chapter 7 - yellowish

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track no. 7
𝙔𝙚𝙡𝙡𝙤𝙬 𝘣𝘺 𝘾𝙖𝙢𝙚𝙧𝙤𝙣 𝙋𝙝𝙞𝙡𝙞𝙥



ZU BEHAUPTEN, Yoongis Herz hätte beim Warten in der vergangenen Stunde mit einem regulären Puls geschlagen, wäre gelogen gewesen.

Jimin hatte nicht noch einmal geschrieben, seit er auf dessen kryptische Nachricht mit einem einfachen armseligen Fragezeichen geantwortet hatte. Seither saß Yoongi mit dem Hintern auf seinem Board, um irgendwie seinem nervösen Gezappel mit stetigem Hin- und Herrollen etwas entgegenwirken zu können. Obendrauf hatte er sich inzwischen schon die vierte Kippe angezündet. Seine Versuche halfen ihm nur bedingt.

Was, wenn Jimin sich einen Scherz mit ihm erlaubte, um ihn später damit aufzuziehen, wie lange er hier auf ihn gewartet hatte? Sollte er besser einfach gehen? Aber was, wenn Jimin genau dann auftauchen würde, tatsächlich mit der freudigen Absicht, etwas Zeit mit ihm alleine zu verbringen? Die Situation war wirklich zum Haareraufen. Zumal Yoongi viel zu nüchtern war und es obendrauf versäumt hatte, etwas für alle Fälle von zuhause mitzunehmen. Ein Missgeschick, das ihm sonst eigentlich nie passierte.

Er seufzte schwer und rieb sich genervt von sich selbst mit den Handballen die Augen. Hätte ihm jemand gestern Abend gesagt, wie dieser Sonntag ablaufen würde, hätte er die Person dafür ausgelacht. Nun wollte Yoongi sich einfach nur noch selbst auslachen. Oder wer weiß...vielleicht übernahm Jimin das später auch für ihn. Falls er denn wirklich hier auftauchte.

Unweigerlich glitt Yoongis Blick mal wieder zu den Radwegen, die hier entlang des Hangangs fast wie ein etabliertes Straßennetz funktionierten. Viele nutzten das einigermaßen angenehme Wetter, um eine Spritztour entlang des Flusses zu machen. Yoongi visierte sie alle an, in der Angst und Hoffnung, endlich einen kupferfarbenen Haarschopf ausmachen zu können. Vergebens.

Mach dich nicht lächerlich! Du bist nicht auf ihn angewiesen und solltest dich hier auch nicht zum Affen machen, zischte ihm die Stimme der Vernunft zu. Geh verdammt nochmal nach Hause und genieß deinen Sonntag wie immer: Alleine und in Ruhe!

Yoongi war gerade dabei, die Entscheidung wie einen Download in seinem Kopf zu installieren, als etwas seinen Blick auf sich zog wie ein gegenpoliger Magnet. Er wusste nicht ob seine Aufmerksamkeit durch den auffällig kupferfarbenen Haarschopf oder das gelbe Fahrrad erregt worden war, welches genauso gut auf einer Postkarte aus Amsterdam hätte abgebildet sein können. Jimin fuhr langsam und auf den Pedalen stehend auf den Moonlight-Plaza auf und ließ den Blick suchend schweifen. Eine leichte Windböe brachte sein Haar durcheinander, erreichte darauf Yoongi und sorgte bei ihm für ein Schwindelgefühl. Als wäre er selbst plötzlich nichts weiter als ein Blatt in der Spätsommerbrise – machtlos gegen die Kräfte der Natur.

Wenn es denn so war, dann war Jimin definitiv die menschgewordene Sonne, die sich nun endlich durch die Dunstglocke gekämpft hatte, die nach wie vor über Südkoreas Hauptstadt hing. Die warmen Strahlen trafen Yoongi in Form eines Grinsens, das auf den Lippen des Studenten erschien, kaum hatte er seinen Kommilitonen bei den Holzterrassen ausgemacht. Mühelos sprang er von seinem quietschgelben Fahrrad und schob es den Rest des Weges.

»Sag bloß, du hast wirklich hier gewartet«, begrüßte Jimin Yoongi ohne ein Hallo und musterte ihn dabei neugierig. »Ich dachte echt, du würdest in der Zwischenzeit einfach wieder abhauen.«

»Hättest du dir noch weitere zehn Minuten Zeit gelassen, wäre ich das definitiv«, log Yoongi und fakte einen abschätzigen Blick.

»Vielleicht hab ich es auch einfach nicht für nötig gehalten, mich zu beeilen«, erwiderte Jimin schlagfertig und schenkte ihm ein selbstgefälliges Lächeln. »So ein bisschen Warten hat noch keinem geschadet.«

When We R.I.P. || ʸᵒᵒⁿᵐⁱⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt