Kapitel 2

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Nachdem ich mit dem Taxi 40 Minuten zum Flughafen gefahren war, warich sofort zu einem Schalter gegangen. Zum Glück flog heute noch ein Flugzeug nach London. Ich kaufte mir ein Ticket, was nicht gerade billig war, weil es Last Last Minute! war und weil ich vier Koffer hatte, die ich alle extra bezahlen musste, aber das war mir egal. Ich musste einfach weg von hier!

Als ich mein ganzes Gepäck abgegeben hatte, schrieb ich Leslie eine SMS wann ich ankommen würde. Als dies geklärt war, musste noch eine Sache gemacht werden:

Ich musste Hannah Bescheid sagen.

Zitternd wählte ich ihre Nummer...

"Hey hier ist Hannah", meldete sie sich freundlich.

"Hey Honey, hier ist Jenna. Ich muss dir was sagen und du musst mir versprechen nicht auszurasten, okay?", kam ich sofort zur Sache.

"Hey Geburtstagskind!... was ist los?"

"Dad hat mich geschlagen, weil er seinen Job verloren hat. Außerdem hat Mum ihn verlassen, wegen einem Arbeitskollegen. Dad hat einfach seinen ganzen Frust an mir ausgelassen. Ich hab mich noch nicht im Spiegel angesehen...und das will ich auch gar nicht! Hannah ich hab Angst!", hörte ich mich selber sagen. Ich fing wieder an zu weinen.

"Oh mein Gott! Jenni, wie schlimm ist es? Geh dich ansehen und danach ins Krankenhaus! Hast du mich verstanden?!?", schrie sie schon fast.

"Ich hab keine Zeit", konterte ich schnell.

"Warum?"

"I...Ich...Ich fliege in einer Stunde nach London und werde da zu Leslie gehen. Und ich ziehe in unsere kleine Wohnung, die ist bei Les in der Nähe", erzählte ich ihr leise.

"Was?! Jenna, das kannsz du nicht machen! Mum und Dad brauchen dich! Besonders jetzt, wenn sowas passiert ist! Außerdem bist du gerade mal 18 geworden! Jenna, das wirst du NICHT machen!", schrie sie so laut, das ich mir schluchtzend das Handy vom Ohr halten musste.

Jetzt war ich noch mehr am weinen.

"Honey hör mir bitte zu", murmelte ich, "Ich kann nicht mehr in Berlin sein, das hier erinnert mich einfach alles an Mark und an das, was Dad mir gerade angetan hat. Mum ist eine Schlampe und vögelt mit einem anderen Mann und ich hab hier keine Freunde mehr. Ich hab das Gefühl alle hassen mich! In London werde ich einen Neustart wagen. Vielleicht werde ich wieder glücklich sein. Ich treffe alle meine Freunde wieder, vielleicht gehe ich studieren, vielleicht finde ich dort auch jemanden, den ich lieben kann. Ich weiß nicht, was passieren wird, aber bitte, lass mich gehen", beendete ich meine Rede und wurde zum Ende hin immer leiser.

"Jenna, überleg es dir bitte noch einmal, ich will dich nicht verlieren."

"Ich hab es mir überleg. Ich hab genug Geld. Ich bin 18. Ich will wieder glücklich sein. Und dazu will ich wieder nach London. Meine Heimat. Und wir telefonieren ganz oft, ja? Und außerdem könnten wir uns eh nicht oft sehen, weil du doch in München bist."

Ich hörte, dass meine Schwester jetzt auch weinte.

"Okay, geh nach London, aber versprich mir, dass du keinen Unsinn machst. Und ruf mich an wenn du angekommen bist, sonst werde ich echt sauer, verstanden?", heulte sie jetzt.

"Honey, ich hab dich so lieb."

"Ich dich auch, und jetzt ab zum Spiegel und überprüfe dein Gesicht. Ich werde es morgen Mum und Dad sagen, okay?"

"Ja, danke. Du bist echt die beste Schwester der Welt!"

Damit legte ich auf.

Schnell packte ich mein Handy weg und rannte auf Toilette, zu den Spiegeln.

Als ich mich sah, musste ich erst mal schlucken.

Ich hatte ein blau-grün-lilanes Auge, an meiner Stirn klebte überall Blut und meine Lippe war aufgeplatzt. Was die ganzen Leute von mir denken mussten an denen ich vorbei gelaufen war!


...2 Stunden später...

Ich stand völlig verwirrt am Flughafen in London. Wo war Leslie?

