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„Nun komm endlich, Avessa! Salazar, wie lange kann ein Mädchen brauchen?"

Avessa funkelte ihren Bruder Elijah böse an. „Ich bin ja schon da. Merlin nochmal, du wirst schon nicht zu spät kommen!", fauchte sie und zog sich den Mantel enger. Ihr Vater trat zwischen sie und seufzte.

„Werdet doch bitte endlich erwachsen, ihr beiden. Immer müsst ihr euch zanken." Avessa sah, wie ihr ältester Bruder Alaric gewichtig dazu nickte und presste die Lippen aufeinander. Es war erst vierundzwanzig Stunden her, dass Alaric sie angemotzt hatte, weil sie das Hauptbadezimmer mit der Wanne so groß wie die im Vertrauensschülerbad zu lange besetzt hatte.

Wie er gemault hatte...wirklich. Sehr erwachsen. Als er ihren Blick auffing, lächelte Alaric kalt und lüpfte eine Augenbraue, als wolle er sie herausfordern, etwas zu sagen. Natürlich tat Avessa es nicht. Ihr Vater war genervt genug und jedes weitere Wort ihrerseits würde seinen Eindruck, sie sei kindisch, nur erhärten.

Etwas, das Alaric natürlich genau wusste. Elijah ging zum Kamin und sah ungeduldig zu ihnen zurück. „Es ist doch auch in deinem Interesse, dass wir rechtzeitig da sind, oder nicht, Vater?", fragte er und ihr Vater schmunzelte. „Natürlich, Eli, natürlich. Nur habe ich das Gefühl, Avessa könnte recht haben, dass du dem Spiel am meisten entgegenfieberst."

Er lächelte seinen Sohn gutmütig an und zwinkerte Avessa zu, die amüsiert die Augenbrauen hochzog und kichern musste. Sie spürte, dass ihr Vater leicht aufgeregt war und sich freute und wie immer erfassten sie direkt dieselben Gefühle. Sie hatte schon immer sehr stark auf die Empfindungen ihres Vaters reagiert und es schien sich nicht zu ändern, egal, wie alt sie wurde.

Aber auch Elijah ließ sich anstecken und grinste breit, zuckte mit den Schultern. „Davon gehe ich aus, ja. Ich bin hier schließlich auch der einzige Quidditchspieler in der Familie." Er reckte stolz das Kinn und sein Vater öffnete die kleine silberne Dose, in der das Flohpulver aufbewahrt wurde. Es war sehr fein und frei von jeglichen Nebenprodukten wie Ruß oder Schwefel, sodass man immer sauber am anderen Ende ankam.

Eine Tatsache, die Avessa sehr zu schätzen wusste, da sie noch nicht außerhalb der Schule zaubern durfte und daher auf die Hilfe ihrer Brüder oder ihres Vaters angewiesen wäre, sie zu säubern, wie ein kleines Kind. So aber nahm sie eine Prise, stellte sich, wie vom Vater angewiesen als erste in die Flammen und ließ das Pulver fallen.

„Malfoy Manor."

Sie trat am richtigen Kamin in den Salon und sah sich um. Lucius Malfoy, der Jugendfreund ihres Vaters, und sein Sohn Draco warteten offensichtlich bereits auf sie und Draco schien mindestens ebenso ungeduldig zu sein wie ihr Bruder Elijah. Ihr Vater und Mister Malfoy hatten vereinbart, gemeinsam zu reisen und so sah sie bereits die in dieser Umgebung völlig unpassend erscheinende zerbeulte Zinnkanne auf einem Tischchen in der Nähe stehen.

Wie ein Fremdkörper aus einer anderen Welt, war das Manor ebenso, wie das der Carrows, edel und schon fast prunkvoll eingerichtet. Nur das Beste... Sie unterdrückte ein Schmunzeln und machte einen Knicks vor dem Vater ihres Mitschülers, ihm die Hand reichend. „Mister Malfoy", sagte sie respektvoll und lächelte erst ihm, dann Draco zu. „Draco."

Der jüngere Malfoy nickte nur knapp, auch wenn sie das Gefühl hatte, er wäre zumindest nicht vollkommen unerfreut, sie zu sehen, während sich auf den Lippen des Älteren ein charmantes Lächeln bildete, welches die eher abweisende Miene des Reinblüters aufblühen ließ. Hitze stieg wie so oft in Avessas Wangen, als Lucius Malfoy ihre Finger einen Moment länger hielt und einen angedeuteten Kuss auf die Spitzen hauchte.

„Avessa, Liebes...du wirst immer bezaubernder." Draco verdrehte die Augen, was Avessa fast etwas hysterisch kichern ließ und dennoch spürte sie es vor Aufregung in ihrem Magen kribbeln. Schnell zog sie ihre Hand zurück und trat zur Seite, als die grünen Flammen aufloderten und ihren Bruder Elijah entließen.

Auch er begrüßte die beiden Malfoys und wurde schnell von Draco in ein Gespräch über die Weltmeisterschaft verwickelt. Eli und Draco spielten beide in der Hausmannschaft ihres Hauses in Hogwarts – Slytherin. Avessa war die Einzige aus ihrer Familie, die im Hause Gryffindors gelandet war und anfangs hatte sie sich vollends dagegen gesperrt.

Doch da auch ihr Vater akzeptiert hatte, dass sie keine Schlange geworden war und natürlich, weil sie echte Freunde bei den Löwen gefunden hatte, hatte sie sich letztlich mit ihrem Schicksal abgefunden. Alaric kam als nächstes und erwachsen wie er war, sprach er natürlich mit dem Freund ihres Vaters und nicht mit den anderen Jungs oder, Merlin bewahre, mit ihr. Avessa sah sich stirnrunzelnd um. „Verzeihen Sie, Mister Malfoy", sagte sie mit zurückhaltender Stimme, wie es sich für eine junge Dame der reinblütigen Gesellschaft gehörte. Dieser sah lächelnd zu ihr, die grauen Augen funkelnd auf sie gelegt, was sie wieder ein wenig nervös machte.

Dass Alaric sie verärgert ansah, da sie ihn augenscheinlich unterbrochen hatte, machte die Nervosität nicht besser, doch versuchte sie, ihn zu ignorieren. „Du weißt doch, dass du mich Lucius nennen sollst, Kleines", kam es mit seidiger Stimme vom Hausherrn und Alaric sah nun stirnrunzelnd von ihm zu Avessa.

Diese errötete und schlug kurz die Augen nieder. Doch bevor sie antworten konnte, flammte das Feuer erneut auf und Aaron Carrow, das Oberhaupt der kleinen Familie erschien. „Entschuldigt. Eine Eule kam dazwischen", sagte er mit seiner tiefen und immer leicht rauen Stimme, die Avessa so liebte und umarmte seinen Freund. „Lucius. Es tut gut, dich zu sehen", sagte er und Lucius nickte.

Avessa sah von einem zum anderen und musste zugeben, dass die beiden ein echter Blickfang waren. Für ihr Alter sahen sie wirklich noch gut aus. Sie waren beide groß, strahlten eine starke Selbstsicherheit aus, trugen feinste Kleidung und dies mit einer Selbstverständlichkeit, die zeigte, dass sie an edle Dinge gewöhnt waren.

Ein stolzes Lächeln voller Zuneigung legte sich auf Avessas Lippen, war ihr Vater für sie dennoch einfach die eindrucksvollere Erscheinung. Dann bemerkte sie, dass sie alle ansahen und blinzelte irritiert. Hatte sie eine Frage verpasst?

Lucius lachte leise. „Ich hatte dich nur gefragt, was du denn nun hattest wissen wollen", schmunzelte er und strahlte eine ebensolche Gelöstheit aus, wie auch ihr Vater. Auch, wenn sie meinte, dass tief darunter eine gewisse Anspannung lauerte. Wahrscheinlich freuten sich die beiden einfach auf die Weltmeisterschaft. Auch, wenn sie so taten, als seien sie nur noch einflussreiche Geschäftsmänner, so wusste Avessa, dass ihr Vater zumindest insgeheim immer noch gern mal ein Spiel ansah.

Und bei Lucius war es sicher genauso. Sie räusperte sich. „Entschuldigen Sie. Ich fragte mich nur, wo Narzissa ist. Wird sie uns nicht begleiten?" Lucius lächelte. „Doch, nur wird sie nicht so früh hinporten wie wir. Draco wollte sich unbedingt im Lager umsehen und ich nehme an, auch deine Brüder wollen etwas mehr als nur das Spiel sehen."

Avessa biss sich von innen auf die Innenseite ihrer Unterlippe und sah kurz etwas versteinert zu ihrem Vater. Sie hätte die Möglichkeit gehabt, erst später zur Weltmeisterschaft zu porten? Ihr Vater lachte bei ihrem Blick auf. „Nun sieh mich nicht so an, Vessa", brummte er. „Du wirst mir noch danken, dass du jetzt mitkommst. Auch, wenn ich es nicht als die angemessenste Umgebung für ein Mädchen deines Standes empfinde..."

Lucius unterbrach ihn. „Oh, bitte, Aaron. Seit wann bist du so spießig geworden? Deine Tochter ist vierzehn. Draco nimmt sie sicher gern mit und passt auf, dass sie sich nicht verläuft, oder ihr etwas passiert, okay? Die beiden werden schon ihren Spaß haben."

Avessa klappte der Unterkiefer auf und sie sah, wie Draco ein Lachen unterdrücken musste bei dem Anblick und auch ihr Vater grinste Lucius breit an. „Das würde ich sehr schnell umformulieren, Lucius, meine Tochter hat zurzeit nicht das ruhigste Gemüt." Die Lockerheit, mit der ihr Vater das sagte, erstaunte Avessa, sodass sie ihren Ärger fast vergaß.

Doch auf den unschuldig fragenden Blick des Hausherrn reckte sie ihr Kinn. „Ich denke, mein Vater spielt darauf an, dass ich der Meinung sein werde, mich sehr gut um mich selbst kümmern zu können und ganz sicher verlaufe ich mich nicht einfach." Dann lächelte sie etwas bissig aber ebenso liebevoll zu ihrem Vater. „Nicht, dass er selbst nicht ganz genau dasselbe denken und mich nie allein dort rumlaufen lassen würde", seufzte sie und sah ihn dann mit schräg gelegtem Kopf listig an. „Gar kein Vertrauen in deine Erziehung?", neckte sie und die beiden Männer lachten.

Ihr Vater legte eine Hand auf ihre Schulter und drehte sie zu der Zinnkanne. „Oh, zu der sehr wohl, Liebes, aber nicht zu all den Männern und Jungs, die dort, aufgeheizt und wahrscheinlich voller Feuerwhisky feiern. Jungs, kommt her, es geht los. Auf ins Dartmoor!"

𝒜𝒞 - Im Zeichen der SchlangeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt