1. Kapitel

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Der späte Nachmittag war angebrochen und die Sonne begann bereits unterzugehen, als ich im Schneidersitz auf dem kalten Betonboden des Kellers saß. Mit der Klinge eines Messers ritzte ich vorsichtig ein Loch in mein Finger.
Ich genoss den Schmerz den ich mir so sehnlich gewünscht hatte und tropfte schließlich das Blut, das aus der kleinen Wunde floss, auf das Phantombild des Mannes.
Er hatte mir alles genommen. Alles was ich je geliebt hatte.
Ich wollte das es sein Blut war, das an seinem Gesicht runter tropfte niemand konnte sich nur Ansatzweise vorstellen wie sehr ich das wollte.
Ich wollte das er den leicht brennenden Schmerz, den ich jetzt an meinem aufgeschlitzten Finger spürte, am ganzen Körper und 1000 mal so stark spürte, nein Milliardenmal so stark.
Er sollte schreien vor Schmerzen und verzweifelt nach einem Ausweg suchen.
Aber den wird es nicht mehr geben, wenn es so weit ist.
Ich lächelte bei der Vorstellung wie er sich fühlen würde, ich grinste so sehnsüchtig, das mir der Kiefer nach einiger zu schmerzen begann.
Als das Phantombild komplett mit Blut beschmiert war, nahm ich den Finger in den Mund und leckte das Blut runter der metallische Geschmack, den ich eigentlich verabscheute war für mich Normalität geworden und störte mich nach den vielen Malen gar nicht mehr.
Dann wickelte ich meinen Finger mit einem Stofffetzen ein und legte das Bild in die Schublade zu den anderen Bilder, die ich ebenfalls genussvoll mit Blut beschmiert hatte.
Ich schloss die Schublade und setzte mich zurück auf den Boden und blätterte durch die Zeitungen, die auf einem Stapel neben mir lagen. Die Zeitungen waren aus den verschiedensten Jahren und ich ich durchsuche alle Zeitungen, die ich finden kann nach dem Mann.
Mein Keller war voll von Bilder von ihm. Ich hatte mir während ich ihn immer und immer wieder gezeichnet hatte, jeden Zug von seinem Gesicht gemerkt und würde es auch niemals vergessen.
Einmal hatte ich ihn damals vor 15 Jahren gesehen und doch hatte erinnerte ich mich an ihn als sei es gestern gewesen.
Ich stand auf und ging die Treppe hoch in mein winziges Haus. Die Küche war gerade mal so groß, wie bei den meisten Leuten eine winzige Abstellkammer.
Auch Wohnzimmer und Bad waren nicht viel großer, doch mein Zuhause war mein Rückzugsort.
Ich dachte hier viel nach und schmiedete Pläne.
Ich wohnte hier schon seit ich aus dem Heim entlassen wurde und endlich allein wohnen konnte, obwohl ich dort genauso einsam gewesen war wie hier.
Ich ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank, darin stand nur eine halb ausgetrunkene Wodkaflasche, ich holte sie raus. Nachdem ich mir in Gedanken klar gemacht hatte, das ich das falsche tat setzte ich mich, zusammen mit der Wodkaflasche, aufs Sofa und nahm einen riesigen Schluck.
Es schmeckte widerlich, wie immer. Trotzdem nahm ich immer mehr Schlücke, bis ich irgendwann endlich die entspannende Wirkung des Alkohols spürte und erleichtert tiefer ins Sofa sackte. Als ich die halbe Flasche, bis auf ein bisschen leer getrunken hatte, spürte ich zwar immer noch Hass und Wut in mir, doch die Traurigkeit war wie betäubt. Kurz nur einen winzigen Augenblick verschwand alles. Aber nur für wenige Minuten.
Dann plötzlich, wie aus dem nichts packte mich wieder der tiefe innere Schmerz, der für wenige Minuten abgestellt gewesen war, ich stand auf nahm meine wunderschöne schwarze Pistole aus dem Wandschrank und rannte aus dem Haus.
Die Wut und der Schmerz hatten Besitz von mir ergriffen, genau wie die anderen vielen Male und doch lernte ich nicht daraus, ich machte weiter und weiter und würde auch nicht damit aufhören. Weder mit dem trinken, noch mit den grausamen Dingen die ich tat.
Denn ich konnte nicht und das wichtigste ich wollte nicht.
Beim rausgehen zog ich mir meine Kapuze tief ins Gesicht und stopfte die Pistole in die Tasche von meinem Pullover.
Und entfernte mich mit schnellen, aber auch schweren Schritten von meinem Haus.
Der Weg den ich einschlug verschwamm immer mehr vor meinen Augen und ich schwankte mit wackeligen Schritten beinahe orientierungslos, doch in die richtige Richtung.
Oder besser gesagt in die richtig in die ich gewollt hatte, denn eigentlich tief in meiner kahlen Seele wusste ich, das es der falsche Weg war, den ich hier gerade ging.

Die Monologe der verzweifelten SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt