Kapitel 6

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Deans Sicht

"Ist er in seinem Büro?"

Die sanfte Stimme meiner Ehefrau ertönt durch die Tür hindurch, erfüllt das große Zimmer und jagt augenblicklich einen kleinen Funken Wärme in meine Brust.

Mit einem leisen Seufzen lege ich das iPad in meiner Hand ab, bevor ich mich nach hinten lehne und auf sie warte.

Und kurz darauf lässt sie sanft ihre Faust gegen das teure Holz der Tür knallen, bevor sie sie öffnet und unsere Blicke einander finden.

Sofort formen sich ihre vollen Lippen zu einem unglaublich niedlichen Lächeln, während sie mit dem Saum ihres engen Shirts spielt und unruhig das Gewicht von einem auf den anderen Fuß legt.

Und wenn sie mich so anguckt, dann vergesse ich, was vor fast zwei Wochen war, so als wäre es niemals passiert und dafür bin ich einfach nur unglaublich dankbar.

Jedes Mal wenn ich die Augen schließe sehe ich ihre zierliche Gestalt auf dem Boden liegen, das Gesicht mit Tränen überströmt, das Kleid an den Schenkel viel zu weit oben, der schwarze Stoffe an beiden Armen zerrissen.

Ich bekomme ihren hilflosen, total erschöpften und vor Angst nur so triefenden Ausspruch meines Namens einfach nicht mehr aus dem Kopf und egal wie oft ich mir einrede, dass es hätte schlimmer kommen können, scheitere ich trotzdem.

Mein ganzer Körper spannt sich an, wenn ich nur daran denke, dass dieser Hurensohn es tatsächlich gewagt, meine Ehefrau auf so eine Art und Weise anzufassen, sie zu schlagen und ihr weh zutun, desto schlimmer wird das Chaos in meinem Kopf.

Seit Wochen kann ich mich kaum nich auf etwas anderes konzentrieren, weil Nora alles ist, woran ich denke.

Ich mache mir Sorgen um sie, verbringe viel mehr Zeit zuhause, will sie einfach nur in meiner Nähe haben, weil die Angst, es könnte erneut so etwas passieren mich zerfrisst.

Sie auszuziehen und zu duschen, das Blut von ihrem Gesicht zu waschen und ihre mit Blutergüssen übersäten Arme zu verbinden hat mich psychisch in jeglicher Hinsicht zerstört - ein zweites Mal schaffe ich das nicht.

Als sie mich an jenem Abend gefragt hat, ob wir denn im selben Bett schlafen könnten und sie sich so fest gegen meinen Oberkörper gepresst hat, bis kein Blatt mehr zwischen uns gepasst hat, habe ich erst wieder realisiert, wie sehr ich mich nach ihrer Nähe gesehnt habe.

Eine Nähe die ich nicht kannte, weil ich der festen Überzeugung war, sie auf Abstand halten zu müssen, was einfach nur purer Bullshit ist.

Jede Nacht haben wir seitdem das Bett geteilt und seit langem habe ich nicht mehr so gut geschlafen.

Inzwischen bin ich sogar an einem Punkt angekommen, wo ich kaum noch ohne sie schlafen kann, was leider Gottes auch andersherum der Fall ist.

Jedes Mal wenn sie auf der Couch einschläft, weil sie auf mich wartet oder nach der Uni zu erschöpft ist, wacht sie weinend und komplett schweißgebadet auf, schafft es danach kaum sich allein zu beruhigen und ehrlich gesagt hasse ich es.

Ich hasse es, sie so leiden zu sehen und nichts dagegen tun zu können.

Am liebsten würde ich sie nie wieder loslassen, doch ich versuche trotz all der Geschehnisse immer noch ein gewisses Etwas an Distanz zu bewahren, einfach ihrer Sicherheit wegen.

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