Ich riss mich mit aller Kraft los, den wütenden schrei unseres Springlehrers ignorierte ich. Schnell sprang ich zwischen James Lockhart und Nachtwind. „Nachtwind! Hör auf!" rief ich. Der Hengst machte, immer noch steigend, auf der Hinterhand ein paar Schritte von mir weg. „Ganz ruhig Großer. Keiner tut dir was" flüsterte ich ihm zu. Mein Hengst schnaubte, noch immer schlug er nervös mit dem Schweif. Ich tätschelte ihm den Hals. „Spinnst du! Da hätte sonst was passieren können!" rief der Springlehrer. „Nachtwind würde mir nie etwas tun" stellte ich trocken klar. „Was macht so ein aggressives Pferd überhaut hier! Du hättest diesen Wilden Gaul nicht mal aufs Gelände bringen dürfen" keifte die Dressurlehrerin Mrs Moreau. „Ich habe das mit Mrs Lopez besprochen. Auf der Boxen Tür stand extra ‚nicht anfassen', und wer hat ihm das Halfter übers Ohr gezogen!" fauchte ich gereizt. „Ich dachte das wäre das neue Schulpferd. Konnte ja nicht wissen, dass er dir gehört. Überhaupt, dieser Gaul ist gemeingefährlich, ich wollte nur das Halfter draufmachen und da ist er ausgerastet!" zischte Kira. War ja klar, dass sie die Schuld auf das Pferd schob. „Wer lesen kann ist klar im Vorteil" kicherte Katy. „Sei bloß still, du kannst ja noch nicht mal dein eigenes Pferd satteln" lenkte Kira ab. „Katy hat recht Kira! Erst lesen, dann in die Box gehen. Außerdem wird er ja nicht einfach auf dich losgegangen sein" schnaubte ich. „Doch! Dieses Vieh ist uhrplötzlich gestiegen!" verteidigte sie sich. „Is klar" kam es von irgendwem. „Nachtwind wird dir deutlich gezeigt haben, dass er nicht will, dass du näher kommst" verteidigte ich den Araber. Kira wollte gerade zu einer arroganten antwort ansetzen, als Mrs Moreau uns unterbrach. „Hört auf zu streiten! Kira, fass keine Pferde an die du nicht kennst. Lou, hab dein Pferd besser im Griff. Und jetzt putzt alle weiter!" Jetzt wusste ich warum Sarah und Katy sie als streng bezeichnet hatten. Ihr Tonfall war eisig, wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt umgefallen. Ihr Blick machte ganz klar, dass ich mich falsch verhalten hatte. Aber anstatt ihrem Blick auszuweichen, starrte ich wütend zurück. Die Lehrer gingen schon mal zu den jeweiligen Reitplätzen. Während wir die Pferde fertig machten. Jeder machte einen großen Bogen um mich und meinen Rappen. Ich seufzte jetzt würde es deutlich schwerer werden Freunde zu finden, wenn jeder mein Pferd für gefährlich hielt. „Ich freue mich schon dich gleich reiten zusehen, Süße!" rief mir ein braun Haariger Junge zu. Ich lächelte kurz höfflich. Dann sattelte ich. Meine Trense war gebisslos, dafür bekam ich schon wieder komische Blicke von meinen Mitschülern. Auf dem Reitplatz flüsterte ich noch „Sei brav Großer und blamier mich nicht." Dann gurtete ich nach und schwang mich auf seinen Rücken. Wir wärmten uns auf, auch dieses Mal kam mir niemand zu nah. Als Nachtwind warm war rief Mr Garcia: „Dann zeig uns mal was du so kannst, Lou!" Ich nickte. Nachtwinds Galopp war so weich wie seine anderen Gänge. Ich ritt den ersten Sprung an. Der kleine Steilsprung war kein Problem und auch die Mauer, zweifache Kombination und Tripelbarre machten uns keine Schwierigkeiten. Erst als ich auf den Oxer zuritt bekam ich Panik zu gut erinnerte ich mich noch an den Unfall. Kurz vor dem Sprung legte mein Pferd eine Vollbremsung hin. Der Rappe hatte meine Unsicherheit gespürt. „Nochmal" rief der Springlehrer. Ich wendete und versuchte es nochmal. Dieses Mal wendete der Hengst in letzter Sekunde ab. Ich seufzte und schüttelte den Kopf, als Mr Garcia vorschlug ich solle es nochmal probieren und mich einfach entspannen. Der Springlehrer erhöhte die anderen Sprünge, auch diese überwanden wir ohne Probleme. Jetzt sprangen auch die anderen mit, immer einer nach dem anderen überwand den Parcours. Ich hatte keine Probleme außer mit dem Oxer. „Was ist denn los, Lou? Alle Sprünge gingen außer der Oxer, an der Höhe kann es nicht liegen. Die anderen hast du auch auf L Niveau übersprungen. Nur den Oxer auf A Niveau nicht. Warum?" Sarah ritt neben mir. „Ich... ich möchte nicht darüber reden" murmelte ich einfach. Sie schwieg kurz, natürlich wollte sie wissen was los war, aber Sarah hielt sich zurück.
Nach der Stunde hatten wir frei, also holte ich White Lady und ging mit meinen Pferden zum See. „Na Lady, hast du mich vermisst? Sorry, aber du darfst noch nicht mehr als Traben" entschuldigend kraulte ich sie. Die Beiden Pferde hatten Halfter mit führstricken an, aber ich hätte sie gar nicht gebraucht. Mit einem Pfiff hätte ich sie zurück rufen können. Als ich mir sicher war, dass mich niemand beobachtete, löste ich die Stricke. „Wollen wir etwas tanzen?" fragte ich erwartungsvoll. Beide Pferde wieherten. Die nächste halbe Stunde sagte ich nichts. Die Pferde achteten nur auf meine Körpersprache. Ich ließ sie erst um mich herum laufen, dann sollten sie mir folgen, als nächstes schickte ich sie weg und holte sie wieder her. Dann übte ich noch ein paar Tricks, wie hinlegen oder Seitwärtsgänge. Letzteres aber nur mit Lady, da Nachtwind nicht gut in Dressur war. Glücklich lächelte ich und schwang mich auf den bloßen Rucken von Nachtwind. „Komm Dino, wir müssen zurück." Ohne Helm reiten war zwar gegen die Schulordnung, aber das war mir in dem Moment egal. Leider nur fünf Sekunden lang, denn als ich los reiten wollte, erblickte ich auf einer kleinen Anhöhe einen Reiter. Erschrocken sah ich hoch, wie lange stand er da schon? Ich war so vertieft in meinen Tanz mit den Pferden, dass er mir gar nicht aufgefallen war. Gerade als ich den Schock überwunden hatte, wendete der Junge sein Pferd und jagte davon. Fuck! Wenn er mich verpetzt, bin ich dran. ‚Beim Reiten ist Helmpflicht!' war eine der obersten Regeln im Internat. Ich konnte wegen Lady nur traben, deshalb kam ich viel später als er an. Ich stieg im Schatten eines Baumes ab, noch hatte mich niemand bemerkt. Gut so. Shit! Dachte ich, der Junge stand neben einem Lehrer. Ich erkannte ihn an seiner Fuchsstute. Sie hatte einen Stern auf der Stirn und drei weiße Söckchen. Der Lehrer war niemand anderes als Mr Lockhart. Ich hatte mich noch nicht daran gewöhnt ihn James zu nennen. Als er auf mich zu kam erwartete ich einen Verweis und Riesenärger, als er mich nur anlächelte, setzte ich zu einer Entschuldigung an. „James, es..." weiter kam ich nicht, denn er unterbrach mich. „Warum hast du nicht bei der Bewerbung gesagt, dass du dich mit Natural Horsemanship auskennst?" fragte er. Ich war zu verblüfft, um zu antworten. „Ich unterrichte das in meiner Westernklasse. Julian hat mir erzählt, wie du mit deinen Pferden getanzt hast. Ich hätte dich gerne am Nachmittag in meiner Klasse." Endlich fand ich meine Sprache wieder. „Ich wusste nicht, dass es für meine Bewerbung wichtig ist, und ich habe am Nachmittag schon Springstunde" antwortete ich zickig. „Ach komm, das sah super aus!" rief der Junge von vorhin. „Außerdem hast du nur alle zwei Tage Springen, dazwischen macht James den Westernunterricht. Ich mache auch beides mit" lachte er. Ich musste zugeben, dass er gut aussah. Seine dunklen Locken hingen ihm ins Gesicht und ließ seine grünen Augen leuchten. „Du solltest es dir wirklich überlegen Lou, dein Stil wäre eine tolle Ergänzung zu meinem Unterricht." „Nein danke, ich habe schon genug zu tun. Da brauche ich nicht auch noch einen zweiten Kurs am Nachmittag" knurrte ich jetzt richtig genervt. Ok, ja ich war etwas unfreundlich, aber sie sollten mich in Ruhe lassen. „Ok, aber solltest du es dir anders überlegen, kannst du gerne zu mir kommen." Ich nickte James zu, wusste aber, dass es nicht passieren würde. Dann brachte ich Lady in den Stall und Nachtwind auf die Koppel. „Gute Nacht Dino" flüsterte ich leise, dann entließ ich ihn auf die Koppel, wo er gleich einige Bocksprünge machte. „Warum willst du nicht zu James in denn Nachmittagsunterricht?" Ich erschrak zu Tode, als ich die sanfte Stimme hinter mir hörte und fuhr herum.
Na, wer könnte das wohl sein? :P
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Reitinternat - Schloss Snowhills
RomanceDie Spanische Prinzessin Lupe soll nach einem Unfall auf ein Reitinternat in Deutschland gehen. Unter falschem Namen versucht sie sich dort anzupassen, wobei es immer schwieriger wird ihr Geheimnis zu bewahren. Vor allem als sie sich dann noch Verli...