19 Puh-Pasch, der Zweite.

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┊  ┊  ┊         ★ HARRY

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Falls ich geglaubt hatte, dass man für den Puh-Pasch einfach losging, so hatte ich mich enorm geirrt. Es fing bereits damit an, dass Isabell genau überlegte, was sie anzog. Dabei ging es nicht darum aufzufallen und sich aufzubrezeln. So, wie das in meinem Umfeld war, quasi sehen und gesehen werden. Sondern, dass die Klamotten möglichst bequem und praktisch waren.

Für was auch immer.

„Du hast noch nie in einem Kleid, das dir zu eng war und du alleine nicht ausgezogen kriegst, über eine Kloschüssel gehangen", schlussforderte sie und ihre Stimme klang dabei sichtlich schief. Allgemein ließ die Treffsicherheit ihrer akustischen Betonung rapide nach. „Ich will eigentlich heute Abend nicht viel trinken, aber man weiß nie, was passiert. Mein Gleichgewicht ist immer noch sehr im Eimer und ich muss festen Boden unter den Füßen haben."

Das erklärte die bemalten Chucks von Doctor Who. Dazu kam die übliche Mischung aus Kleid und Leggins. Das Kleid war dunkel, warum auch immer, und sie packte ihre Tasche mit Plan. Feuchte Tücher, Taschentücher, Kaugummis, Taxigeld, Pflaster und jede Menge Kleingeld. Das Memo, dass man im Pub nur bar zahlen konnte, hatte ich irgendwie verpennt oder man hatte mich nicht mit in die Betreffzeile gepackt.

Ich griff in ihre Tasche, denn wir saßen im Esszimmer einander gegenüber. Ungeniert zog ich das Kondom heraus und sprach langsam, damit sie auf meine Lippen achten konnte: „Gibt es Pläne, von denen ich wissen sollte?"

Ohne rot zu werden, nahm sie es mir wieder ab und meinte nur: „Man kann nie wissen, wer es braucht."

„Ich dachte, wir gehen in einen Pub, trinken was und gut ist. Bei euch allen klingt das nach der Büchse der Pandora", ich dachte nur an Nialls Ratschlag Kopfschmerztabletten im Haus zu haben. Statt auf meine Aussage einzugehen, schnippte Isabell mit dem Finger und wechselte unelegant das Thema: „Ich habe Klamotten für dich gefunden."

Prompt blinzelte ich: „Was soll das heißen?"

„Dass ich dich heute anziehe", sprach sie pragmatisch. Nun beugte ich mich vor: „Ziehst du mich auch wieder aus?"

Isabell grinste schief und gab mir ein: „Vielleicht."

Seit wir zusammenwohnten, hatten wir keinen Sex mehr gehabt. Das letzte Mal, als sie mir so nah war, war in Las Vegas gewesen. Es fühlte sich an, wie vor  eine Ewigkeit.

Im Schlafzimmer sah ich auf die alte Jeanshose und ein graues Shirt samt Jeanshemd, das ich im Leben noch nicht gesehen hatte. Dazu bekam ich abgelatschte Treter und eine Snapback. Verwirrt sah ich Isabell an und sie grinste, dann erklärte sie mir mit monotoner Stimme: „Ein bisschen undercover und normal musst du schon sein. Sonst wird der Abend ein totaler Reinfall."

Ich tat ihr den Gefallen und zog die Klamotten an. Am Frühen Abend machten wir uns auf den Weg und nutzen dafür die öffentlichen Verkehrsmittel. Ich war schon ewig nicht mehr Tube gefahren und überließ Isabell die Führen. Sie wusste schließlich genau, wo wir hinwollten. Hin und wieder brauchte sie eine Pause und schnaufte tief durch. Lange Wege strengten sie immer noch sehr an.

Als wir dann in eine Seitenstraße einbogen, da erkannte ich vor einem Pub mehrere Raucher. Das Ganze hatte ein wenig etwas, vom Tropfendem Kessel. Über dem Pub stand ein Schild mit der Aufschrift ‚Flying old George' und ich hörte unglaublich laute Musik. Das es sich hierbei um einen etwas anderen Pub handelte, bemerkte ich bereits daran, dass mehrere Leute in unterschiedlichen Altersklassen auf Gebärdensprache vor der Tür kommunizierten.

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