Flug und Schwindel

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Loki lässt mich für den Rest des Flugs alleine und ich habe viel Zeit nachzudenken. Sofort kriecht die Sorge in meine Gedanken. Sorge um Lilu, Sorge um Larina, sogar um Frigga. Mir tut Leid, was ich gesagt habe, als sie mich in der Zelle besucht hatte.
Sie ist danach nicht wiedergekommen, nicht persönlich. Ich hätte sie nie so anfauchen können, sie hat genauso unter Lokis Tod gelitten wie ich. Ich weiß nicht, wie viel Schaden ich angerichtet habe, weil ich nur an mich selbst gedacht habe.
Ich bin genauso schlimm wie Loki.
Genauso selbstsüchtig und ignorant, wie der Mann, den ich hasse.

Ich setze mich auf, langsam, weil sich in meinem Kopf alles dreht, ich fühle mich, als musste ich durch Honig denken. Meine Gedanken ziehen sich träge durch meinen Kopf.

Ich sitze auf dem Boden.
Ich fühle das metall Gitter unter mir.
Kalt und uneben, unbequem.

Ich stehe auf, die Welt kippt zur Seite weg.
Mein Blick verschwimmt, mein Sichtfeld füllt sich mit leuchtenden und blinkenden Flecken.
Die Welt schwankt um mich herum.
Ich setzte mich wieder, aber der Boden ist weiter unten, als er sein sollte.
Ich kippe um und falle hin.

Alles dreht sich. Ich bleibe liegen.
Schritte. Stimmen. Meine Ohren klingeln.
Mein Kopf fühlt sich an, als hätte Thor mit Mjolnir darauf eingeschlagen.
Alles dreht sich.

Schritte.
Kommt jemand?
Stimmen, Gespräche.
Meine Ohren klingeln.
Ich kann kaum denken.
Der Boden unter mir schwankt.
Schritte?

Worte.
Was?
Ich kann nicht denken.
Meine Ohren klingeln.
Mein Kopf ist voller Watte.
Ich kann nicht denken.

Berührung.
Heiß. Schmerzend.
Eis.
Kribbelnd.
Berührung.


Loki.



Ich versuche ihn anzusehen.
Ich sehe nichts.
Die Welt ist dumpf, seine Stimme ist weit weg.
Ich verstehe ihn nicht.
Seine Finger auf meinem Arm.
Seine Finger, die nach halt suchen.
Er legt seine Hand auf meine Wange.
Es brennt kalt.
Ich will schreien, mein Körper gehorcht nicht.
Ich kann ihn spüren.
Wie er sich in meinen Kopf wurmt.
Langsam durch die Scherben und Splitter, die von mir übrig sind.
Ich kann mich nicht wehren.
Er wird alles erfahren.

Meine Gedanken frieren ein, als Loki sie berührt und die Kälte tut gut. Das pochen wird schwächer und das klingeln in meinen Ohren wird schwächer. Ich fühle mich, als könnte ich wieder atmen. Die Welt schaukelt sich ein. Ich kann klar denken. Lokis Hand auf meiner Wange brennt kalt und ich spüre Tränen, die aus meinen Augen laufen. Ich blinzele vorsichtig und langsam klärt sich mein Blick.
Lokis Gesicht,
direkt über meinem,
nur Zentimeter zwischen uns.

Ich sehe Sorge in seinen Augen. Was eine Lüge. Was ein Schwindel.
Worte wie Honig,
Augen wie Sterne,
Zunge aus Silber,
Wesen einer Schlange.

Lügner.
Betrüger.
Mörder.

Ich bleibe in seinem Blick gefangen. Eisblau und durchdringend, er blickt direkt in meine Seele. Ich möchte mich aus seinem Griff winden, ihn wegschlagen, aber ich will nicht einmal Blickkontakt brechen, ich will ihm nah sein, in seinen Armen, ich will an seiner Schulter weinen und meinen Kopf in seinen Schoß legen. Ich will die Zentimeter zwischen uns überbrücken und endlich die Welt vergessen. Ich möchte nicht daran denken, was er mir angetan hat, was er Frigga angetan hat.

