich gehörte er zu meinen engsten Vertrauten und tut es immer noch. „Erinnerst du dich an Oikawa?", fing ich an. Und entschied mich dafür ihm die ganze Wahrheit aufzutischen. Er ging nicht auf meine Schule, die Zettelschreiberin würde es schon nicht mitbekommen. Wenn es sich natürlich um eine Frau handelte, davon ging ich jedenfalls aus. Es hatte seine Gründe, dass ich besser mit dem männlichen Geschlecht auskam. Frauen sind wie giftige Schlangen. Vor allem die auf der Aoba Jōsai. Bis auf Mei, warf mir jedes einzelne Mädchen der Schule, gehässige Blicke zu. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich schon lange unter der Erde. Das war sicher.

„Du liebst ihn also.." - „Mehr ist nicht hängengeblieben.. wirklich Tetsu?", genervt wandte ich den Blick wieder ab und sah erneut aus dem Fenster. „Es stört mich ehrlich gesagt", er raufte sich sein sowieso schon wirres Haar. „Aber ich respektiere deine Entscheidung und Gefühle", lächelte er mir sanft zu. „Und du willst dir das einfach gefallen lassen?", fragte er mich nun mit angehobener Braue. „Was soll ich sonst tun. Wenn es blöd gelaufen wäre, hätte er kein Volleyball mehr spielen können.. und das..", ich blickte auf meinen Schoß und spielte mit meinen Fingern herum. Dabei versuchte ich die penetranten Tränen zurückzudrängen. „Wegen mir", brachte ich gebrochen heraus. Dass er sich neben mich setzte, bekam ich nur am Rande mit. „Pssht..", machte er leise und rieb seitlich meine Arme auf und ab, um mich zu beruhigen. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich den Kampf gegen meine Tränen verloren hatte. Denn diese liefen erbarmungslos herunter und tropften mir auf den Schoß.

„Soll ich dir was verraten, Kari.." Ich nickte nur stumm. Egal was er mir sagen möchte, alles war besser als mich in Selbstmitleid zu suhlen. „Wenn du meine Freundin wärst und ich dich aufrichtig liebe", sein Griff wurde fester, doch tat es auf keinen Fall weh. Bei seiner kurzen Pause hob er mein Kinn an und zwang mich so in seine Augen zu sehen. „Dann wäre es mir egal. Lieber würde ich auf Volleyball verzichten, als auf dich. Und ich weiß wovon ich rede.. glaub mir", gegen Ende klang seine Stimme nicht mehr ganz so standhaft. „Aber wieso.. wieso sollte man es in Kauf nehmen, dass zu verlieren was man am meisten liebt", ich klang verzweifelt, aber ich wollte es verstehen. „Es liegt nur daran, was von beiden man mehr liebt Kätzchen", er zwinkerte mir zu und legte seinen Arm um meine Schulter. Dabei sah er nun aus dem Fenster, so wie ich es anfangs tat. Ich wusste dass Tetsu Volleyball liebte.. aber Oikawa. Er war besessen. Es gab nichts wichtigeres für ihn. Er liebte es so sehr, dass er selbst seine Gesundheit dafür aufs Spiel setzte. Um härter zu trainieren, um besser zu werden.. zerstörte er bereits sein Knie. Er liebt Volleyball definitiv mehr.. da war ich mir sicher.

„Gibst du mir bitte Bescheid, wenn du daheim ankommst?", er drückte mich feste an seine Brust und bettete dabei einen Kuss auf meinen Haaransatz. Ich summte zustimmend und löste mich langsam von ihm, um in den Zug zu steigen.
Ich lehnte mich zurück in den Sitz und schloss kurz meine Augen. Es war bereits früher Abend und wenn ich ankomme, würde es bereits dämmern. Ich erinnerte mich an die Nachricht von Hajime. Er hatte mich gefragt, wie es lief und wann ich ankommen würde. Schnell öffnete ich meine Augen und antwortete ihm.

Nachricht von Haji :
Ich hole dich ab.

