Die Künste der Tsahìk

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Neteyam

Laute Rufe hallten an meine Ohren, was mich dazu brachte den Blick zu heben und ihn gen Dorf zu Richten. Kiri und Lo'ak, die neben mir saßen, taten es mir gleich. In der Ferne erfassten meine Augen einige Metkayina, welche aufgewühlt zwischen den Marui's hin und her rannten.
Was ist dort bloß los?
Dies schienen sich auch meine Geschwister zu fragen und mit einem einverständlichen Nicken in die Runde, sprangen wir in die Höhe und machten uns auf den Weg.

Je näher wir den Behausungen kamen, desto Lauter und deutlicher wurden die Worte, welche hin und her geschrien wurden. ; "Schnell, kommt" , "Sie braucht Hilfe!" , "ruft die Tsahìk"
Durch das große Durcheinander, war es schwierig zu erkennen, worum es überhaupt ging. Nur eines war klar; Jemand braucht Hilfe.
So schnell es mir möglich war, zwängte ich mich durch die Menge, wich dabei einigen umher rennenden Na'vi aus und kam auch nicht drum herum einige beiseite zu schieben. Einen Blick zurück warf ich nicht, jedoch spürte ich die Anwesenheit meiner Geschwister dicht hinter mir. Nach kurzer Zeit lichtete sich die Menge und ich konnte vor mir auf dem Boden zwei Mädchen erkennen. Und es waren nicht irgendwelche, bei ihnen handelte es sich um Tsireya und...Iní.

Schnell kniete ich mich nieder und musterte die beiden besorgt, vor allem Iní, denn diese lag bewusstlos in den Armen ihrer Freundin. Als meine Augen über ihren Körper glitten, konnten sie weder schwere Verletzungen noch andere Beschwerden erkennen, lediglich einen Schnitt an ihrer Wange, welcher mir aber erst später auffiel. „Tsireya, was ist passiert?" platzte es besorgt aus Kiri heraus, die sich neben uns fallen gelassen hat. Der Blick der Häuplingstochter war wirr und im ersten Moment konnte ich nicht sagen, ob sie die Frage meiner Schwester überhaupt wahrgenommen hatte. Doch schließlich schüttelte sie leicht den Kopf und sah zwischen uns beiden hin und her. „Nein...ich weiß es nicht. Wir waren gerade dabei die Tsahìk aufzusuchen, wegen ihrer Verletzung, als sie plötzlich zusammenbrach."

Den Worten von Tsireya lauschend, sah ich erneut auf die am Boden liegende, wobei ich feststellte, das ihre Freundin recht sprach.
Gut sah Iní keineswegs aus und tatsächlich ist die Wunde in ihrem Gesicht um einiges Röter und Dicker geworden als sie noch heut morgen war.
Fieberhaft überlegte ich, wie ich nun handeln sollte, doch fasste den Entschluss, das sie so schnell wie möglich zu der Heilerin des Stammes gebracht werden muss.
Nachdem ich Reyas Hand also sanft beiseite geschoben habe, schlang ich meine Arme um den Oberkörper und die Beine der Bewusstlosen und hob sie hoch. Freiwillig hätte ich dies vermutlich nie getan, doch ihr Wohl steht über allem, auch über dem was meine Mutter sagte. Schließlich sollten wir uns in dem Dorf einbringen und ein erster guter Schritt dabei wäre, zumindest die Neísi-tewå nicht sterben zu lassen..

Ohne auf eine Reaktion der anderen zu warten, eilte ich also davon und wurde dabei zu meiner Erleichterung von niemandem aufgehalten. Einige wichen mir aus und machten Platz, andere übernahmen eine Art Begleitschutz und sorgten dafür, das wir so schnell es ging an dem Marui der Anführer ankamen. Tatsächlich war es nicht mehr weit bis dort hin, doch der Federnde Stoff unter meinen Füßen und der doch relativ schnelle Gang, zerrten rasch an den Kräften meiner Glieder.
Glücklicherweise erkannte ich schon von weitem Tonowari und Ronal vor ihrem Zelt stehen und vor ihnen ein Krieger, welcher hysterisch auf sie einzureden und zu warnen schien. Nicht lang und die Stammesführer erkannten auch mich, woraufhin ihre Miene sofort in Besorgnis umschlug. Der Olo'eyktan kam mir einige Schritte entgegen und legte seine Hand auf meine Schulter. „Was ist passiert Junge?" fragte er mit Nachdruck, doch eine Antwort war nicht nötig, denn er trat schon beiseite und gab einen Blick auf seinen Gefährtin frei, die mich zu sich winkte. „Komm zu mir. Leg sie hier hin."

Ohne lang zu zögern folgte ich ihren Anweisungen und übergab Iní in die erfahrenen Hände der Tsahìk. Sofort begann diese sie zu inspizieren und tastete ihren Körper ab, als auch schon Tsireya neben uns erschien. „Tochter was ist geschehen? Woher kommt die Verletzung?" richtete sich Ronal an ihrer Tochter, woraufhin ich mich ein Stück zurück zog, um ihr den Vortritt zu lassen. Für alles weitere werde ich wohl nicht mehr gebraucht werden, doch hatte ich das Gefühl das es unangebracht wäre einfach aufzustehen und zu gehen, ohne auf eine Anweisung der Tsahìk zu warten.
So blieb ich also vorerst auf dem Boden hocken und betrachtete die beiden Frauen vor mir. Tsireya erklärte sich soeben ihrer Mutter, woraufhin sich ihr Blick umgehend verdunkelte. Die Stammesführerin war erzürnt, das konnte man erkennen, doch ihr Gesicht war auch von Sorge bedeckt und die Gemütslage der Heilerin, schien vorerst über der der Mutter zu stehen.
Schnell begann Ronal nach einigen Schüsseln und Stoffe zu greifen und als sie sich an mir vorbeidrängte um etwas bestimmtes zu erreichen, nahm ich dies als Anlass vorerst das Zelt zu verlassen. Ich wollte auf keinen Fall jemandem im Wege stehen.

Vor dem Eingang, traf ich auf die besorgten Blicke meiner Geschwister, des Anführers und auch einiger umstehender Metkayina, welche ich schnell als Aounung und Atan'yo identifizierte. Ihre Augen strahlten genau wie die meinen von Ahnungs- und Hilflosigkeit. Ich wusste nicht was ich tun sollte, weshalb ich nur stumm mit den Schultern zuckte. Jetzt konnten wir wohl nur auf das warten, was uns die Tsahìk früher oder später zutragen würde, doch vorerst zog sie den Vorhang zu ihrem Marui zu, um sich vor den interessierten Blicken der Außenwelt zu schützen. „Na los Kinder. Am besten ihr sucht euch in der Zwischenzeit eine andere Beschäftigung als hier zu warten."
Nach den leisen Worten Tonowari's, warfen sich alle Anwesenden einen kurzen, stummen Blick zu und verteilten sich daraufhin in alle Richtungen.

Tsireya

Die Zeit verging wie im Fluge und mit einem kurzen Blick durch den dünnen Stoff, welcher unser Marui verschloss, nahm ich die letzten Strahlen der untergehenden Sonne war.
Iní war bereits versorgt und lag nun, sanft gebettet, auf einer Liege. Gerade war ich dabei eine hölzerne Schale zu reinigen, als unerwartet mein Bruder um eine Ecke bog. Langsam trat er auf mich zu und riskierte dabei immer wieder besorgte Blicke auf unsere Freundin. Seine Ohren hatte er leicht angelegt und auch seinen Kopf trug er nicht so stolz erhoben wie sonst. „Wie geht es ihr?" kam nun eine leise, fast schon kaum hörbare Frage. Als ob es ihm peinlich wäre diese zu stellen.
Ja, sie haben momentan eine Streiterei. Doch trotz allem ist es verständlich wenn er sich sorgen um unsere Schwester machte, das muss ihm doch nicht unangenehm sein.

Mit einem Seufzen, hervorgerufen von Erschöpfung, erhob ich mich aus meiner knienden Position und ging einige Schritte auf meinen Bruder zu. Kurz vor ihm hielt ich an, jedoch mit so viel Abstand, das es nicht nötig war mein Kinn zu recken, um ihm ins Gesicht schauen zu können. „So weit geht es ihr ganz gut. Der Schnitt an ihrer Wange hat wohl eine Entzündung hervorgerufen, was die Bewusstlosigkeit zur Folge hatte. Mutter hat sich darum gekümmert, doch ihr Körper glüht ein wenig. Vermutlich werden wir diese Nacht abwarten müssen ob sich die Lage verbessert...oder gegenteiliges."
Mit einem knappen Nicken signalisierte er mir, das er verstanden hatte, jedoch lies mich etwas an seinem Blick anderes vermuten. Dieser war starr und von Zorn erfüllt, was ich nicht verstand. Schon vorhin, als wir Neteyam und Iní zu unserem Marui gefolgt sind, hatte er so gekuckt. „Was bedrückt dich Bruder? Erzähl es mir." Auf meine Frage hin, umgriff ich mit meiner Hand seinen Unterarm und gab mir größte Mühe seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Ohne mich eines Blickes zu würdigen, schnaubten er einmal laut und stimmte einen ziemlich verachtungsvollen Ton an.
„Schon wieder war es er!"

Okay, gut. Viel konnte ich mir daraus nicht entnehme. Aber ein was war klar: auf irgendjemand war er sauer.
„Was soll ich darunter verstehen?" fragte ich mit ruhiger Stimme, um sein erregtes Gemüt nicht noch mehr zu strapazieren.
„Was du darunter verstehen sollst?!..." fuhr er mich nun an „...seit dieser Omatikaya-Skxawng hier ist, gibt es nur noch Probleme! Nicht nur, das sie euch beide die ganze Zeit in beschlag nehmen. Nein, deretwegen habe ich einen Streit mit Iní.
Und kaum kommt eine Situation wo ich es wieder gut machen könnte, da drängt sich dieser Syaksyuk dazwischen!"
Völlig überrumpelt von diesen vielen Informationen, wich ich ein Stück zurück um auch dem schallenden Lärm auszuweichen.
Was ist denn bloß los mit ihm?! Öfters hat mein Bruder schlechte Laune, doch das in den letzen Wochen war etwas anderes. Ich erkenne ihn ja kaum wieder. Woher kommt es, das er unseren Gästen so feindsinnig gestimmt war? Sie haben doch nichts getan. Und das Iní sauer auf ihn ist, hat er sich ja wohl selbst zuzuschreiben!

Hervorgerufen von dem Lärm, entstand die Situation, das unsere beiden Eltern herzugeeilt kamen und uns fragende Blicke zuwarfen. „Aounung, Tsireya. Was ist hier los?!" ertönte die beinahe schon zornige Stimme meines Vaters und ich senkte den Kopf. „Was bringt dich dazu so mit deiner Schwester zu sprechen!" entrang meiner Mutter ein wütendes Fauchen und im Handumdrehen zerrte sie meinen großen Bruder nach draußen.
Zurück blieben mein Vater und ich, während die stille Unterhaltung von unwissenden Blicken untermalt wurde.

Zurück blieben mein Vater und ich, während die stille Unterhaltung von unwissenden Blicken untermalt wurde

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Die Macht des Geistes - Avatar-The Way of Water FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt