25.

242 5 0
                                    

„Hey, woher kommst du?" Fragte er interessiert und schaute mich gespannt an. Er sieht aus wie ein privilegierter Junge, also was wollte er dann von jemanden wie mir. „Mhm?" Fragte ich nach und musste die Augen zusammen kneifen. Dieses helle Licht war ich einfach nicht gewöhnt und meine Augen brannten unfassbar. „Du siehst wirklich ziemlich dünn aus, bekommst du nichts zu essen?" Harkte er nach und legte seinen Kopf schief, er hatte bestimmt genug Essen. Seine Wangen waren rundlich und er war offensichtlich nicht der dünnste. Doch irgendwie wirkte er nett, er sagte nichts zu meinen dreckigen Kleidern. Dennoch konnte ich ihm nicht vertrauen, vielleicht würde er sofort der Militärpolizei Bescheid sagen. Und dann würde ich wieder in den Untergrund gebracht werden. Es war wirklich schwer den innersten Distrikt zu verlassen, das lasse ich mir nicht nehmen. „Das ist doch egal."

„Nein komm mit." Sagte er und zog mich bereits hinter sich her. Er war so stark, dass ich nichts machen konnte und ihm einfach folgte. Gemeinsam liefen wir durch die Straßen, vorbei an Märkten und Häusern, bis wir vor einem zweistöckigen Gebäude stehen blieben. Die Tür stand einen Spalt offen, durch die er einfach hineinging. Er lief zu einer Frau, die sich mit einem Lächeln umdrehte und mich anschaute. „Wenn hast du denn dort mitgebracht Jean?" Sie klang so freundlich und offenbarte mir auch gleich seinen Namen. Jean, heißt er also gut zu wissen. „Ich habe sie draußen bei den Ställen gefunden." Zufrieden lächelte er und sie streichelte ihm über den Kopf, aber warum tat sie das? Wie standen sie zueinander, hatten sie sich etwa auch beim Stehlen kennengelernt?

„Na gut junge Dame, wie fändest du es, wenn ich dir ein warmes Bad ein lasse. In der Zeit könnte Jean dir auch ein paar Kleider vom Dachboden holen." Schlug sie vor und wartete gar nicht auf eine Antwort. Überfordert stand ich nun da, sie war in einen Nebenraum verschwunden und er rannte eine Treppe hinauf. Vielleicht sollte ich jetzt einfach abhauen, aber sie machten mir doch ein Bad und suchten nach neuer Kleidung. „Hey, äh also wir haben jetzt nicht so viele Sachen, aber wie findest du das?" Fragte Jean, als er mit zwei Kleidungsstücken vor mir stand. In seiner einen Hand hielt er einen dunkelbraunen Rock und in der anderen ein weißes Hemd. Ich liebte sie, es sah so schön aus, dankend nahm ich ihm die Sachen ab. Jedoch standen wir uns hier gegenüber, schweigend, denn keiner wusste so recht, was er sagen sollte.

Mir war das alles mehr als nur unangenehm, die Kleidung war zu schön und ich würde sie bald wieder dreckig machen. „Das Bad ist fertig, komm doch bitte her!" Rief die Frau und ich folgte ihrer Stimme in das angrenzende Zimmer. Als ich dieses betrat, stand sie neben einer gefüllten Badewanne, in der war sogar Schaum. Aufgeregt stand ich davor und schaute sie an, „Wenn es okay für dich ist, würde ich hier drin bleiben und gleich dein Kleid einweichen." Nun saß ich in der warmen Badewanne, während sie meine Kleider in einer Schüssel einweichte. Sie hatte mir gesagt, dass sie Talea heißt und hier mit Jean und ihrem Mann wohnte. Also waren sie eine Familie, eine richtige Familie, mit Eltern, die einen liebten. Meine Schwärmereien wurden unterbrochen, als sie sich neben die Wanne kniete und vorsichtig meine Haare wusch. „Wie ist denn eigentlich dein Name?" Behutsam machte sie meine Haare nass und achtete dabei darauf, dass kein Wasser in meine Augen kam. „Philina Kirchner." Sagte ich knapp und schaute sie an, als ich meinen Kopf nach hinten legte und sie so anschaute. Mit ihrem Finger pikste sie mir in meine Wange, weshalb ich lachen musste. „Und woher kommst du, Philina, hast du denn keine Eltern mehr?" Nun wurde ich traurig und schloss meine Augen, „Ich habe Eltern, aber sie haben mich vor zwei Jahren in den Untergrund gebracht."

Eine lange Zeit sagte sie nichts, vielleicht dachte sie ja nach, was man mit mir am besten machen sollte. Erst als ich aus der Wanne heraus kam und sie mich in ein Handtuch wickelte, nahm sie mich in den Arm. „Jetzt wird alles wieder gut, kleines." Flüsterte sie mir in mein linkes Ohr und trocknete mich danach ab. Als ich mir ein Oberteil und eine kurze Hose angezogen hatte, kam ich aus dem Bad heraus. Die beiden saßen bereits am Tisch und redeten mit jemanden. Ein Mann kam in den Raum herein und setzte sich zu ihnen, Jean schaute zu seiner Mutter, die mich zu sich winkte. Schüchtern lief ich auf sie zu und stellte mich neben sie. Der Mann schaute, verwundert zu mir und dann zu den anderen beiden. „Das ist Philina, sie wird ab jetzt bei uns wohnen." Sagte sie ganz ruhig, erschrocken sahen wir sie beide an und danach uns. „Juhu, ich wollte schon immer eine Schwester haben!" Rief Jean und sprang von seinem Platz auf.

Der dunkelbraune Rock hängt bis heute noch in meinem Zimmer und wie an diesem Tag vor einigen Jahren wachte ich auch am heutigen Tag in Jeans Armen auf. So als wäre nichts von all dem passiert.

Like Moon and Sun - LevixOcWo Geschichten leben. Entdecke jetzt