Bob stöhnte. Das heftige Pochen seines Schädels hatte ihn aufgeweckt und seine Augenlider waren schwer wie Blei. Er blinzelte ein paar Mal mühsam ehe er die Augen öffnete. Mit dem linken Arm wollte er nach seiner Brille tasten, doch jede Bewegung bereitete ihm Schmerzen. Kraftlos ließ er seinen Arm auf halber Strecke wieder auf die Matratze sinken. Dann bemerkte er plötzlich, wie heiß ihm war. Sein Gesicht glühte und seine Haare klebten ihm feucht auf der Stirn. Das T-Shirt, das er zum Schlafen trug, war schweißnass. Ein beklemmendes Gefühl überkam ihn und er wünschte sich, aufstehen und unter die Dusche gehen zu können.
Der dritte Detektiv fluchte innerlich. Die drei Fragezeichen hatten sich auf der Suche nach einem neuen Fall mal wieder von ihrer Neugier verleiten lassen und in Dinge eingemischt, die sie nichts angingen. Während der Beschattung eines Verdächtigen waren sie unvorsichtig gewesen und aufgeflogen. Auf der darauffolgenden Flucht hatten sie eine Abkürzung durch ein kleines Waldstück genommen, wo Bob mit dem Fuß an einer Wurzel hängengeblieben und gestolpert war. Er hatte sein Gleichgewicht verloren und war einen kurzen Abhang hinuntergerutscht, der geradewegs in einem kleinen Flusslauf endete. Neben einigen Kratzern hatte er sich dabei nicht nur den Knöchel verstaucht, sondern auch den Kopf angeschlagen. Welch eine Überraschung.
Doch damit nicht genug. Erst das Flussbett hatte seine Rutschpartie beendet. Als Justus und Peter ihm zu Hilfe eilten, war seine Kleidung bereits komplett durchnässt. Gemeinsam hatten sie ihn den Abhang hinaufgezogen und geschoben und dabei allesamt lauthals geflucht. Bob vor Schmerzen, seine beiden Freunde vor Anstrengung. Dann hatten sich Justus und Peter je einen von Bobs Armen um die Schultern gelegt und ihren humpelnden Freund aus dem Wald geführt. Als sie bei ihren Fahrrädern angekommen waren, hatten sie ernüchternd feststellen müssen, dass Bob mit seinem schmerzenden Knöchel unmöglich bis nach Hause fahren konnte. Warum hatten sie auch ausgerechnet heute die Fahrräder nehmen müssen?
Nach kurzer Überlegung hatte Justus vorgeschlagen, dass Peter, als der Sportlichste unter den Dreien, allein nach Hause radeln und dann mit seinem MG wiederkommen sollte. Justus und Bob hatten währenddessen am Straßenrand gewartet, Bobs Kleidung immer noch triefend vor Nässe und obendrein völlig verdreckt. Zu allem Überfluss war dann auch noch die Sonne hinter einer dicken Wolkendecke verschwunden und ein frischer Wind aufgezogen. Peter hatte selbst in seiner Eile daran gedacht, ein Handtuch und frische Klamotten einzupacken, doch als er bei seinen beiden Detektivkollegen vorgefahren war, saß der arme Bob mit klappernden Zähnen und wie ein Häufchen Elend auf dem Boden. Ein hilfloser Justus saß neben ihm und tätschelte seine Schulter. Bei diesem Anblick war Peter zunächst in Gelächter ausgebrochen, bis der dritte Detektiv ihn mit einem giftigen Blick zum Schweigen gebracht hatte. Bob hatte die saubere und vor allem trockene Kleidung anschließend zwar dankend angenommen und sich mit Hilfe seiner Kollegen umständlich von den nassen Sachen befreit, doch wie er noch am selben Abend feststellen musste, war der Schaden bereits angerichtet.
Das hatte er also nun davon. Eine ordentliche Beule am Kopf, einen dick geschwollenen Knöchel und eine saftige Erkältung mit hohem Fieber und lähmenden Gliederschmerzen. Kurzum, er war vollkommen außer Gefecht gesetzt. Vorsichtig drehte er den Kopf und schaute auf seinen Radiowecker. Die grell-orange leuchtenden Ziffern konnte er auch ohne Brille lesen. Es war 15:36 Uhr. Er hatte mehr oder weniger den ganzen Tag geschlafen. Seine Mutter hatte ihn heute Morgen in der Schule krankgemeldet und mit ihrer Chefin vereinbart, dass sie von zuhause arbeiten würde. Alleine lassen wollte sie ihren Sohn in diesem Zustand nicht. Mrs. Andrews hatte außerdem den Arzt angerufen und für einen Hausbesuch einbestellt. Dieser hatte Bob strikte Bettruhe und Tabletten gegen die Schmerzen und das Fieber verschrieben. Bisher ließ die Wirkung der Tabletten jedoch auf sich warten.
Bob versuchte zu sprechen. Und zuckte unverzüglich zusammen. Sein Hals war ausgetrocknet und fühlte sich wie Schleifpapier an. Er brauchte Wasser. Noch einmal versuchte er, nach seiner Mutter zu rufen. „Mom", krächzte er heiser. Er bezweifelte, dass sie ihn so hören konnte. Er lauschte angestrengt, doch im Flur tat sich nichts. Mist, dachte er. Stöhnend drehte er sich auf die Seite. Er hatte es nicht für möglich gehalten, doch seine Kopfschmerzen wurden dadurch umgehend noch schlimmer. Wo war denn bloß sein Smartphone? Er schloss die Augen und versuchte zu atmen. Ein und aus. Ein und aus. Das Pochen hinter seiner Stirn wurde dadurch zwar nicht weniger, aber für den Moment wurde es auch nicht stärker. Vorsichtig öffnete er die Augen wieder. Obwohl sein Zimmer durch die blauen Vorhänge abgedunkelt war, fühlte er sich durch das schwach durchschimmernde Tageslicht geblendet. Die Luft in seinem Zimmer war stickig und verbraucht. Kein Wunder, dass seine Kopfschmerzen nicht besser wurden. Er litt vermutlich an akutem Sauerstoffmangel.
Er tastete nach seinem Smartphone und hatte Glück. Es lag neben seinem Kopfkissen. Ohne seinen Kopf zu bewegen schob er es in sein Sichtfeld und entsperrte das Display. Dann öffnete er die Anrufliste und tippte auf die Nummer seiner Mutter. Im nächsten Moment konnte er die Klingelmelodie ihres Smartphones leise aus dem Arbeitszimmer im Erdgeschoss hören. Der Anruf endete abrupt. Seine Mutter schien ihn verstanden zu haben. Wenig später öffnete sie die Zimmertür.
„Hallo Liebling, wie geht es dir? Brauchst du etwas?" Sie setzte sich vorsichtig auf die Bettkante und fühlte Bobs Stirn. „Oh je, du bist ja immer noch am Glühen. Helfen die Tabletten nicht?"
Bob schüttelte kaum merklich den Kopf. „Wasser", flüsterte er.
„Ja, natürlich. Sofort. Ich bin gleich wieder da."
Es dauerte nicht lange bis Mrs. Andrews wieder ins Zimmer kam. Sie hatte ein Glas Wasser mit einem Strohhalm in der einen und einen Waschlappen in der anderen Hand.
„Kannst du dich aufsetzen?", fragte sie.
Nur unter größter Anstrengung gelang es Bob, sich in eine aufrechtere Position zu bringen. Seine Mutter zupfte das Kopfkissen in seinem Rücken zurecht und hielt ihm schließlich das Glas hin. Bob sog am Strohhalm und spürte, wie das kühle Wasser durch seinen Hals und die Speiseröhre lief. Das tat gut.
„Besser?", fragte seine Mutter. Sie sah ihn mitleidig an.
„Besser", antwortete Bob. Seine Stimme klang etwas weniger heiser und es tat auch nicht mehr so weh.
„Vielleicht solltest du noch eine Tablette nehmen. Wenn das Fieber morgen nicht besser ist, rufe ich nochmal bei Dr. Whickmore an. Da hast du dir ja ganz schön was eingefangen."
Sie runzelte leicht die Stirn. Bob wusste, dass sie ihn eigentlich gerne tadeln wollte, aufgrund seines erbärmlichen Zustands jedoch davon absah. Er nickte nur schwach. Diese Erkältung war Strafe genug.
Nachdem er etwas umständlich mit Hilfe des Strohhalms die Tablette geschluckt hatte, ließ er sich tief in sein Kissen sinken. Seine Mutter legte ihm den nassen Waschlappen auf die Stirn. Dann stand sie auf und öffnete das Fenster.
„Kann ich dir noch irgendetwas Gutes tun, Liebling? Hast du Hunger?"
„Nein. Danke, Mom. Ich glaube, ich will einfach nur schlafen."
„Alles klar. Wenn etwas ist, klingle einfach wieder durch. Ich bin unten im Arbeitszimmer. Wenn Dad nach Hause kommt, mache ich Abendessen. Vielleicht geht es dir bis dahin schon besser. Irgendetwas solltest du heute noch in den Magen bekommen."
„Ok."
Mehr brachte Bob nicht hervor. Er war plötzlich unglaublich müde und seine Augen waren schon halb geschlossen. Er bekam gerade noch mit, wie seine Mutter sachte die Zimmertür schloss, bevor er in einen unruhigen Schlaf driftete.
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Die drei ??? - verque(e)re Welt (PeterxBob)
FanfictionAls Bob eines Tages erwacht, scheint plötzlich alles anders: die drei Fragezeichen stecken in einem undurchsichtigen Fall, an den er sich nicht erinnert, und er führt eine Beziehung, von der er ebenfalls nichts weiß. Mit einem Jungen. Genau genommen...