Ich ging mit meinen vier Koffern nach draußen, an die frische Luft, was echt schwer war.

Und dann kam meine Tollpatschigkeit wieder zum Vorschein, denn ich fiel vor all den Leuten die hier waren hin und meine Koffer hinterher.

Ich stöhnte auf und versuchte aufzustehen, als mir jemand seine Hand hin hielt.

Diese ergriff ich zögernd und stand auf.

Als ich meinem Helfer ins Gesicht sah, musterte ich ihn.

Er hatte braune Haare, die ein bisschen unter seiner Mütze hervorguckten. Außerdem trug er eine Sonnenbrille, was ich total unpassend fand, weil es ja schon dunkel draußen war.

Sonst trug er ein blau-weiß-gestreiftes T-shirt und eine rote Hose.

Moment mal, kannte ich ihn nicht irgendwo her?

"Hey, alles gut mit...oh mein Gott! Wie siehst du denn aus?!", fragte mein Helfer ungläubig.

AAH, stimmt ja, ich hatte ein blaues Auge, ich sah bestimmt total verheult aus und wahrscheinlich eine immer noch blutende Stirn.

"Äääh, ja, lange Geschichte, ist aber nicht so schlimm wie es aussieht. Danke, dass du mir geholfen hast. Ich heiße Jenna", stellte ich mich vor.

"I...Ich bin Louis." Er gab mir noch einmal die Hand und lächelte mich an.

"Soll ich dir vielleicht mit deinen Koffern helfen?", fragte er mich und grinste immer noch.

Was grinste er denn so blöd? Hatte ich irgendetwas im Gesicht, außer dem Blut?

"Ähm, klar gerne. Wenn du sonst nichts zu tun hast? Ich suche meine Freundin, aber ich sehe sie hier nirgendwo..." Ich schaute mich nach Leslie um. Wo war sie, verdammt noch mal?

"Ich kann dich auch nach Hause bringen, wenn du willst, oder zu einem Arzt, denn das sieht echt nicht gut aus...das in deinem Gesicht...", erklärte er mir.

"Ach das geht schon", versicherte ich ihm. Ich wollte außerdem nicht von ihm nach Hause gebracht werden, vielleicht war er ein Hinterwältler...auch wenn er mir bis jetzt ganz nett erschien.

Und auf einmal kam Leslie angerannt. "Leslie!", rief ich und da hatte ich sie schon im Arm. Ich heulte schon wieder, aber dieses Mal vor Freude. "Jenni, hey.... wer ist das?", flüsterte sie mir zu. "Das ist Louis, er hat mir gerade... geholfen. Louis, das ist Leslie, meine beste Freundin", stellte ich die beiden einander vor. Sie gaben sich die Hand und tauschten ein "Hey" aus.

"Naja, ich geh dann wohl besser...", wandte sich Louis wieder an mich.

"Okay, danke nochmal, wegen eben", lächelte ich.

"Kein Problem. Ähm... also ich will ja nicht aufdringlich sein oder so, aber... krieg ich deine Nummer? Ich würde gerne die nächsten Tage wissen, wie es dir geht...wegen deinen Verletzungen...", fragte er, irgendwie ganz schüchtern, was ich total niedlich fand.

"Klar", erwiderte ich etwas verwirrt, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Er gab mir sein Handy und ich speicherte meine Nummer ein.

"Vielleicht bis demnächst", flüsterte er mir zu. "O..Okay", stotterte ich. Dann war er auch schon weg.

"So Jenna, du bist keine halbe Stunde hier und schon flirtest du, was das Zeug hält? Und dann auch noch mit einem blutverschmiertem Gesicht? Du hast es echt drauf!", meinte Leslie lachend zu mir.

"Ich weiß", gab ich ebenfalls lachend zurück. Doch dann erinnerte ich mich daran, warum ich eigentlich hier war. Ich merkte wie mir die Hitze ins Gesicht stieg und ich abermals an diesem Tag die Tränen meine Wangen runterlaufen spürte.

"Komm, wir fahren erst mal zu mir und dann erzählst du mir alles, okay?", fragte Les mich besorgt, als sie meine Stimmung wahrnahm.

"Okay", gab ich leise zurück.

Als ich mit Leslie im Auto saß, ging mir Louis, mein Helfer in der Not, nicht mehr aus dem Kopf. Irgendwo her kannte ich ihn doch. Aber wer war er? Und warum kam er mir so bekannt vor?

Let us die Young or let us live foreverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt