Es ist nicht alles vollkommen verloren

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In einigen Augenblicken dachte ich ans Aufgeben

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In einigen Augenblicken dachte ich ans Aufgeben. Dass es eh nichts bringe, egal was ich machte. Ich verstand nicht, warum andere meinten ,,Das Leben ist schön."

Ich sah es nicht, weil ich schon viel zu tief gesunken war und nur daran denken konnte, dass ich nicht wusste, wie ich ein Leben führen konnte, das mich glücklich machen würde. Ich war depressiv. Noch nicht einmal der schönste Sonnenaufgang hätte mich davon überzeugen können, dass es sich lohnen würde, aufzustehen. Manchmal kam ich mir regelrecht vor wie ein Freak.

Weil ich zu viel nachdachte und meine Gedanken so tiefe Abgründe hatte, dass diese mir ab und zu selbst Angst machten. Ich war nie die Person gewesen, für die sich die Leute entschieden hätten, noch wusste ich, in was ich wirklich gut war. Ich hatte das Gefühl, dass ich keine Talente besaß. Dass andere es sowieso besser hinkriegen würden, also musste ich es gar nicht erst probieren. Auf dieser riesigen Welt kam ich mir so oft so klein und unbedeutend vor.

Doch da war diese eine höhere Macht, die mich jedes Mal rechtzeitig auffing, wenn ich drohte, tief zu stürzen. Sie kam in den Momenten, in denen ich vollkommen verzweifelt war und nicht mehr weiterwusste. Ich wusste nicht genau, was sie war, doch sie brachte stets Licht in meine Dunkelheit, die drohte, mich voll und ganz zu verschlucken. Sie war meine Hoffnung, dass es besser werden würde.

Dieses Licht strahlte hell und zeigte mir, dass ich noch so viel schaffen konnte. Dass ich noch eine Aufgabe in diesem Universum hatte. Es war in den Augenblicken da, in denen ich es brauchte und gab mir unendlich viel Kraft.

Selbst meine Depressionen konnten dieses Licht nicht verdrängen, wenn es mich retten kam.

***

,,Das war doch deine Chance, Ashley!", gab Selina genervt und gleichzeitig fast schon verzweifelt von sich. ,,Warum hast du ihm nicht einfach gesagt, dass du dich gerne mit ihm mal wieder treffen würdest? Himmel, bist du kompliziert."

Wenn es doch so einfach wäre ...

Wenn ich doch nur nicht so ein verkorkster Mensch wäre, der alles bis ins kleinste Detail analysieren musste ...

,,Ich kann das einfach nicht, okay. Ich ... konnte es nicht. Ich denke, es ist am besten wenn ich ihn so gut es geht aus dem Weg gehe, bis meine Gefühle für ihn weg sind. Dann kann ich mich ganz normal in seiner Gegenwart verhalten und alles ist wieder beim Alten. Das ist doch ein guter Plan."

Nick würde sowieso niemals mit jemanden wie dir zusammensein wollen!

Guck ihn dir doch an. Er ist absolut perfekt.

Und du?

Du bist nur eine jämmerliche Lachnummer, die sich selbst manchmal nicht mal ertragen kann.

,,Ich bezweifle, dass das funktionieren wird", meinte meine beste Freundin Riley, die währenddessen von ihrem Sandwich abbiss. ,,Gefühle lassen sich nicht auf Knopfdruck an und ausstellen. Du wirst insgeheim immer noch in ihn verliebt sein, auch wenn du das nicht unbedingt möchtest. Das Herz macht nun mal, was es will", fügte sie hinzu.

Wie sehr ich es doch hasste, dass meine Freunde recht hatten. Ich wollte dennoch nicht akzeptieren, dass ich es nicht kontrollieren konnte, ob ich Gefühle für Nick hatte oder nicht. Denn das ließ mich so machtlos fühlen.

