Der einzelne Funken

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Thor und die anderen regen sich über irgendwas auf, aber ich höre nicht zu. Vor einem halben Jahr ist Loki gefallen und seitdem bin ich immer mehr wie er geworden. Ich lache nicht mehr und die anderen nerven mich nur noch.
Und das ist mein einziger Funken.
Das letzte Echo.
Das letzte, was mich noch mit Loki verbindet.
Mit meiner toten Liebe.
Sif nennt mich spaßeshalber 'Göttin der Langeweile' und alle können darüber lachen, alle außer ich. „Kalira! Hörst du uns überhaupt zu?!" ich blicke auf, denen zuhören? Ein spöttisches lächeln huscht über mein Gesicht, was Fandral als Nein wertet und mich finster anblickt. „Du bist fast schlimmer als Loki." bestätigt auch Thor, aber es ist dieser Satz, der mich aus der Fassung bringt.
Wortlos drehe ich mich um und gehe. Ich laufe davon, schlage die Hände weg, die mir angeboten werden.
Es ist schon zu spät, meine Gefühle habe ich eingesperrt. Thor hat mir ein Zimmer im Palast gegeben und dahin laufe ich. Krampfhaft versuche ich die Tränen zurück zu halten, aber ich scheitere kläglich.
Bis zu meinem 'Zimmer', wie Thor es nennt ist es weit. Ich muss gute zehn Minuten durch die Gänge laufen, bis ich endlich für mich sein kann. Mein 'Zimmer' ist größer als manche Häuser in Asgard. Eine Wand ist mit Büchern zugestellt. Loki war sehr belesen, nicht, weil ihn Bücher interessiert hätten, sondern viel mehr, um etwas zu lernen und die Zeit tot zu schlagen. Irgendwie musste er ja die Jahrhunderte überbrücken. Er konnte auch gut zeichnen, aber es gehörte nie zu seinen Hobbys. Zu meinen zählt es.
Alle meinen Bilder zeigen Loki. Gerade male ich ein Bild seiner Augen, seiner unglaublichen, blau-grauen Augen.
Heute möchte ich nicht malen. Ich trete an mein Bücherregal und überfliege die Buchrücken. »Zähmen von Bilgenschweinen«, »Der Kampf der Götter«, »Ragnaröck, die Prophezeiung unseres Endes« oder »Tränen des sterbenden Himmels« eine wunderschöne Geschichte, die von Liebe, Tod und Selbstmord handelt. Ein Buch kenne ich noch nicht: »Königshaus und Sitten« es handelt von den Königen Asgards.
Ich ziehe es aus dem Regal und setze mich auf meine Fensterbank, um dort zu lesen. Tatsächlich handelt das Buch von den Regeln, die die einzelnen Könige eingeführt haben. Von jedem König ist eine Zeichnung dabei, gleich am Anfang sieht man einen stolzen, blonden Mann, der einen gehörnten Helm trägt. Die Überschrift auf der nächsten Seite lautet: »die Regeln des Königs Aurelius«. Er war der erste König Asgards und seine Regeln halfen zum Krieg führen. Der nächste König hat ebenfalls blondes Haar und trägt einen gehörnten Helm, der an Odins erinnert. Sein Name lautete Konstantinos und auch seine Gesetze waren kriegerisch. König Linus und sein Nachfolger, König Ereligo waren ebenfalls blond und groß und kriegerisch. Beide trugen goldene, gehörnte Helme. Und so geht es weiter, lauter blonde, große Allerweltsschönheiten. Ich blättere zu den letzten Seiten, auf denen tatsächlich Loki abgebildet ist, er trägt seinen Helm unterm Arm und man sieht ganz deutlich, wie jung er im Vergleich zu den anderen zu sein scheint. Was man noch sieht, sind seine tiefschwarzen Haare, mit denen er aus der Reihe tanzt. Dennoch gibt es eine Gemeinsamkeit. Die Helme. Alle Könige Asgards trugen gehörnte Helme.

Ich streiche mir die Haare nach hinten und seufze auf, es bringt einfach nichts. Ich klammere mich an seiner Art fest, aber so bin ich doch garnicht! Und warum merken Thor und die anderen nicht, wie sehr Lokis Verlust noch immer schmerzt? Schmerzvoll schließe ich die Augen, ich will Asgard nicht sehen.
Lokis Asgard.
Loki war ein harter, aber guter König. Er hat Asgard nicht regiert, wie Odin, er hat es wieder stark gemacht.

Ich habe ihnen nie von meinen Gefühlen erzählt, aber merken sie es nicht? Sind sie wirklich so ignorant? Habe ich sie wirklich schon so weit vertrieben?

Ich atme einmal tief durch, um nicht gleich loszuheulen und lasse mich dann erschöpft an die Wand fallen. Es ist nicht einfach, mit einer kalten Hülle, einem kälteren Inneren und einem gebrochenen Herzen. Es klopft und, ohne die Antwort abzuwarten, tritt Thor ein. „Hey, Kalira? Alles in Ordnung? Warum... Hey!" entsetzt springt Thor zur Seite, im Türrahmen, gerade mal zwei Zentimeter von seinem Kopf entferne, steckt ein Dolch. „Ich wollte nur reden!" ereifert sich Thor, aber ich lache nur: „Ich will aber nicht mit dir Reden." ich beobachte ihn in der Fensterscheibe, Thor hebt vorsichtig die Hände und kommt auf mich zu. Kaum ist er nah genug, gehe ich auf ihn los.
Ich springe auf seine Schultern, drehe seinen Kopf zur Seite und verlagere mein Gewicht nach vorne. Dadurch, dass Thors Kopf zur Seite gedreht ist, kann er so sein Gleichgewicht nicht halten und kippt vornüber.
Ich setze mich auf seinen Rücken und halte ihm einen Dolch an die Kehle. „Ich hab gesagt: ich wolle nicht reden!" fauche ich ihn an. „Hörst du? Ich will es nicht. Nicht mit dir, nicht mit Frigga oder Odin, auch nicht mit Sif oder den anderen. Es gab die Person mit der ich reden möchte. Es gab sie..." damit rolle ich von Thor herunter und er steht wieder auf. Wortlos verlässt er mein Zimmer.

Ob er wohl jetzt darauf kommt? Darauf, dass ich ihn geliebt habe? Dass ich es noch immer tue? Ich bleibe einfach liegen, es ist, als hätte mir der Kampf alle Kräfte geraubt. „I- ich- ich es- es- es tut- tut so weh" höre ich ein schluchzen. „Ich bin da, ich bin immer für dich da Kalira" Das ist doch nicht möglich! „Er- ich- oh Loki!" bei diesen Sätzen kommen die Erinnerungen alle zurück. „Kleine Maus, keine Angst, ich beschütze dich. Ich bleib bei dir, bis du mich nicht mehr brauchst." jetzt bahnen sich die Tränen dich einen Weg.
Es ist so unglaublich schmerzhaft, sich an diese Zeit zu erinnern. „Aber ich- ich..." „Sch, ganz ruhig Mäuschen, ich bin da, ich bleibe hier." „D- du- du gehst nicht?"
„Niemals."
ich schluchze auf, nur dieses Wort lässt alles einstürzen. Haltlos fließen die Tränen über mein Gesicht, Niemals. Niemals, Niemals, Niemals! Er wollte mich Niemals verlassen!

So, das war ein Kapitel mit ein bisschen mehr  Wahnsinn und Schmerz. Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe, aber es ist gerade eine Austauschpatnerin  aus Spanien bei mir zu Besuch und ich habe kaum Zeit für mich. Auch das nächste Kapitel könnte etwas dauern, aber man wird etwas über ihre Vergangenheit erfahren.

I hate the way you kill meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt