JANE
Monate später...Sex ist nicht so anstrengend wie eine Geburt, das musste ich auf die harte Tour lernen. Dreißig Stunden in einem Krankenhausbett, nur um am Ende herauszufinden, dass die Prognose der Hebamme falsch war und nicht wie vermutet ein Junge, sondern ein kleines Mädchen in meinen Armen liegt. Klein und zerbrechlich und wunderschön. Mit dunklen Härchen und grünen Augen, die meinen zum Verwechseln ähnlich sind. In dem Moment als sie mich das erste Mal ansah und der Schweiß mir über die Haut rann, wusste ich, dass sich meine Welt für immer verändert hatte. Es mag zwar kitschig klingen, aber es ist so. Ihre winzigen Finger und die kleine Nase, das Lächeln und ihre langen dunklen Wimpern. Das kleine Mädchen ist wunderschön. Ich sehe sie beide in ihr. James, wenn sie schläft und dabei so lächelt wie er es tut. Sawyer, wenn sie grimmig wird vor lauter Hunger und sie dieselbe Falte auf der Stirn haben. Und mich, wenn ihre Augen mich neugierig mustern und dabei funkeln, als wäre ich ihre Welt.
Damals als ich im Pink Safari arbeitete und die beiden Männer traf, hätte ich nie gedacht, dass sie mein Leben so verändern würden. James hat mir nicht nur ermöglicht endlich die Therapie zu bekommen die mir hilft, besser mit meiner Krankheit klarzukommen, nein, er hat mir eine Chance gegeben. Sawyer, mein alter Nachbar, den ich nie glaubte wiederzusehen. Dank ihm konnte ich endlich meine Vergangenheit aufarbeiten und habe mehr über ihn erfahren. Ich glaube, dass wir uns allen drein guttun, auch nach all den Dingen, die passiert sind. Zum Schluss sind wir hier angelangt und das ist alles, was noch zählt.
Ich beobachte Sawyer heimlich, während er im Wohnzimmer mit dem Gesicht zur Stadt vor den Fenstern steht und das kleine Mädchen in seinen Armen glucksende Geräusche von sich gibt. Das Bild was sich mir bietet ist zum Schmelzen süß. »Pscht«, flüstert er und deckt sie vorsichtig zu. Der Regen, der gegen die Scheiben prasselt, scheint sie allerdings etwas zu beruhigen.
»Was hast du kleines Kackmonster nur?«, fragt er sich leise und bringt mich zum Kichern. Ich schlage mit sofort die Hand vor den Mund, aber er hat mich bereits gesehen. »Komm hinter der Wand vor. Seit wann stehst du da schon?«, will er wissen und dreht sich zu mir. Ertappt laufe ich auf die beiden zu und schiebe mich zwischen Fenster und Sawyer. »Noch nicht lang«, versichere ich ihm und betrachte meine Tochter. In seinen muskulösen tätowierten Armen versinkt sie in ihrer Rosa Decke wie eine Puppe. »Ich glaube sie hat Hunger«, vermute ich und streichle ihre Wange. Das kleine Mädchen strampelt mit ihren Füßen und verzieht die Lippen. »Dann mach was«, brummt Sawyer und drückt sie mir in die Arme. »Hey!«, beschwere ich mich und drücke das kleine Mädchen an mich. »Wieso ich?«
»Weil keine Milch aus meinen Titten kommt und das nun mal das einzige ist, was sie will«, erklärt er mir als wäre ich dumm. Ausatmend schiebe ich mich an ihm vorbei und laufe in die Küche. In dem kleinen Gerät neben dem Kühlschrank steht bereits eine kleine Flasche Milch, die noch ganz warm ist.»Du bist anscheinend nicht die Einzige die Hunger hat. Hast du gemerkt, wie schlecht er drauf ist?«, frage ich meine Tochter und wippe sie hin und her. Quengelnd bestätigt sie mir meine Worte. Kopfschüttelnd lasse ich mich auf der großen Sofalandschaft nieder und setze die Flasche vorsichtig an ihre Lippen. Sie saugt sofort gierig daran als hätte sie die letzten tausend Jahre nichts bekommen. »Und das konntest du nicht?«, frage ich Sawyer über die Schulter hinweg. Ich weiß, dass er hinter dem Sofa steht und uns mit verschränkten Armen beobachtet. »Nein«, lügt er und ich schmunzle über seine Worte. »Er ist ein schlechter Lügner, oder?«, frage ich das kleine Mädchen. Glucksend umgreift sie die Flasche mit großen Augen und schaut von mir zu ihm. Ich könnte sie auffressen vor lauter Niedlichkeit.
»Sie steht eindeutig auf meiner Seite«, macht er mir klar und bringt mich zum Lachen. »Falsch. Auf meiner, nie auf euerer.«
»Wieso nicht?«, ertönt James Stimme sogleich aus dem Flur. Der Fahrstuhl schließt sich rauschend hinter ihm. »Weil sie in mir war.«
»Wir auch. Viel länger als sie«, wendet er ein. Ich verdrehe meine Augen heimlich. »Ihr seid so...«
»Was sind wir?«
»Blöd«, murmle ich. James lacht auf. »Das ist das schwächste Schimpfwort, dass du hättest nennen können, das weißt du hoffentlich.«
»Ja«, brumme ich frustriert. James tritt vor mich, stellt die leere Flasche auf den großen Couchtisch und nimmt mir die kleine ab. »Hey Baby, deine Mom versucht uns aufzumischen«, erzählt er ihr und küsst ihre Wange. »Können wir jetzt mal was essen? Jetzt ist sie ja immerhin satt«, fällt Sawyer ihm ins Wort. Er steht bereits ganz ungeduldig am Durchgang zum Esszimmer. Nickend erhebe ich mich und schiebe mich an James vorbei. »Gute Idee. Ich habe mächtig Hunger«, gebe ich zu.
»Kein Wunder bei den Massen, die du vorhin abgepumpt hast. Echt, das hättest du sehen müssen James das waren bestimmt drei- hey!«, beschwert er sich als die Stoffserviette seinen Kopf trifft. »Ich bin doch keine Kuh!«, verteidige ich mich und falle auf meinen üblichen Stuhl am gedeckten Esstisch. Die Köche des Hotels haben wieder erstklassige Arbeit geleistet. Es duftet herrlich nach Braten, Kartoffeln und Soße.»Fuck«, brummt James plötzlich. Ich drehe mich zu ihm und sehe, dass er das Baby mit ausgestreckten Armen vor sich hält, während ein dicker Fleck Milch auf seinem Hemd gelandet ist. Lachend halte ich mir die Hand vor den Mund. »Oh Gott das-«
»Nimm sie kurz und fangt schon mal an«, flucht er und drückt sie mir in die Arme. Sawyer der gegenüber von mir sitzt wirft seinem besten Freund einen angewiderten Blick zu, bevor dieser verschwindet, um sein Hemd zu wechseln. »Hast du super hingekriegt kleines Biest. Den großen James McLeod anzukotzen hat sich noch niemand getraut«, erzählt er amüsiert und deckt eine der silbernen Glocken über dem Essen auf. Feinstes Fleisch kommt darunter zum Vorschein, bei dessen Anblick mir bereits das Wasser im Mund zusammenläuft. »Er wird es ihr nicht übelnehmen«, lächle ich das kleine Mädchen an und wische ihr den Mund mit meiner Serviette ab. Sie gähnt leise, als wäre sie sich keiner Schuld bewusst und schließt die Augen. »Ich weiß. Immerhin hat er sie zu seiner persönlichen Erbin ernannt. Sie wird das verwöhnteste Baby ganz Großbritanniens.«
»Das ist sie doch schon«, merke ich an und treffe Sawyers Blick. Seine dunklen Augen sind so warm wie ein Feuer im kalten Winter. Jedes Mal, wenn ich ihn anschaue, fühle ich mich sicher und angekommen. »Du bist an der Sache auch nicht ganz unschuldig. Ihr verwöhnt sie beide«, spreche ich ehrlich und nehme meine Augen nicht von seinen. Saw nickt ehrlich und schaut mich an, als wäre ich etwas Besonderes. Ein ehrliches Lächeln huscht über meine Lippen. Seine Blicke machen mich so verlegen das ich meine Augen auf meine Tochter senken muss und sie sanft in meinen Armen zudecke, um mich abzulenken. James kehrt genau in diesem Augenblick zurück und nimmt sie mir ab. »Danke«, flüstere ich als er sie mir aus dem Arm nimmt und an seine Brust drückt. »Mich mag sie sowieso am liebsten von uns. Sehts ein«, gibt James überzeugt von sich und bringt uns zum Lachen. »Deswegen hat sie dich auch gerade angekotzt, Mann«, erinnert Saw seinen besten Freund grinsend. »Passiert den besten, oder Gwendolyn?«
»Sicher«, antworte ich stattdessen und nehme mir eine Kelle voll Kartoffeln. Egal was noch kommen mag, eines weiß ich sicher - niemand wird sich mehr zwischen uns stellen können. Vielleicht hat mein Leben genau diese Wendung nehmen müssen, damit ich ankomme, wo ich bin. Hier, mit den beiden Männern die ich liebe und unserer Tochter. Ich habe nie an Schicksal geglaubt, bis ich sie in meinen Armen hielt. Gwen, James und Sawyer. Niemand kann uns mehr das nehmen, was wir haben. Sie können es versuchen, aber werden scheitern. Sawyer, der tätowierte Boxer der, ohne zu überlegen alles für uns geben würde. James, der skrupellose Hotelinhaber, der uns seinen letzten Penny geben würde. Wir mögen verschieden sein, aber wie sagt man so schön? Gegensätze ziehen sich an.
Ich schaue zwischen den beiden Männern her, betrachte das kleine Mädchen in ihren Armen und fühle mich augenblicklich wie die glücklichste Frau im Universum. Sie sind alles, was ich brauche.
Alles, was ich je wollte.
Alles, was ich je wollen werde.
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Kings of London | 18+
Romance|Teil 1&2| Köpfe sind gerollt. Die Duncans haben eine menge Unruhe in der Londoner Unterwelt gestiftet, als sie Sergio Karakov verhaften ließen. Aber wir - wir sind die neuen Kings of London. Niemand stellt sich uns in den Weg, und niemand verweiger...