Teil 2
Peter hätte es nicht für möglich gehalten, aber Bob sah plötzlich noch blasser aus als zuvor. Kreidebleich starrte er auf das umgedrehte Smartphone in seinen Händen, von dem er panisch die Hülle abgezogen hatte, und rührte sich nicht. Bobs Reaktion schien nicht nur Peter zu verunsichern.
„Liebling?", flüsterte Mrs. Andrews auf der gegenüberliegenden Seite des Bettes und brach damit als Erste das unangenehme Schweigen, das sich in dem kleinen Krankenzimmer ausgebreitet hatte. „Ich weiß, dass das-"
„Nein." Bob hob den Kopf und schaute seine Mutter an. „Nein", wiederholte er und schüttelte vehement den Kopf. Der Reihe nach wanderte sein Blick erst zu seinem Vater, dann zu Justus, bevor seine glänzenden Augen schließlich bei Peter landeten. Der Anblick brach Peter das Herz.
„Bob...", setzte er vorsichtig an und streckte erneut die Hand nach seinem Freund aus. Er wollte ihn in den Arm nehmen, an sich drücken, sich selbst vergewissern, dass es wirklich Bob war, dass er lebte. Wie oft hatte er von diesem Moment geträumt, sich ihr Wiedersehen ausgemalt.
Doch keine seiner Vorstellungen hatte so ausgesehen, wie das, was sich vor ihm abspielte. Die Tränen in Bobs Augen waren keine Freudentränen. Im Gegenteil - sein Gesichtsausdruck sagte alles andere als Freude. Er wirkte ... schockiert? Entsetzt? Verzweifelt?
„Nein. D-das hier ist nicht echt, d-das ist ein ... ein Traum", stotterte Bob, seine Stimme zunehmend aufgebrachter. Er schien Peter gar nicht richtig wahrzunehmen. Seine Unterlippe bebte und seine Nase zog sich kraus, bei dem kläglichen Versuch, seine Tränen zurückzuhalten. Er ließ das Smartphone fallen und presste seine Hände gegen die Schläfen, während er die Augen zukniff. „Ein g-ganz dummer, blöder Traum."
Hilfesuchend schaute Peter erst zu Justus, dann zu Mr. Andrews, die die Szene weiterhin stillschweigend beobachteten. Was war mit Bob? Wovon redete er? Hatte das Koma doch bleibende Schäden hinterlassen? Peter spürte, wie Panik in ihm aufkeimte und ihm die Brust zusammenschnürte.
„Aufwachen, Bob, du musst aufwachen", murmelte Bob nun zu sich selbst. Er hatte die Augen immer noch geschlossen und die Hände in seinen Haaren zu Fäusten geballt.
Peter atmete tief ein und kramte in seinem Gedächtnis. Die Ärzt:innen hatten ihnen gesagt, dass Menschen, die aus dem Koma erwachten, alle möglichen Reaktionen zeigen konnten. Verwirrung, Halluzinationen, Angst. Also war Bobs Zustand vielleicht völlig normal. Trotzdem fühlte Peter sich maßlos überfordert.
„Sollten wir...sollten wir jemanden rufen?", flüsterte er an Bobs Eltern gewandt, welche nicht weniger überfragt schienen. Bobs Mutter starrte ihren Sohn lediglich an, vermutlich war sie in eine Art Schockstarre gefallen. Und sein Vater hatte noch immer kein Wort gesagt. Auch er schien sich das Wiedersehen anders vorgestellt zu haben.
„Ich gehe jemanden holen", antwortete Justus und verschwand ohne zu zögern aus dem Zimmer. Mr. Andrews nickte nur geistesabwesend. So hilflos hatte Peter Bobs Eltern noch nie erlebt. Auch nicht, als Bob ins Krankenhaus gekommen war. Bei der Erinnerung drehte sich Peters Magen um und ihm wurde schlecht. Er murmelte eine Entschuldigung und folgte Justus hastig aus dem Zimmer.
Auf dem Flur der Intensivstation herrschte reger Betrieb. Von überall kamen fremde Geräusche, die sich mit den Stimmen der Krankenpflegekräfte mischten und Peters Kopf zum Schwirren brachten. Justus war nirgendwo zu sehen. Stattdessen kam aus einem der benachbarten Zimmer plötzlich ein lautes, unangenehmes Piepen.
„Aus dem Weg!", schrie keine fünf Sekunden später jemand hinter Peter, der mitten auf dem Gang stehen geblieben war, und drängte ihn unsanft zur Seite. Eine Gruppe von drei oder vier Pflegekräften stürmte an ihm vorbei und verschwand in dem Zimmer, aus dem das Piepen kam.
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Die drei ??? - verque(e)re Welt (PeterxBob)
FanfictionAls Bob eines Tages erwacht, scheint plötzlich alles anders: die drei Fragezeichen stecken in einem undurchsichtigen Fall, an den er sich nicht erinnert, und er führt eine Beziehung, von der er ebenfalls nichts weiß. Mit einem Jungen. Genau genommen...