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Heute Vormittag kam Erwin in den Palast und wurde direkt in den Kerker gebracht. Mein Glück war es, dass ich James hatte. Mit welchem ich bereits alles besprochen hatte und der mich begleiten würde. Er hatte mir den Umhang gegeben, den ich nun anhatte. Unauffällig folgte ich ihm, während wir so taten, als würde er mir etwas über den Bau des Schlosses erzählen. Hin und wieder stellte ich Fragen, wenn uns Wachen oder andere Bedienstete begegneten. Ohne besondere Vorkommnisse erreichten wir die Kerker, die ganz unten in den Kellergewölben lagen. Die Militärpolizisten, die hier Wache standen, schauten uns verwundert an. Doch sie ließen uns durch, ohne ein Wort zu sagen. 

Als wir hinter ihnen waren, fing James wieder an davon zu erzählen, wo für diese Zellen gebaut wurden. In dem Gang, in welchem sich Erwin befinden sollte, war derzeit keine Wache zu sehen. Unser Gespräch verstummte und ich schaute mich um. Sie hatten also wirklich Schichtwechsel, das kam mir eigentlich zugute. Ich schaute mich um, doch die meisten Zellen waren leer. Doch dort, in einer kleinen Zelle entdeckte ich den blondhaarigen Kommandanten. Es sah so falsch aus ihm hier drin zu sehen, wieso konnte ich ihn nicht einfach herausholen? „Erwin, wie geht es dir?" Fragte ich ihn, als ich mich an die Gitterstäbe stellte und zu ihm sah. Auf seinen Lippen lag ein schwaches Lächeln, sein allgemeines Erscheinungsbild wirkte erschöpft.

„Den Umständen entsprechende. Wie erging es dir die letzten Tage?" Antworte er mir und kam auf mich zu, so weit es ihm möglich war. Seufzend schaute ich ihm in die Augen, „Es ist sehr langweilig hier, ich bekomme ja kaum etwas von der außen Welt mit."

„Hat der Brief dich erreicht?" Wollte er wissen, weshalb ich nur knapp nickte? Ein Schlürfen ließ mich kurzzeitig aufhorchen. Doch ich konnte niemanden sehen. Also wandte ich mich wieder zu Erwin, „Ja hat er, aber was hat das zu bedeuten?"

„Sie wollen Eren und Christa ebenfalls gefangen nehmen." Erklärte er mir und flüsterte dabei beinahe, „Aber warum sie?"

„Weil sie die rechtmäßige Königin ist." Sie war die Königin also? Ob sie davon wusste, denn wenn ich mich zurückerinnerte, wirkte sie nie so. Aber es war ja klar, dass hier etwas nicht stimmen konnte. „Du hast sicherlich schon einen Plan, nicht wahr?" Harkte ich nach, was er mit einem kurzen Nicke bejahte, "Sie werden versuchen uns weiter in den Dreck zu ziehen. Warte du einfach ab, bis dir jemand weitere Informationen zukommen lässt."

„Natürlich Erwin, sag wie geht es den anderen?"

„Sie sind durcheinander und leben nun auf der Flucht. Mach dir aber keine Sorgen, es wird alles wieder gut werden." Gerade als ich etwas sagen wollte, wurde ich von James am Handgelenk gepackt, „Prinzessin, es ist auffällig, wenn wir noch länger hier bleiben." Besorgt schaute er in den Gang. Ich drehte mich noch ein mal zu Erwin, der mir zu nickte. „Na gut James. Erwin, wenn etwas ist, findest du einen Weg zu mir." Sagte ich als Letztes zu ihm und musste dann auch schon gehen. Mit der Kapuze tief im Gesicht folgte ich ihm den langen Gang entlang. Als wir gerade die letzte Treppenstufe nach oben erreicht hatten, kam uns einer der Pastoren entgegen. Argwöhnisch betrachtete er meinen Umhang, zum Glück fiel James eine gute Ausrede ein. „Die Prinzessin geht auf eine Fahrt mit der Kutsche. Wundern sie sich doch bitte nicht."

Entschuldigend nickte ich und folgte James wieder. Als wir außer Reichweite waren, seufzte er erleichtert, „Wo wollen sie hinfahren?" Fragte er nach, doch ich verstand nicht ganz. Meinte er das jetzt ernst? Sein wartender Blick verriet mir seine Ernsthaftigkeit. „Überrasch mich doch einfach, James!" Er bog in einen Gang hinein und ich folgte ihm hinaus zu den Ställen. Dort spannte er zwei Pferde vor eine der Kutschen und sagte noch einem der Hofjungen, dass wir nun aufbrechen würden. James saß bereits vorne bei den Pferden, als er mir seine Hand reichte. Diese ergriff ich sogleich und schaffte es, in die Kutsche einzusteigen. Mit den Zügeln in der Hand fuhren wir los und bahnten uns einen Weg aus dem Schloss und dem Stadtkern heraus. Wo er mich wohl hinbringen würde?

Während der Fahrt schaute ich mir die Gebäude und Menschen genauer an. Sie sahen so vornehm aus und eingebildet. Wenn ich darüber nachdachte, dass ich auch so geworden wäre, überkam mich ein eisiger Schauer. Die Prioritäten dieser Burger sollte woanders liegen, und nicht bei ihrem eigenen Wohlstand. Doch was könnte ich schon daran ändern, ich war nichts anderes als eine falsche Prinzessin.

„Ihr seht so niedergeschlagen aus." Merkte James an, als er mich von der Seite aus musterte, seufzend lehnte ich mich gegen seinen Arm. „Die Welt ist einfach ungerecht." Entgegnete ich ihm und schloss meine Augen. Der kühle Abendwind strich meine Haut ganz sanft, er war wohl dennoch etwas zu doll, denn meine Kapuze rutschte herunter. Schnell setzte ich diese wieder auf, doch es war zu spät, ein kleines Mädchen erkannte mich. Sie zeigte mit ihrem Finger auf mich und rief laut und hastig, „Die Prinzessin Mama sieh doch. Die echte Prinzessin!!"

Es drehten sich nun auch einige andere um, die hier waren und schauten mich an. Peinlich berührt versteckte ich mein Gesicht hinter meiner Hand. Mich sollte doch keiner sehen, so etwas gehörte sich nicht für ein Mitglied der Königsfamilie. Aber vielleicht wird es nicht die große Runde machen und bei der Geschwindigkeit, die James jetzt einlegte, würde ihr das keiner glauben. Das hoffe ich zumindest, denn ansonsten könnte ich mir heute Abend etwas anhören.

Wir fuhren geschwind vom Marktplatz, bis wir an einer ruhigeren und ländlicheren Stelle ankamen. Hier gab es sogar kleine Häuser, es erinnerte mich so sehr an meine Heimat. Überglücklich stand ich auf und schaute mich um, James nickte mir freundlich zu. „Ich habe daran gedacht, wie gerne sie Menschen helfen. Und die Vorratskammer des Schlosses musste definitiv entrümpelt werden."

Fassungslos schaute ich ihn an und folgte seiner Handbewegung. Er zog die Plane der Ladefläche hinter uns ab, vor mir offenbarten sich Körbe. Körbe gefüllt mit jeglicher Art an Nahrung von Wurst bis Käse, Gemüse bis Obst, alles war hier zu finden. „Dann lass uns beginnen." Ich nahm zwei der Körbe und klopfte an der ersten Tür. Diese wurde mit einem knarrenden Geräusch geöffnet, ein kleiner abgemagerter Junge schaute mich mit großen Augen an. Vorsichtig holte ich etwas Käse heraus und reichte es ihm, zaghaft nahm er den kleinen Laib an sich. Er nahm es tatsächlich an und auch seine Eltern schauten uns nun eindringlich an. Mit der Zeit wurden alle Bewohner des Dorfes zutraulicher und freuten sich riesig über die Spenden.

Like Moon and Sun - LevixOcWo Geschichten leben. Entdecke jetzt