Dass er Thor umgebracht hat.

Ich schlage Lokis Hand weg und kicke nach ihm. Mein Fuß macht Kontakt und ich rutsche ein Stück über den Boden. Ich höre mich selbst schreien, und ich schiebe mich rückwärts, bis ich an einer Wand sitze. Ich habe keine Waffen bei mir und ich spüre, wie meine Gedanken träger werden und Watte sich in meinem Kopf ausbreitet. Meine Ohren klingeln.
Ich habe wieder Tränen auf den Wangen, salzig und nass.

Jemand setzt sich neben mich. Es ist nicht Loki. Die Person neben mir rührt sich nicht mehr als ich. Sie berührt mich nicht, sitzt einfach nur da. Und redet. Leise, ich kann sie kaum verstehen, aber ich höre sprechen. „... nicht wahr? Ich heiße Anne, ich will dir nichts böses. Ich verspreche es dir. Ich möchte nur, dass du mir zuhörst, kannst du das tun? Ich weiß, du bist verletzt, Loki hat viele schlimme Dinge getan,", sie hält kurz inne, „,aber du bist auch gestürzt. Erinnerst du dich daran? Du hast eine Gehirnerschütterung, wir müssen dich ins Krankenhaus bringen, glaubst du, du kannst laufen?" Ich schüttele meinen Kopf, eine insgesamt schlechte Idee, die Welt wackelt und schwankt. „Okay, hör mir zu Kalira, wir bringen dich zu einem Arzt und bringen dich wieder in Ordnung, willst du das ich bei dir bleibe?" ich gebe ein Krächzen von mir, ich wage nicht, meinen Kopf zu bewegen. „Alles gut, ich werde da sein, du wirst wieder okay. Versprochen." Ich rühre mich nicht.
Die Landung ist holprig und ich werde ganz schön durchgeschüttelt, mein Kopf dröhnt und dreht Kreise, dass mir schwindelig wird. Anne legt ihren Arm um meine Schulter und zieht mich vorsichtig auf die Füße, ich stolpere auf sie gestützte eine Rampe hinab und in ein Gebäude. Danach bekomme ich nicht mehr viel mit.

Viele Fragen,
Viele Menschen,
Viele Gespräche, denen ich nicht folgen kann.

Ich habe kein Zeitgefühl, aber irgendwann verlassen wir das Gebäude wieder und Anne trägt mich fast zurück in das Flugzeug. Sie setzt mich auf einen Stuhl und schließt den Gurt um meinen Oberkörper, dann setzt sie sich neben mich. „Kalira? Ist alles soweit okay? Wir müssen jetzt ein bisschen auf dich aufpassen, damit es dir nicht schlechter geht, dein Körper braucht Zeit,m sich zu erholen, kannst du ihm diese Zeit geben? Wir werden für dich da sein, das verspreche ich dir." sie legt die Hand auf meine Schulter.
Ich beruhige mich, atme durch, konzentriere mich darauf, meine Gedanken zu sortieren, was schwierig ist. Mein Kopf ist voller Watte. Ich baue mir langsam eine Ordnung auf, denken ist nicht einfach, aber ich kann nicht einfach aufhören. Ich muss mich auf einen Gedanken nach dem anderen konzentrieren, was leichter gesagt ist, als getan. Irgendetwas zieht meine Gedanken zu sich. Ein Gefühl, das mich ablenkt. Eine seltsame Energie, die in mich knistert und meine Gedanken anzieht, als währen sie magnetisch.


Danke fürs lesen, danke fürs dranbleiben!
Ich muss mich erst wieder richtig einfinden, aber ich glaube ich komme ganz gut voran!
Ich wünschte, ich hätte diese Geschichte nie gestoppt.
Außerdem danke an alle, die so fleißig kommentieren.
Jeder Kommentar zeigt mir, dass es Menschen gibt, die diese Geschichte gerne hören
Und nichts ist motivierender als das.
Wirklich.
Danke.

I hate the way you kill meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt