Das Haus der Keuschheit

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Andeutungen von sexuellem Content 

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Seungmins Pov:

Ich hatte mittlerweile jegliches Zeitgefühl verloren. Und das lag nicht daran, dass ich als Orientierung nur die Glockenschläge zu jeder vollen und halben Stunde hatte, sondern an dem Engel, der noch immer meine Gedanken und meinen Körper kontrollierte.

So verbittert wie ich auch versucht hatte, ihn aus meinem Denken und Handeln auszuschließen, so eisern hielt er sich an mir fest. Er schaffte es manchmal gefühlt für Stunden, manchmal für Minuten die Kontrolle zu behalten. Immer wenn ich sekundenlang die Hoffnung hatte, ich würde endlich wieder selbst entscheiden, dann machte er mir einen Strich durch die Rechnung. 

Er hatte uns in dieses Kloster geschleust, hatte die Mönche mit seinem hellen Sternenglanz und dem Heiligenschein um sein Haupt beeindrucken können und so war er - und mit ihm auch ich - in diesem Gefängnis aufgenommen worden.

Es gab kaum einen Weg aus diesem schrecklich stillen und religiösen Ort heraus. Die Tore waren verschlossen und die Außenwelt wurde nur betreten, wenn es der Abt des Klosters für notwendig befand. Und der Engel in mir schien gar kein Interesse daran zu haben, diesen Ort je wieder zu verlassen. 

Er brachte mich dazu, stundenlang im Klostergarten zu verbringen, stumpfsinnig die Beete zu bewässern und zu bepflanzen und noch mehr meiner Zeit saß ich auf diesen schrecklich ungemütlichen Holzbänken in der Kirche des Klosters. Dort betete der Engel fleißig. Zwar nicht direkt zu einem Gott, sondern vielmehr für Sicherheit und Anonymität, doch es war eine Qual für mich. Ich konnte diese endlosen Litaneien an Demutsbekundungen in dieser Form einfach nicht mehr hören. Schon gar nicht wenn sie über meine eigenen Lippen kamen.

Ich wollte nicht hier sein. Ich wollte nach Hause oder besser gesagt zu Chan.

Das Problem war, dass ich mit jedem Tag mehr das Gefühl hatte, zu verlieren. Oder waren es eher Stunden gewesen? Es machte mich wahnsinnig, dass ich nicht einschätzen konnte, wie lange ich bereits diesem Irrsinn ausgesetzt war. Es gab genauso Momente, wo ich gar nicht mehr wahrnahm, dass in mir eine zweite Person lebte, die meine Taten steuerte. Manchmal fielen all der Stress und die erdrückenden Gefühle von mir ab und ich fügte mich meinem Schicksal. In diesen Augenblicken übernahm der Engel meinen Organismus scheinbar zur Gänze und griff mit voller Härte nach meinem Verstand und wenn ich dann kurz wieder zu mir kam, bekam ich Angst, dass ich eines Tages vollkommen in diesem Gefühl versinken würde und nicht mehr zurückkehrte.

Heute war ein ausgesprochen warmer Tag gewesen und gerade war ich auf dem Weg in die Kirche. Die Sonne ging bereits in einem schweren dunkelroten Farbton über den goldgelben Feldern außerhalb der Klostermauern unter und warf lange Schatten in den Innenhof. Es war Zeit für das Abendgebet. 

Ich lief den gepflasterten Weg entlang und sah hinauf zum hohen Glockenturm, wo die hell tönende Glocke gerade alle Bewohner des Klosters zusammenrief. Das allabendliche Gebet war seltsamerweise eines der Wichtigsten hier und wie ferngesteuert schlüpfte ich ins Innere der schwach beleuchteten Kirche. 

Von innen wirkte sie dennoch recht prunkvoll und erhaben. Der Boden war ästhetisch ansprechend mit dunklem Marmor ausgelegt, auf dem jeder Schritt nachhallte, die Kirchenbänke glänzten frisch poliert, der Altar und das Kreuz dahinter waren reich verziert. Sogar das Becken mit Weihwasser, in das ich meine Hände kurz tunkte, war mit kleinen Goldarbeiten aufgewertet. Nur die hübschen Buntglasfenster, die bei direkter Sonneneinstrahlung sicherlich ein einmaliges Lichtschauspiel auf den Innenraum gezaubert hätten, waren zu klein und zu unscheinbar, um die gesamte Kirche auszuleuchten. 

Widerwillig schob ich mich nun in eine der Kirchenbänke und wartete geduldig bis alle Ordensbrüder in ihren langweilig grauen Tuniken eingetroffen waren. Außer mir waren noch drei anderen Personen hier, die entweder ihren inneren Frieden suchten oder ein Asyl benötigten. Ich beachtete sie kaum, ebenso wie der Engel in mir. Er zwang mich, die Hände zu falten und ins Gebet zu fallen, das der Abt des Klosters leitete.

Dancing with Demons 2. TeilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt