Schmerzende Erinnerungen

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Lilly :

Wir saßen in einem der zahlreichen Räume des Palace of Westminster. Überall um uns herum standen Polizisten, einer von ihnen war Greg. Ich war mir sicher, dass Sherlock das Glück war. Und dieser Mann, der die Nachricht geschickt hatte, musste Moriarty sein. Er war wirklich ein Verrückter. Ich lehnte mich an Mums Schulter und schlief ein.

Ich saß neben Hamish auf der Couch in der Northumberlandstreet. "Warum habe ich bloß so viele Schwachstellen? So vieles, was so peinlich ist?", fragte ich ihn. "Jeder Mensch hat Schwachstellen. Das macht uns ja menschlich. Die Frage ist nur, wie man mit ihnen umgeht", erwiderte er.
"Aber du hast keine. Dein Dad auch nicht." Jetzt lachte er. "Natürlich habe ich Schwachstellen." " Ach ja? Zum Beispiel?" " Naja, ich habe etwas Höhenangst", gestand er. "Oh. Und dein Dad?" "Da wird es wirklich interessant. Ich habe keine Ahnung. Er ist noch nie vor etwas zurückgeschreckt, um seine Familie zu beschützen. Er ist ein Held."
"Wegen Moriarty?" "Nicht nur. Er rettet andauernd Menschen. Nicht nur, weil Jim ihn dazu veranlasst, sondern, weil er... keine Ahnung. Er tut das schon, seit ich denken kann. Aber meine Eltern verschweigen mir alles über ihre Vergangenheit. Ich weiß gar nicht, wo sie wirklich herkommen oder ob ich noch irgendwelche anderen Verwandten habe."
"Ich weiß auch ziemlich wenig. Dad meint , er wäre nach London gekommen, hätte Mum kennengelernt und zwei Jahre später geheiratet. Als ich ihn fragte, wo er gewohnt hatte, bevor er Mum getroffen hatte und wer sein Trauzeuge war, wechselte er schnell das Thema."
Wir seufzten und ich lehnte mich an seine Schulter.

"Hey, Lilly wach auf!" Ich öffnete die Augen. Vor mir stand ein großer Mann mit dunklen Haare, blauen Augen und einem Regenschirm in der Hand. Ich sah mich um. Neben mir saß niemand mehr. "Lilly, das ist Mycroft Holmes", erklärte Dad, der hinter ihm stand. "Er ...ähm... wir kennen uns von früher."
Ich starrte ihn geschockt an. Holmes?!
Ich räusperte mich. "Ähm, haben Sie Geschwister, Mr. Holmes?"
Nun war es Mycroft, der überrascht war. "Nein. Wie kommst du darauf?", stotterte er. "Ah, keine Ahnung. Ich dachte nur, dass ich Ihren Nachnamen schon einmal gehört hätte." Er runzelte die Stirn.
"Ihr werdet vorerst in der 221b Backerstreet wohnen, bis mit euerem Haus wieder in Ordnung ist."
Zuerst sah Dad ihn mit einem ungläubigen Blick an, aber dann ging er ohne ein weiteres Wort zurück zu Mum. Auch Mycroft verließ wieder den Raum.
Mir war klar, dass er gelogen hatte. Er hatte tausendprozentig Geschwister.
Warum wollte keiner mir sagen, woher sie sich wirklich kannten?
War er vielleicht Sherlocks... ah nein.
Nun dachte ich an meinen Traum zurück. Es war eigentlich eine Erinnerung gewesen. Hamish hatte das alles wirklich zu mir gesagt.
Ob ich noch mehr solcher Träume haben würde?
Hatte ich sie deswegen, weil ich Hamish und die anderen vermisste?
Als wir die 221b Backerstreet betraten, stockte mir der Atem. Alles sah exakt so aus, wie in der
22 Northumberlandstreet.
"Alles in Ordnung?", fragte Dad, an dessen Gesicht ich tiefe Trauer erkennen konnte.
Kannte er jemanden, der früher hier gelebt hatte?
"Ja, alles klar." "Tut mir leid, John. Mrs. Hudson hat es vor ihrem Tod nicht an jemand anderen vermietet", sprach Mycroft Holmes und setzte sich in den mir gut bekannten Sessel.
Da hatte Sherlock immer gesessen.

John:

Wieder in der Backerstreet. So viele Erinnerungen. Gute und schlechte. Mir ging schon seit einer Woche so vieles durch den Kopf.
Ich hatte dauernd von Sherlocks zweitem Tod geträumt...

