22 - Sunhaven von oben

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Bevor ich mich am späten Nachmittag mit Landon treffe, telefoniere ich mit Franny, um sie auf den neusten Stand der Dinge zu bringen. Ehrlich gesagt fehlt mir meine beste Freundin gerade total, denn ihre Ratschläge sind immer sehr wertvoll und wichtig für mich.

„Ach, Milli", seufzt Franny, nachdem ich ihr von meinem Gefühlschaos erzählt habe. „Steigere dich da bitte nicht so rein, okay? Du musst mutig sein und Landon auf die Entfernung zwischen Sunhaven und England ansprechen. Es bringt nichts, dieses Gespräch immer weiter aufzuschieben."

Dieses Mal bin ich diejenige, die seufzt. Natürlich weiß ich, dass meine beste Freundin Recht hat, aber ich habe einfach Angst davor, die Traumblase, in der sich Landon und ich derzeit befinden, zu zerstören.

Landon ist mehr als nur ein Urlaubsflirt für mich. Ich möchte ihn noch besser kennenlernen und dann eine Beziehung mit ihm eingehen. Einen Menschen wie ihn, der das Herz auf der Zunge trägt, habe ich noch nie zuvor getroffen.

Es wäre dumm von mir, ihn gehen zu lassen.

Doch was ist, wenn Landon andere Pläne für die Zukunft hat? Auch wenn ich ihn nicht so einschätzen würde, dass er mich wie eine heiße Kartoffel fallenlässt, gibt es keine Garantie für ein Happy End.

„Ich habe Angst, Franny", gestehe ich ehrlich. Obwohl ich es nicht möchte, bilden sich erste Tränen hinter meinen Lidern, die sich wenig später einen Weg an die Freiheit erkämpfen.

Scheiße! Das ist also dieser blöde Herzschmerz, von dem immer alle Menschen reden ...

„Es ist okay, Angst zu haben, Milli", versucht mich meine beste Freundin zu beruhigen. Dass sie mich währenddessen nicht im Arm halten kann, macht die ganze Situation nur noch schlimmer. „Landon ist dir wichtig und du möchtest ihn nicht verlieren. Trotzdem musst du über deinen Schatten springen und das Thema Zukunft ansprechen. Du bist nicht mehr lange in Sunhaven, also nutz die restliche Zeit, um mit Landon abzuklären, wie es nach deinem Urlaub mit euch weitergehen soll."

Eisige Ketten aus Stahl legen sich um meinen Hals und schnüren mir die Luft zum Atmen ab.

Jahrelang habe ich mir gewünscht, endlich einen Mann zu treffen, der mich nicht auf mein Äußeres reduziert, sondern meine innere Schönheit erkennt. Warum zum Teufel muss dieser besondere Mensch ausgerechnet mehrere tausend Kilometer entfernt von mir leben? Das ist nicht fair!

Ich habe nicht genug Geld, um Landon regelmäßig zu besuchen. Genauso wenig kann ich von ihm verlangen, jeden Monat ins Flugzeug zu steigen und zu mir nach England zu fliegen.

Wir sind zum Scheitern verurteilt; so viel steht fest.

„Maila?" Frannys Stimme klingt ernst und jagt mir eine Gänsehaut über das Rückgrat. „Hör auf, dir immer alles kaputtzudenken! Entweder du sprichst selbst mit Landon oder ich rufe ihn in seiner Tauchschule an und regele das für dich. Aber glaub mir: Das wird verdammt unangenehm!"

Statt mir die Chance zu geben, etwas auf ihre Drohung zu erwidern, fügt Franny hinzu: „So, ich muss jetzt auch leider auflegen. Abendessen und so ..." Schneller als ich „Warte!" schreien kann, beendet meine Freundin den Anruf und lässt mich mit meinen Gefühlswirbelstürmen allein zurück.

Na toll. Was soll ich denn jetzt machen?

Vor lauter Frustration würde ich am liebsten das Treffen mit Landon absagen, doch die Worte von Siqi Chen halten mich im letzten Moment davon ab.

Life is short. Do stuff that matters.

Trotz der Gefühlsachterbahn in meinem Herzen sollte ich die übrige Zeit mit Landon in vollen Zügen auskosten. Wer weiß, wann wir uns das nächste Mal sehen werden – falls es überhaupt ein nächstes Mal nach Sunhaven geben wird.

Meersalzküsse im GepäckWo Geschichten leben. Entdecke jetzt