Kapitel 15

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Noras Sicht
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„Du bist es wirklich."

Diese vier Worte scheinen so...banal, so belanglos und unwichtig und doch spüre ich, wie sie mir in innerhalb von Sekunden jeglichen Sauerstoff aus den Lungen pressen.

Vielleicht ist es die gesamte Situation, die Umstände in denen ich mich befinde oder vielleicht ist es auch die Tatsache, dass von allen Menschen, die ich jemals kennengelernt habe, ausgerechnet er die allerletzte Person ist, die mir jemals in den Sinn gekommen wäre, spüre ich trotzdem, wie absolute Überforderung jede Pore meines Körpers einnimmt.

Tristan Hennson, mein Ex-Freund, meine Jugendliebe, der Mann, den ich nach einer dreijährigen Beziehung für meine Ehe verlassen habe, steht doch tatsächlich vor mir.

Zwischen all dem Stress und der Sorge, habe ich gar nicht beachtet – oder besser gesagt, realisiert, dass wir in dem Krankenhaus sind, in dem er vor Jahren angefangen hat zu arbeiten und noch nie in meinem Leben wollte ich so sehr im Erdboden versinken wie in genau diesem Moment.

Erinnerungen vom Tag meiner Hochzeit und seinem schockierten Gesicht tauchen plötzlich vor meinem inneren Auge auf und ich hasse es, wie Mitleid meine Brust füllt.

Obwohl ich mir meinem von meinem Vater geschrieben Schicksal der Zweckehe bewusst war, bin ich trotzdem die Beziehung mit ihm eingegangen und ich kann und werde niemals behaupten, es zu bereuen oder bereut zu haben.

Tristan war immer gut zu mir. Er war die Abwechslung, der frische Wind in meinem Leben, der genau dann kam, als ich ihn am meisten gebraucht habe.

Er hatte weder mit der Welt meines Vaters noch mit irgendwas Vergleichbarem zutun; er war einfach...ein ganz normaler Kerl.

Und genau dieser Aspekt war es, der ihn damals so anziehend für mich gemacht hat. Ich wollte niemals ein Teil der Welt meines Vaters werden, weswegen ich mich mit allen Mittel dagegen gewehrt habe, mit der Hoffung doch irgendwie etwas ändern zu können.

Genau aus diesen Gründen ist es mir damals so schwergefallen, mich von ihm zu trennen. Natürlich habe ich ihn noch geliebt, bis ich mich mit meiner unvermeidbaren Zukunft abgefunden habe, doch auch die Tatsache, dass ich mit dem Ende unserer Beziehung, diese Normalität mit der er in mein Leben gekommen war, loslassen musste, war was mich damals so hart gettoffen hatte.

Ihm jetzt, vor allem in genau dieser Situation zu begegnen, fühlt sich wie ein Fiebertraum an und ich habe absolut keine Ahnung, wie ich damit ungehen soll.

Bevor ich jedoch irgendwie auf seine Worte reagiere, schießt mein Blick zu meinem Ehemann und ohne eine weitere Sekunde zu verschwenden, verstärke ich meinen Griff um seine Hand, mit der Hoffnung ihn so irgendwie zu beruhigen.

Als würde es nicht schon reichen, dass Dean gerade die schlimmsten Stunden seines durchlebt, muss er sich jetzt auch noch mit so etwas auseinandersetzen.

„Wie es aussieht, scheinen Sie sich bereits zu kennen. Ihr Bruder ist auf jeden Fall in sehr guten Händen. Falls irgendwas Dringendes sein sollte, weiß Dr. Hennson bereits, wo Sie mich finden können. Bis Später."

Die Worte des Chefarztes kommen kaum bei mir an und an der Art wie Dean ihm total abwesend die Hand reicht und sich verabschiedet weiß ich, dass es auch ihm genau so geht wie mir.

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