"Ist James Moriarty zurück? Das ist die Frage, die sich ganz England stellt..." Genervt schaltete ich den Fernseher aus. Überall lief nur noch das in den Medien. Sherlock hatte sich seit dem Mord an Magnussen sehr verändert. Er war ruhiger geworden, irgendwie müder. Er wusste, dass Mycroft ihn nicht mehr aus den Augen ließ. Eines Tages, das Geschehen war drei Monate her, kam er zu Besuch. Sherlock meinte zu mir, ich sollte lieber das Zimmer verlassen. Ich gehorchte und betrat den Flur. Jetzt brüllten die Brüder einander an. Ich konnte einige Gesprächsfetzen wie 'Du blöder Mistkerl' und 'Wie konntest du nur?' aufschnappen. Worum ging es da bloß? Einige Minuten später verließ Mycroft mit einer roten Backe die Backerstreet. Sherlock hatte ihm ins Gesicht geschlagen. Oh Gott. Ich kam zu ihm, aber er wollte nicht darüber reden. Eine Woche später konnte niemand Sherlock mehr finden. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Wir suchten überall und schließlich fanden Greg und ich ihn auf der Londoner Towerbridge. Wir umzingelten ihn, er stand am Geländer. "Das war ein Fehler, Mycroft. Ein großer Fehler."
Das waren seine letzten Worte, bevor er sprang. Mir rutschte das Herz in die Hose. Er hatte keine Sicherheitsseile, gar nichts. Er konnte zwar schwimmen, doch die Themse war nicht sehr tief gewesen und zu dieser Jahreszeit eiskalt. Er hätte es ohne Hilfe nicht überleben können. Ich hatte Mycroft angebrüllt, dass alles seine Schuld sei und gefragt, worüber sie sich verdammt nochmal gestritten hatten. Als er nicht antwortete, rannte ich nach unten ans Ufer. Ich konnte nur noch das Blut im Wasser sehen.

Ich war bis heute noch wütend auf Mycroft. Er hatte sich nichts anmerken lassen, weshalb ich erst gedacht hatte, sie hätten mich wieder reingelegt. Als jedoch Sherlocks Eltern und sogar Mycroft zum Begräbnis kamen, erkannte ich, dass ich mich irrte. Ich hatte ihn immer vermisst.

Sherlock :

Ich saß auf einem der zahlreichen Dächer Roms. Keiner schien, mich zu bemerken. Ich sah der Sonne beim Untergehen zu und dachte an die Wiedervereinigung mit meinem Bruder...

Es war fast drei Monate her, dass ich Magnussen erschossen hatte. Ich hatte seitdem keinen einzigen Fall übernehmen können. Daran war Mycroft schuld. Ich war sehr gelangweilt. Dieser Dreckskerl hatte Johns Pistole mitgenommen und meine Zigaretten geklaut. Das machte mich wütend. Plötzlich klingelte es an der Tür. Ein Klient? Nein, Mycroft hatte meine Website sperren lassen.
Aber wer konnte das sein?
Mrs. Hudson hatte inzwischen die Tür geöffnet und jemand kam die Treppe hoch. "Ich arbeite heute nicht", sagte ich ohne mich umzudrehen."Warum solltest du auch. Es ist Sonntag."
Mir gefror das Blut in den Adern. " Oh Gott! " Ich drehte mich langsam um . "Oh mein Gott, du bist tot."
"Genauso wie Mycroft dir zuliebe nicht der CIA beigetreten ist?"
"Er wusste, dass du noch lebst?"
"Nein. Aber er hat zugesehen, wie ich im Sterben lag. Er wollte es, Sherl.
Ich mache dir keine Vorwürfe. Du warst zu der Zeit in Liverpool und hast studiert. Ich hab dich gern. Komm mit mir, Bruderherz." "Aber Mycroft..."
Alex lachte. "Ich habe mehr Macht in der CIA als dieses Arschloch. Mach dir keine Sorgen." Er umarmte mich. Ich ließ es einfach geschehen. Danach verließ er ohne ein weiteres Wort die Wohnung.

Nach langer Überlegung willigte ich ein. Er hatte das schon vorausgesehen und einen perfekten Plan für meinen Tod erstellt. Er war ein toller Bruder. Es war bereits dunkel. Ich stand auf und machte mich glücklich auf den Weg nach Hause.

Past and Future ~ Sherlock-FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt