Kapitel 19

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OTIS

"Hey, was ist passiert?" Milly hatte mich vor einer halben Stunde gebeten, sie mit dem Rest der Drehleiter von der Academy abzuholen, Severide aber nichts zu sagen. Also hatten Casey und der Rest meines Teams sich auf den Weg gemacht, mit der Ausrede, tanken gehen zu wollen. Genau genommen war das nicht einmal eine Lüge, denn unser Wagen brauchte tatsächlich neues Benzin, also hatten wir einen Zwischenstopp an der Academy gemacht. Als wir nun ankamen, saß Milly mit ihren Freunden auf einer Bank am Eingangsbereich, ihr Fuß war in einen Verband gewickelt und sie hatte zwei Krücken bekommen, die neben ihr an der Wand lehnten. Sie hatte mir nicht gesagt, warum wir sie abholen sollten, aber jetzt konnte ich auch verstehen, warum Severide nichts erfahren sollte. Milly hob den Kopf und lächelte mich an, aber es wirkte etwas gequält. Wahrscheinlich musste sie Schmerzen haben.
"Jared hat mir bei einer Übung übel mitgespielt, ich bin umgeknickt und kann nicht auftreten", antwortete sie mir knapp und kämpfte sich mühevoll auf die Beine. "Keine Sorge, er wurde suspendiert, zumindest für eine Woche. Aber Kelly darf nichts davon erfahren, ja?"
"Wie hast du dir das vorgestellt?", wandte Casey verwirrt ein. "Du gehst auf Krücken und wohnst bei ihm! Das wird er definitiv bemerken!"
"Nein, das krieg ich schon hin, aber erstmal muss ich zur Apotheke und mir ein paar Schmerzmittel holen", antwortete sie und schüttelte den Kopf, während ich ihren Rucksack nahm, der mir von ihrer Freundin hingehalten wurde.
"Und Jared wurde nur für eine Woche suspendiert? Der sollte endgültig rausgeschmissen werden!", meinte Herrmann aufgebracht.
"Keine Sorge, den behalten wir im Auge, er wird keine ruhige Minute mehr haben", meinte Millys Kumpel ernst. "Er schlägt echt über die Strenge."
"Ich werde auch noch mal mit dem Kerl reden", erwiderte ich sauer. "Mir reicht es jetzt endgültig."
"Nein, bitte nicht, lass ihn. Das macht es wirklich nur schlimmer", widersprach Milly mir sofort. "Ehrlich, er kriegt schon seine faire Strafe vom Captain. Ich muss jetzt nur dafür sorgen, dass ich wieder fit werde."
"Wurdest du untersucht? Sollen wir dich ins Krankenhaus bringen?", fragte Casey nach, aber sie schüttelte den Kopf.
"Nein, die Sanitäter hier haben sich schon um mich gekümmert, ich brauche nur ein paar Ibuprofen, das ist alles. Und danach muss ich nach Hause", antwortete sie. "Können wir gehen? Wir hätten heute sowieso nur noch Praxis gehabt, aber die kann ich vergessen."
"Na klar, komm", meinte ich fürsorglich. "Aber du kommst mit auf die Wache, damit wir uns um dich kümmern können."
"Aber Kelly...", begann sie, doch wurde hart von mir unterbrochen.
"Der erfährt es sowieso, also kommst du mit", meinte ich hart.
"Wir sagen dir Bescheid, was wir gemacht haben, werd nur gesund und ruh dich gut aus", wandte Millys Freundin jetzt ein, bevor sie von allen umarmt wurde.
"Danke, ihr seid die besten. Wir sehen uns morgen", erwiderte sie lächelnd, bevor wir mit ihr zum Wagen humpelten. Wir halfen Milly einzusteigen und fuhren erst noch tanken, bevor wir zurück zur Wache fuhren. Dort angekommen, war Milly erleichtert, als sie sah, dass Severides Mannschaft anscheinend nicht da war. Sie wollte sich noch überlegen, wie sie ihm die ganze Sache beibringen wollte, denn schließlich wollte sie auch nicht, dass er durchdrehte. Auch mich bat sie, ruhig zu bleiben und nicht weiter über Jareds Verhalten nachzudenken, aber ich war dennoch zu sauer auf diesen Idioten, um das einfach zu vergessen. Vielleicht konnten Severide und ich ja mit diesem Idioten reden, mit seinem Vater zu sprechen würde nämlich definitiv nichts bringen. Aber vielleicht war bei Jared persönlich mehr zu erreichen, er war schließlich auch derjenige, der Milly so zusetzte. Davon erzählte ich ihr allerdings nichts, sonst würde sie nur sauer werden. Ich würde das erst mit Severide besprechen, sobald er hier war und von Millys Vorfall erfahren hatte. Wir brachten sie erstmal in den Aufenthaltsraum, damit Milly sich auf der Couch ausruhen konnte und ich brachte ihr eine heiße Schokolade.
"Ernsthaft, Milly, das alles ist keine Lappalie mehr. Du solltest echt mal was wegen diesem Jared tun", sagte ich besorgt, aber sie nahm einen Schluck von ihrem Kakao und schüttelte den Kopf.
"Nein, muss ich nicht. Captain Brinx hat ihn für eine Woche suspendiert und ihm eine echt üble Verwarnung gegeben, das sollte ihm erstmal reichen. Ich glaube, er hat seine Lektion gelernt", wehrte sie ab.
"Otis hat recht, der Kerl ist skrupellos und wenn der seinen Vater vorschiebt, kriegt er alles, was er will. Du solltest was machen, bevor der echt noch in diesen Beruf kommt", gab Mouch mir recht, während er sich neben Milly auf die Couch setzte.
"Damit er mir noch weiter das Leben zur Hölle macht? Das ist lieb von dir, Mouch, ehrlich, aber es ist besser, wenn ich ihn machen lasse", widersprach sie ihm sofort, als draußen das Tor aufging und Severide reinkam. Milly schluckte. "Toll, jetzt kann ich mir noch mehr anhören und zusehen, wie ich Kelly das erkläre."
"Genauso wie mir und dann sehen wir zu, dass wir dich wieder fit bekommen", beeilte ich mich zu sagen. "Jetzt solltest du dich erstmal schonen und ausruhen, dann kannst du hoffentlich auch bald wieder richtig bei der Ausbildung mitmachen." Milly seufzte und nickte nur, als Severide auch schon reinkam. Als er Milly sah, stürzte ihm das Gesicht ab und er ging vollkommen geschockt auf sie zu.
"Milly, was zum Teufel ist passiert?!", fragte er fassungslos nach. "Wieso hast du Krücken?"
"Kelly, bitte, dreh nicht durch!", bat sie. "Jared hat Scheiße gebaut bei einer praktischen Übung und ich bin gestürzt. Ist nicht so schlimm, ehrlich nicht."
"Dieser Idiot! Dem geige ich jetzt mal echt die Meinung!", fauchte er wütend und wollte sich umdrehen, um zu gehen, aber Milly hielt ihn fest.
"Kelly, nein! Bitte nicht! Er hat schon von Captain Brinx ordentlich aufs Maul bekommen, das reicht vorerst", wandte sie ein. "Ich hab es Otis schon gesagt, ich will nicht, dass ihr mit Jared redet, das wird es nur schlimmer machen. Ehrlich, bleib einfach cool, ok? Ich schaffe das schon, mach dir keine Gedanken." Severide holte tief Luft, seufzte und machte sich dann von seiner kleinen Schwester los.
"Na gut, Milly, aber sollte das noch ein einziges Mal vorkommen, dann ist der Kerl dran!", willigte er ein, bevor er wütend davonlief. Milly wollte ihm nach, aber ich hielt sie fest und drückte sie zurück auf die Couch.
"Bleib sitzen, ich rede mit ihm", beruhigte ich sie, bevor ich Severide nachging. Zusammen würden wir Jared schon die Meinung geigen, der Kerl würde sich nicht noch einmal an ihr vergreifen!

Chicago Fire - Der Weg der Milly Severide 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt