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JAMES

Ich schmecke noch immer Janes lieblichen Geschmack auf meiner Zunge, als sie mir vertieft in den Vertrag, gegenübersitzt. Die Unterlippe zwischen ihre Zähne gezogen, die Stirn konzentriert gerunzelt. Sie liest jeden noch so kleinen Abschnitt des zwölfseitigen Schriftstücks, welches Sawyer und ich vor einigen Jahren zusammen aufgesetzt haben. Es sichert uns hinreichend in alle Richtungen ab, was äußert wichtig ist bei den Dingen, die Folgen werden. Sobald ihre Unterschrift auf der letzten Seite notiert ist, gehört ihr Körper für die festgelegte Zeit uns und wir können alles, was wir wollen mit ihr machen. Natürlich ist dies deutlich im notariell beglaubigten Vertrag niedergeschrieben.
»Was bedeutet das alles?«, möchte Jane verwundert wissen, ohne ihren Kopf anzuheben. Verbissen wälzt sie sich durch den halben Roman und streift sich frustriert durch die Haare. Sie ist noch immer ein bisschen beschwipst aber weitaus nüchterner als vor ein paar Stunden. Schade eigentlich.
»Was genau?«, frage ich.
»Wie geht es weiter?«
Ich räusperte mich, um das Kratzen in meiner Kehle zu vertreiben, trinke einen Schluck Rotwein und falte die Hände auf der Tischdecke. »Nun ja, nachdem du den Vertrag unterzeichnet hast, wirst du ein Standardprozedere durchlaufen. Einige Tests, Krankenakten und deine Medikamente müssen notiert werden. Wir müssen wissen wie viel du wovon bekommst und was zu tun ist, falls du einen Schock erleidest. Verhütung ist auch ein Thema was im Vertrag näher erläutert ist. HIV und Aids hast du nicht, nehme ich an?«
Sonst hätte sie wohl kaum im Pink Safari gearbeitet. Gestern Abend habe ich mich in die lausige Datenbank des schäbigen Clubs gehackt und mir einige Bescheinigungen auf einen Stick gezogen. Dieser dubiose Clubbesitzer legt skurrilerweise Wert auf die Gesundheit seiner Frauen. Was beim Anblick des Pink Safari wohl nicht zu vermuten wäre.

Jane schnappt empört nach Luft, schließt den Mund schnell wieder und presst die Lippen beleidigt aufeinander. »Habe ich nicht«, knirscht sie. Das weiß ich ja bereits.
»Gut, dann bleibt wohl das mit dem Diabetes. Außerdem-« ich stoppe mich selbst und überlege wie ich die nächsten Sätze nicht so verletzend formulieren könnte. Jane mangelt es an Outfits, die zum Hotel und uns passen. Sie braucht dringend ein paar Kleidungsstücke, die nicht billige Hure, sondern elegante Dame schreien. Blamieren will ich mich schließlich nicht.
»Einen Deal mit uns zu haben bedeutet auch, dass wir dir mit einigen Kleidungsstücken aushelfen. Sollten wir uns in der Öffentlichkeit - aus welchem Grund auch immer - zusammen zeigen, trägst du immer nur das, was wir dir sagen.«
Sie nickt und blättert eine Seite weiter.
»Außerdem wird nicht geraucht und die Köche des Hotels stehen dir mit einem ausgewogenem Essensplan zur Seite, falls du dich hier aufhältst.«
»Einen Plan für mein Essen?«, will sie ungläubig wissen. Ich werfe Sawyer einen knappen Blick zu, der ihn erwidert. Die Kleine ist manchmal echt ein bisschen verpeilt. »Ausgewogene Ernährung ist sehr wichtig«, erkläre ich ihr. Wieder nickt sie. »Ja, ist wohl so«, murmelt sie eher zu sich selbst als zu uns.
»Und dann? Was ist mit unserer eigentlichen Abmachung?«, wechselt sie zum nächsten Punkt. Der wichtigste.
»Wir werden dir nach und nach zeigen, was wir von dir verlangen. Unsere Treffen sind vorher festgelegt und müssen immer wahrgenommen werden, es sei denn, es liegt ein triftiger Grund vor.«
»Und wenn nicht?« Janes unschuldige grüne Augen treffen die meine. »Dann nehmen wir eine angemessene Bestrafung vor, dies gilt übrigens auch, bei schlechtem Verhalten«, mache ich klar. Sawyer und ich legen Wert darauf, dass getan wird, was wir sagen. Störrische Frauen können wir nicht gebrauchen. Wenn sie nicht gehorchen, werden sie ausgetauscht, so einfach ist es.
»Was ist eine angemessene Bestrafung für euch?«, fragt sie und schaut zu Sawyer, der ihr üblicherweise keine Antwort gibt. Er denkt sich seinen Teil, sehr gesprächig ist er mit den Frauen nie.
»Das willst du hoffentlich nie herausfinden«, antworte ich für den hellbraunhaarigen und deute ihr umzublättern. Mit dem Zeigefinger deute ich auf den neuen Absatz. »Mit dem Unterschreiben dieses Vertrages willigst du Sexspiel jeglicher unten aufgeführter Art ein. Du tust alles freiwillig und wirst von uns nicht gezwungen. Zu deiner und unserer Sicherheit werden wir ein Safe-Word vereinbaren, dass du sagen kannst, wenn es dir zu viel wird. Nach aussprechen dieses Wortes wird alles sofort gestoppt.«
Ich hoffe, diesen Absatz schreibt sie sich besonders hinter die Ohren. Ich sehe, wie ihre Iriden den Text überfliegen, sie größer werden als sie die aufgelisteten Wörter sieht, und sich schließlich verengen, als sie beim Schluss ankommt. »Wofür tut ihr das alles?«, möchte sie wissen und spielt nervös mit dem Kugelschreiber in ihrer Hand. »Zur deiner und unserer Sicherheit«, wiederhole ich mich mit fester Stimme, »damit jeder weiß, was ihn erwartet.«
»Wie können wir diesen Vertrag widerrufen, wenn einer es wollen würde?«
»Wir können ihn jederzeit beenden, wenn wir wollen, falls du dich nicht an die Regeln hältst oder uns etwas nicht gefällt. Du, wenn dir etwas nicht passt, was wir tun. Alles beruht auf Gegenseitigkeit, Jane. Hältst du dich an alle Regeln und tust, was wir sagen, sorge ich persönlich dafür, dass du auf deine Kosten kommst«, verspreche ich. Die Regeln sind recht simpel. Befolgt sie sie, könnte das sogar Spaß für sie machen.
»Und die Zahlungen erfolgen wie unten aufgelistet. Deine erste bekommst du nach unserer ersten Session«, beende ich meinen Vortrag und lehne mich wieder gelassen zurück.

Ich sehe den Zwiespalt in ihren unergründlichen Augen. Sie wirkt hin und hergerissen, als wüsste sie ehrlich nicht, was sie tun sollte. Dabei weiß sie bereits, was sie tun wird, sie muss es sich nur eingestehen. Sie braucht das Geld und würde nie ablehnen. Was hat sie für eine Wahl? Sterben?
»Darf ich mir den Vertrag in Ruhe durchlesen?«, möchte sie mit leiser Stimme wissen. Kopfschüttelnd schenke ich mir Schnaps nach und genieße die kribbelnde Wärme, die der Alkohol in meiner Kehle hinterlässt als ich das Glas ohne großes zögern leere. »Jetzt oder nie. Eine zweite Chance wirst du nicht bekommen.«
»Okay«, lenkt sie ein und öffnet den Kuli und kritzelt ihre Unterschrift auf das Papier. Ein zufriedener laut entwischt meinen Lippen. Ich halte ihr die Verschwiegenheitserklärung hin, die sie ebenfalls unterzeichnet. Es steht das gleiche darin wie schon in der letzten. Sie darf über nichts, was geschieht sprechen, keinen Ton über das Kingsley oder etwas das Sawyer oder mich betrifft äußern. Wenn sie das tut haben wir jedes Recht sie im Grund und Boden zu klagen. Zugegeben würde das nicht viel bringen, sie ist bereits weit unten.

Mir fällt eine enorme Last von den Schultern als ich die Mappe wieder in den Händen halte, wohlwissend dass ich mich nun wieder auf die Spannung innerhalb der Unterwelt konzentrieren kann, und mir keine Sorgen mehr um einen Ersatz für Nataly machen muss. Die Schlampe ist längst vergessen. Von jetzt an zählt nur, dass das Täubchen auch macht, was wir sagen und uns keine Probleme beschert.
Ich hebe mein Glas, proste ihr zu und gönne mir einen letzten Whisky. »Auf einen gelungen Abend«, schmunzle ich. Von Sawyer ernte ich einen grimmigen Blick, von Jane ein schüchternes Lächeln. Na, das kann ja was werden.

Kings of London | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt