JANE
Mehr als fünfzig Prozent meiner gestrigen Einnahmen sind an Billy gegangen. Er zwang mich quasi ihm den Großteil zu überlassen, um ihm zu "zeigen", dass ich noch ernsthaft für ihn arbeiten will. Er hielt es für eine grandiose Idee, ich hingehen verfluche ihn innerlich die ganze Zeit dafür. Er muss mich hassen, wenn er will, dass ich ihm achtzig Prozent meiner Einnahmen für eine Woche überlasse, und dass nur, weil ich ein paar Minuten zu lang in den Toiletten war, um mir Insulin zu spritzen. Wenn ich den Job nicht so sehr brauchen würde, hätte ich schon längst geschmissen. Billy ist ein verdammter Hund. Allein wie er meinen Arsch antatscht, während ich neben seinem Schreibtisch stehe. Ich muss mich zusammenreißen, um ihm nicht auf das Geld zu kotzen.
Billys Büro ist voller Aktenschränke, es riecht nach Bier und diversen Rauschmitteln, aber vor allem füllt der Geruch von Marihuana die Luft. Sein glühender Joint liegt auf dem Rand seines gläsernen Aschenbechers, dessen Boden bereits vergilbt ist. Billy leckt sich über den Daumen und zählt die Geldscheine zügig durch, weil er mir nicht vertraut. »Es müssten eins-zwei sein«, merke ich an und der Stripclub Besitzer wirft mir einen skeptischen Blick zu. »Überlass mir das Zählen mal, chica.«
Ich bin nicht deine verdammte chica, würde ich ihm gern bissig an den Kopf knallen, aber dafür habe ich im Moment keine Kraft. Ungeduldig stütze ich meine Hände auf die braune Schreibtischplatte und warte, bis er endlich fertig ist. Er klappt den Batzen Geld zusammen, rollt zwei Küchengummis darum und lässt ihn in die Schublade seines Schreibtisches fallen. Die Summe notiert er sich in seinem kleinen schwarzen Buch, ohne dass ich ihn noch nie gesehen habe. »Und, wie viel hast du vor mir heute zu machen?«, fragt er dümmlich und hebt beim Schreiben seine Brauen. Ich atme aus, um ihm nicht an die Gurgel zu springen. »Mindestens genau so viel«, bringe ich gepresst hervor und seine Züge erhellen sich. Ich sehe die Pfund-Zeichen förmlich in seinen Augen aufblitzen. »Wenn du deinen Stand bei mir behalten willst, wäre das besser, Jane. Ansonsten kannst du gerne dich gerne zu den anderen gesellen und meinen Kunden den Schwanz lutschen.«Seine Worte sind ruhig, aber sie klingen wie eine Drohung, dass das düstere funkeln in seinen Augen untermauert. Er würde nicht zögern und mich zu einer Prostituierten zu machen. Etwas, dass ich nicht sein will.
»Es wird nie wieder vorkommen, tut mir leid Billy«, entschuldige ich mich deshalb und richte mich auf. Hoffentlich glaubt er mir und bohrt nicht weiter nach. Der Besitzer des Pink Safari lehnt sich selbstgefällig in seinem Stuhl zurück und mustert mich anzüglich schauend. »Pink solltest du öfters tragen«, merkt er grinsend an und leckt sich über seine widerlichen Lippen. Ich zwinge mir ein bescheidenes Lächeln auf, schnappe mir das Geld, dass er mir übriggelassen hat und verabschiede mich, um nicht noch mehr vom Abend zu verpassen. Nichts kann mich dazu bringen, noch länger mit Billy Rodney allein Zusein, weil ich weiß, dass er mich mit jedem Mustern auf dem Schreibtisch unter ihm liegend vorstellt. Es ist offensichtlich das er mich will, und irgendwann wird ihn nichts mehr daran hindern. Ich darf unter keinen Umständen noch einen Fehler begehen und länger als nötig auf seinem Radar erscheinen. Ich will nur meine Arbeit hier erledigen.Wie gewohnt am Wochenende ist das Pink Safari gut gefüllt und die Sitzecken und Loungen restlos ausgebucht. Alkohol fließt in Massen, eine Show nach der anderen spielt sich auf der Hauptbühne ab. Ich steige über ein am Boden liegendes Höschen und gehe mit großen Schritten auf die Umkleiden neben der Bar zu. Ich dränge mich an einigen Mädels vorbei die sich aufhübschen und verschließe die Geldscheine sicher in meinem Spind, bevor sie mir jemand stiehlt. Niemand gönnt dem anderen hier den Erfolg, da jeder das meistmögliche abgreifen will. Es ist ein wilder Konkurrenzkampf, für den sich manche Prostituieren. Allein bei dem Gedanken wird mir übel.
Über die laute Musik hinweg bestelle ich mir an der Bar einen Vodka, von dem mir sofort warm im Magen wird und mein Hunger verschwindet. Ich habe heute nur einen Joghurt und ein paar Müsliriegel bei meinem Ankommen hier gegessen, da mein Kühlschrank verdächtig leer ist und mein Strom abgestellt wurde. In den nächsten Tagen muss ich dringend einkaufen gehen, bevor ich noch umkippe. Meine Insulinvorräte gehen ebenfalls zur Neige. Ende des Monats herrscht wie immer Ebbe in meinem Medizinschränkchen. Zum Glück lässt Maura mich für einige Tage mein Insulin bei ihr unterbringen, da es immer gekühlt werden muss. Vielleicht reicht mein Geld bald, um den Strom zu bezahlen...
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Kings of London | 18+
Romansa|Teil 1&2| Köpfe sind gerollt. Die Duncans haben eine menge Unruhe in der Londoner Unterwelt gestiftet, als sie Sergio Karakov verhaften ließen. Aber wir - wir sind die neuen Kings of London. Niemand stellt sich uns in den Weg, und niemand verweiger...