Ich wusste nicht wieso, doch war Hajime nicht umsonst als Sonnenschein in meinen Kontakten eingespeichert. Ich stimmte zu und freute mich bereits nicht alleine nach Hause laufen zu müssen.

Als ich aus dem Zug stieg und meinen besten Freund am Bahngleis erkannte, rannte ich ihm freudig in die Arme. Er erwiderte die Umarmung zwar, doch war sein Gesichtsausdruck ziemlich grimmig. „Hat dich dein Kapitän wieder geärgert?", fragte ich ihn amüsiert, doch versetzte ich mir bei der Erwähnung Oikawa's selbst ein Messer direkt ins Herz.

„Du bist nicht in der Position, Witze zu reißen Hikari!"

Wow.. Hikari? Seitdem ich denken kann, hatte mich mein bester Freund nicht mehr beim vollen Namen genannt. Ich wusste nicht was ihn so verärgert hatte, doch anscheinend musste es was mit mir zu tun haben.

Schweigend bogen wir in unsere Straße ab. Als ich ihn fragte, was los sei. Meinte er nur wir bereden so etwas nicht draußen. Ich schloss langsam die Haustüre auf, dicht gefolgt von Hajime.
„Sagst du mir jetzt endlich was mit dir los ist?", fragte ich ihn ungeduldig und war ehrlich gesagt auch etwas besorgt. Denn so seltsam benahm er sich nie. Wir setzten uns auf mein Bett und er sah mich nicht einmal an.

„Was sind wir, Hikari?" - „Wie.. was wir sind?" - „WAS BIN ICH FÜR DICH VERDAMMT!"
Ich zuckte zusammen. So laut war er noch nie mir gegenüber. „D-Du.. du bist mein bester Freund.. mein Bruder", antwortete ich leise und war den Tränen nahe. Was sollte das denn..
„WIESO VERDAMMT.. WIESO VERDAMMT HAST DU NICHT MIT MIR GESPROCHEN KARI VERDAMMTE SCHEISSE", er schmiss mir ein zerknülltes Stück Papier zu und massierte sich die Schläfen.

Schön, dass du dich an die Abmachung hältst. Wir wollen ja nicht, dass ihm sonst noch Schlimmeres passiert.

„Woher hast du das?" - „Spielt das eine Rolle?", fragte er mich genervt. „Warst du an meinem Spind? Hajime du Mistkerl.." - „Ist das deine einzige Sorge? Das was diese Person macht ist strafbar. Ist dir das klar?" Ich schwieg. Ich war einfach nur still und lauschte seinem aufgebrachten Gerede. Irgendwann driftete ich ab, bis er mich mit folgenden Worten aus der Trance riss.
„Du wirst es Oikawa sagen, wenn nicht.. mach ich es!" Schockiert blickte ich ihm ins Gesicht. „Das wagst du nicht" - „Und ob! Ich sehe doch nicht dabei zu, dass meine besten Freunde in Verzweiflung untergehen.."

„Ich kann nicht.."

. . .

Hajime hatte sich endlich beruhigt und wir standen in der Küche und überlegten uns, was wir essen sollten. Vor lauter Stress und Liebeskummer, kam ich kaum dazu. „Wie wäre es, wenn wir einfach eine Pizza bestellen?", warf er seinen Vorschlag nun ein. Diesen fand ich ehrlich gesagt, gar nicht so schlecht. „Von mir aus", ich surfte etwas im Internet um die Nummer eines Lieferdienstes herauszufinden. Nachdem wir uns für den Belag unserer Pizzen entschieden hatten, setzten wir uns gemütlich ins Wohnzimmer. Keine 15 Minuten später klingelte es an der Tür. So schnell? Das konnte ich mir kaum vorstellen. Aber wenn doch.. dann bekommen sie die volle Sterneanzahl von mir. Ich zückte mein Portemonnaie und öffnete lächelnd die Türe. Doch mein Lächeln verschwand schneller, als ich es aufgesetzt hatte. Dabei spürte ich meinen Puls, in jeder Faser meines Körpers, pochen.

„W-Was.. Was machst du hier?"

Starry Sky - Oikawa x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt