Mit dem Menschen zusammen zu sein, mit dem man es niemals geglaubt hätte, war ein unbeschreibliches Gefühl. Es kam einem fast so vor wie ein Film, der einfach nicht real sein konnte. Und doch war es das keineswegs. Nick Cole hatte mich tatsächlich an dem Abend, als wir uns das erste Mal geküsst hatten, gebeten, seine Freundin zu sein.
Ich hatte es nicht verstanden, warum er ausgerechnet eine Beziehung mit mir führen wollte und doch hatte mir genau das so viel bedeutet.
Ich war noch nie die Freundin von irgendwen gewesen und ich hatte keine Ahnung gehabt, was mit dieser Rolle verbunden war. Ich wusste nur, dass ich ihn liebte und es nun offen zeigen konnte, weil er das Gleiche für mich empfand.
Und natürlich war ich in seiner Gegenwart nach wie vor sehr aufgeregt. Doch dieses Mal konnte ich besser damit umgehen, weil ich mir dann ins Gedächtnis rufen konnte, dass es meinem Freund genauso ging.
***
,,Sagt das nochmal, Ash'', bettelte Riley mich an, als wir alle versammelt in unserem Lieblingscafé saßen.
,,Nick hat mich gefragt, ob ich mit ihm zusammen sein möchte und ich habe ja gesagt. Wir sind nun ein Paar'', wiederholte ich mich mehr als stolz und ich glaube, ich hatte noch nie in meinem Leben so viel Glück empfunden oder so gestrahlt.
Ich wusste gar nicht, wie ich mit den ganzen Glückshormonen umgehen sollten, die seit gestern meinen ganzen Körper eingenommen hatten. Ich hätte am liebsten die ganze Welt umarmen wollen, aber ich wusste gar nicht, wie das überhaupt gehen sollte. Ich hatte am Abend zum ersten Mal nach einer langen Zeit nicht geweint und auch am Morgen hatte ich so viel Energie empfunden wie noch nie.
,,Ich freue mich so sehr für dich, Ash. Das hast du dir so sehr verdient. Ach man, das ist so schön. Genieße es.''
Bianca lächelte mich an und schien sehr glücklich für mich zu sein. Selina hatte ein verschmitztes Lächeln aufgesetzt und ich hatte einen Verdacht, dass sie sich extra gestern mit Josh zusammengetan hatte, um mich mit Nick zu verkuppeln, weil wir beide nicht den nötigen Mut gehabt hätten, um es selbst zu tun. Ich war ihr so dankbar, dass sie etwas nachgeholfen hatte.
,,Ich muss mich vor allem bei dir bedanken, Sel. Ohne dich wäre es gar nicht erst dazu gekommen.''
,,Hab ich gerne gemacht. Es wurde langsam mal Zeit, dass ihr euch eingesteht, dass ihr mehr als nur Freundschaft möchtet'', winkte sie ab.
Mir war klar, dass dies kein Dauerzustand sein würde. Aber ich wollte es in vollen Zügen genießen, dass ich nun mit dem Jungen zusammen war, bei dem ich es mir immer heimlich gewünscht hatte. Dass meine Freunde mich mit so einem überglücklichen Blick betrachteten und ich für einen Moment der Hauptcharakter war. Und doch hatte ich Angst, dass meine Depressionen mir mein Glück zerstören könnten. Als würde sie nur darauf warten, mit voller Wucht zuschlagen zu können, wenn ich es am wenigsten erwartete. Aber mir ging es gerade so gut. Deswegen hoffe ich, dass es nur eine unbegründete Angst war.
,,Dein Stück Käsekuchen hast du dir heute mehr als verdient'', meinte Bianca.
Ich nahm mir meine Gabel zur Hand und genehmigte mir ein Stück. Dabei ließ sich mir nicht anmerken, dass sich meine innere Stimme nicht gerade nette Kommentare gab.
Du willst es darauf ankommen lassen, dass dir deine Hose platzt, nicht wahr?!
Ich hatte gedacht, dass sie sich nicht mehr melden würde, doch da hatte ich mich scheinbar getäuscht. Sie war nicht gegangen und hatte wie sonst auch ganz viel Spaß, mich fertigzumachen.
Denkst du ernsthaft, dass das mit dir und Nick lange halten wird?
Komm schon, es ist doch lächerlich, dass er ausgerechnet jemanden wie dich als seine Freundin haben möchte ...
Wart du nur, bis er sieht, was für eine Versagerin du eigentlich bist. Dann wird er es sich zweimal überlegen, ob er jemanden wie dich haben möchte!
Wie ich diese Stimme doch hasste. Ich hätte ihr so gerne den Mund verboten. Aber ich hatte keine Ahnung, wie das ging. Ich hatte schon so lange mit ihr gelebt und da war es beinahe unmöglich, sie aus meinem Kopf zu verbannen. Ich kannte sie so gut wie sonst niemanden auf der Welt, weil sie eben aus meinen eigenen Unsicherheiten und Selbstzweifeln bestand. Sie wusste ganz genau, was sie sagen musste, damit sie mich an mir selbst zweifeln ließ. Das absolut tückischste an ihr war, dass sie niemand sonst außer mir sie wahrnahm. Ich wusste, dass sie nicht die Wahrheit sprach. Aber dennoch beeinflusste sie mich mehr, als sie sollte.
***
,,Hey, Ash'', begrüßte mich Nick am Montagmorgen in der Schule, als er vor meinem Spind stand.
Ich schulterte mir meine Tasche und kam auf ihn zu.
,,Hi Nick, wie war dein Wochenende?''
Ich versuchte möglichst gelassen zu klingen, obwohl ich es nicht war. Denn ich hatte nicht den blassesten Schimmer, wie das hier funktionierte.
Wie reagierte man auf jemanden, den man nun als ,,seinen Freund'' betiteln durfte?
Hieß das, dass wir von jetzt an Händchenhaltend durch die Gegend liefen?
Zumindest schien das etwas zu sein, was andere Paare taten.
Würde er mich vor den anderen küssen und damit zeigen, dass ich ihm gehörte?
Auf so etwas wurde man nicht vorbereitet. Niemand sagte einem, was es da für Regeln gab. Und vielleicht gab es die auch gar nicht. Man musste selbst herausfinden, mit was man sich wohlfühlte und dann definieren, was genau man sich wünschte. Nick schien zu begreifen, dass ich mich noch an diese neue Situation gewöhnen musste und lief ganz normal neben mir her, als wir gemeinsam den Klassenraum zusteuerten.
,,Wir treffen uns am Nachmittag für die Nachhilfe. Sollen wir dafür wieder in die Bibliothek gehen?''
,,Ja, lass uns das so machen'', bestätigte ich ihm.
,,Wenn du möchtest, könnten wir hinterher noch etwas zusammen machen. Wir könnten an den Strand gehen, wie wäre das?''
Er gab sich wirklich Mühe, das musste ich ihm lassen. Und es tat mir irgendwie auch leid, dass ich etwas kompliziert war. Nick schien mich dennoch liebenswert zu finden und das berührte mich.
,,Darüber würde ich mich sehr freuen.''
,,Super, ich muss mich noch ehrlich gesagt an den Gedanken gewöhnen, dass wir nun in einer Beziehung sind. Es fühlt sich irgendwie noch nicht so ganz real für mich an. Aber ich bin darüber trotzdem total glücklich.''
Ich hatte Nick so gern dafür, dass er offen darüber sprach, was er empfand. Und noch viel schöner war es, dass er ähnliche Empfindungen wie ich zu haben schien. Das beruhigte mich sehr.
,,Mir geht es doch ganz genauso, Nick Cole. Wir schaffen das schon, da bin ich mir absolut sicher.''
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Band 4 der Living Reihe - Living my best life ✔️
General Fictiondas wunderschöne Cover und Banner sind von @EndeLegende ,,An den Tagen, an denen du dich selbst nicht ertragen kannst, erinnere dich an alles, was dein Körper geleistet hat. Er mag von Narben gekennzeichnet sein und nicht deiner unrealisistischen Tr...