,,Das stimmt nicht. Ich kann selbst darüber entscheiden, ob ich ihn anziehend finde oder nicht", beharrte ich weiterhin.

,,Ich verstehe, dass es dir schwerfällt, den ersten Schritt zu initiieren. Aber wenn du es nicht machst, wer soll es denn sonst tun?", mischte sich meine andere beste Freundin Bianca in das Gespräch ein.

,,Nick", warf ich ein und merkte, dass ich mir selbst widersprach.

Er hatte gestern für mich und Selina bei seinem Chef nach einem Rabatt gefragt. Er war heute Morgen auf mich zugegangen, als ich vor meinem Spind stand. Er hatte mich gefragt, ob ich mit ihm an den Strand gehen wollte. Die Initiative war von ihm aus ausgegangen.

Zählte das schon als erster Schritt?

Vielleicht interpretiere ich auch sein ganzes Verhalten völlig falsch. Vielleicht war er einfach nur nett und sah nicht mehr in mir als eine gute Freundin. Ich konnte nicht in seinen Kopf sehen und wusste dementsprechend nicht, was er so dachte. Und das fand ich schrecklich. Es würde vieles erleichtern, wenn man einfach die Gedanken der Person lesen könnte.

,,Er hat doch einen ersten Schritt auf dich zugemacht? Was genau erwartest du? Dass er ein Schild trägt, auf dem steht ,,Hey Ashley. Falls du es noch nicht wusstest, ich habe Gefühle für dich, die weit über eine Freundschaft hinausgehen." Und mal ehrlich: Es ist doch total bescheuert, als Mädchen zu erwarten, dass der Typ den ersten Schritt macht. Das kannst du genauso tun", merkte Bianca an.

Sie verstanden es nicht. Sie verstanden nicht, dass die Unsicherheit in mir so groß war, dass ich nicht daran glauben konnte, dass Nick in mich verliebt war. Ashley Cooper war wertlos und absolut niemand wollte einen wertlosen Menschen haben.

Wenn sie doch nur die Spitze des Eisberges gesehen hätten, in dessen Kälte ich zu erfrieren drohte. Ich wusste, dass sie es gut meinten. Dennoch würden ihre Worte es nicht hinbekommen, dass ich Mut finden konnte. Dieser musste von mir selbst aus gehen.

,,Ich werde über eure Worte nachdenken", log ich und wickelte Nudeln auf meine Gabel auf.

,,Wie fandet ihr eigentlich die Matheklausur?", erkundigte sich Riley und mir wurde sofort unbehaglich.

Ich wollte aufspringen und gehen, doch ich zwang mich, zu bleiben und mir anzuhören, was meine Freunde zu der besagten Klausur zu sagen hatten.

Selina erklärte ziemlich ausführlich, wie sie welche Aufgabe gelöst hatte und zu meiner Überraschung waren ihre Lösungsansätze fast identisch mit denen, bei den Aufgaben, die ich mich getraut hatte, zu bearbeiten. Eventuell durfte man nicht immer vom Schlimmsten ausgehen.

Sicherlich würde keine Eins rauskommen. Aber vielleicht hatten meine Antworten ausgereicht, um wenigstens die Prüfung bestanden zu haben. Ich war zu hart mit mir selbst. Ich hatte nur sehen können, dass ich gestern Abend nur unproduktiv war und nicht gelernt hatte.

Ich hatte die guten Tage außer Acht gelassen, in denen ich mit Selina intensiv gelernt hatte. Ich hatte vergessen, dass ich mich, wenn es mir gut gegangen war, aufgerafft und Aufgaben sogar selbst durchgerechnet hatte.

Und im diesem Sinne hoffte ich, dass ich nicht auf vollster Linie versagt hatte. An diesem Gedanken klammerte ich mich fest, um wenigstens etwas sicheren Boden unter den Füßen spüren zu können.

Band 4 der Living Reihe - Living my best life ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt