Königin der Venus

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Königin der Venus
Fortsetzung von: Minotaurus in den Sternen.

Als im Sonnengefüge um Minos manche Unruh' tobte
Zerbrach zwischen zwei Geschwistern das Band innigen Vertrauens
So die Erstgeborene gar zornig den Aufstand erprobte
Jenes Volk zu erretten aus einer Epoche des Grauens

Dank seligem Geschicke knapp der Hinrichtung entronnen
Reiste die Schwester mit gestohlener Himmelsfähre
Zum fernen Sternenreiche, das ihr herzlich war gesonnen
Um ein Matriarchat zu formen aus Ödnis und Leere

Bald als gutmütige Königin der Venus bekannt
Ließ sie kaum mehr kostbare Raumeszeit verstreichen
Getreue Kämpferinnen wurden gen Minos entsandt
Den tyrannischen Bruder vom Throne zu reißen

Auf Geheißen der venusianischen Herrscherin
Ward einst verbanntem Minotaurus süße Freiheit beschert
So blieb dem Gepeinigten zum würdevollen Neubeginn
Ewige Zuflucht und Verpflegung im Palaste gewährt

Da alle Macht des grausamen Gebieters schien verblichen
Drohte zeitlebens ihm Unrast im entseelten Labyrinth
Vom gleichen Schicksal war jüngst der Minotaurus abgewichen
Weil selbst tragische Legenden zum Gerechten wendbar sind

Die werte Matriarchin sah nach dem Bruder nimmermehr
Doch einmal wandelten Kriegerinnen zu gespenstischer Nacht
In unruhig pulsierendem Geflechte von Irrwegen umher
Und erspähten reine Schönheit anstatt der Niedertracht

Ein einsamer Schmetterling segelte auf goldglänzenden Schwingen
Zarte Flügel trugen des Stieres Kopf als schmückendes Emblem
Der Unhold schien entschwunden und Granit allmählich zu zerspringen
So erstarb das Labyrinth am Ende wie antikes Diadem

(2023)


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