Tw: Tod
"Jisung, wir müssen reden." sagt Minho, schaut zu seinem Ehemann rüber, welcher gerade dabei ist aus dem Wagen Aussteigen zu wollen.
Schließlich möchte er nichts lieber als zu ihrer Tochter, welche seit Wochen im Krankenhaus liegt und dort ihre letzten Tage verbringt.
Warum also möchte Minho jetzt mit ihm reden?
Warum jetzt?
Das können sie auch später tun.
Aber versteht er es auch irgendwie.
Seit dem ihre Tochter im Krankenhaus ist, reden sie noch weniger miteinander.
Noch sehr viel weniger als davor schon.
Ihre Ehe ist seit einem Jahr nur noch dem scheitern zu Grunde.
Dabei liebt Jisung Minho noch, sehr sogar, aber anscheinend war es ein Fehler zu heiraten und alles was sie hatten damit zu zerstören.
Sie sind nicht mehr das Traumpaar von früher, nein, sie sind alles aber ganz weit von einem Traumpaar entfernt.
"Können wir nicht später reden? Ich möchte wirklich nur noch zu Hwayoung.", sagt Minho, sieht zu seinem Ehemann.
Sieht ihm direkt in die Augen.
Diese Augen in welche er sich vor sechs Jahren verliebt hatte.
Da waren sie gerade mal sechszehn.
Nun sind sie zweiundzwanzig und vierundzwanzig, haben eine Tochter und sind seit drei Jahren verheiratet.
Alle fanden es zu früh, beide waren jedoch blind vor Liebe.
Und nun hatten sie den Salat.
Alles ist zum scheitern verurteilt.
Ihre Ehe ist dahin, ihre Tochter ist am sterben und beide reden nicht mehr wirklich miteinander.
Minho schläft sogar schon auf der Couch ihrer Wohnung.
Und beide sind hoch verschuldet durch die Krankenhauskosten.
Jisung hat seine Musik auf Eis gelegt um arbeiten zu gehen, irgendwie etwas der Schulden zahlen zu können und Minho macht schon zwei Jobs gleichzeitig.
Das Leben ist halt nicht fair, nicht wahr?
Und der einzige Grund wieso sie sich nicht scheiden lassen ist, weil beide das Geld nicht dazu haben.
Weil alles für die Krankenhauskosten drauf geht.
"Ich möchte auch zu unserer Tochter, aber ist das wirklich wichtig. Für dich und mich.", sagt Minho, weshalb Jisung die Tür wieder schließt.
Sich ihm ganz widmet, ihm zu hört.
Minho möchte sich am liebsten vorbeugen, über seine Wange streichen.
Die Tränenspuren von der letzten Nacht zeigen sich deutlich auf seinen Wangen ab.
Er wollte in der Nacht schon zu Jisung als er ihn weinen gehört hatte, aber irgendwas hält ihn davon ab.
Es fühlt sich einfach nicht mehr richtig an ihm so nahe zu kommen.
Dabei kann er nicht einmal leugnen, dass er ihn nicht noch liebt.
Er liebt ihn über alles, aber haben sich beide vor einem Jahr angefangen auseinander zu leben, wurden wie Fremde.
Und dann erkrankte Hwayoung an Lungenkrebs, brachte sie ins Krankenhaus.
Seid dem dreht sich alles nur noch um ihre Tochter.
Sie führen keine Beziehung mehr.
Und erst Recht führen sie keine Ehe mehr.
Sie waren mal so glücklich, so frei und unbeschwert.
Noch immer versteht er nicht was mit ihn beiden passiert ist, dass sie sich so auseinander gelebt haben.
Er versteht es nicht, wird es wahrscheinlich nie.
Aber er ist müde.
Genauso müde wie es Jisung ist.
Seine Augen strahlen nicht mehr, sehen nur noch matt und leer aus.
So als hätte man ihm all sein Leben ausgesaugt und sie sind erst Anfang und Mitte zwanzig.
Sollte man in diesem Zeitraum nicht noch verdammt frei sein?
Glücklich sein und leben können?
Vielleicht war es falsch so früh zu heiraten.
Vielleicht war es falsch ihre Tochter so früh zu adoptieren, aber zu diesen Zeitpunkten hatten sie sich mehr als nur bereit gefühlt.
Und dann sind sie von der Wolke sieben auf dem Boden gelandet..direkt in die Realität.
"Ich möchte die Scheidung, Jisung.", sagt Minho, weshalb etwas in dem jüngeren nur noch mehr bricht.
Doch ist er zu müde vom Leben um noch zu kämpfen.
Zu müde um jetzt auch noch um Minho zu kämpfen, wenn er all seine Kraft für seine Tochter benutzt.
"Okay.", sagt er von daher noch, spürt die Tränen auf kommen.
Seine Brust fühlt sich so an als wäre sie zu geschnürt, als hätte man ihm jetzt nur noch mehr das Herz zerrissen.
"Und ich werde ausziehen. Ich werde eine Weile zu Seungmin ziehen und.."
Jisung schüttelt den Kopf. "Du brauchst nicht ausziehen. Chan möchte mich bei sich aufnehmen in dem Falle einer Scheidung."
Minho knirscht mit den Zähnen, nickt dann aber nur etwas.
"Und ich habe gestern mit meiner Mom gesprochen.", sagt der ältere, nachdem er die Nachricht verkraftet hatte, dass Jisung zu Chris ziehen würde.
"Sie wird die Kosten vom Krankenhaus übernehmen, wenn sie es nicht schon hat. Auch wird sie die Scheidung für dich und mich bezahlen."
"Dann geht ihr Traum ja jetzt in Erfüllung. Ihr Sohn ist endlich frei von dem Typen, welcher ihn schwul gemacht und vom Weg gebracht hat, nicht wahr? Die Nachrichten waren wie Geburtstag und Weihnachten zusammen, nicht wahr?"
Jisung nimmt seine Tasche, verlässt das Auto und knallt die Tür zu.
Er ist wütend, traurig und ängstlich.
Aber gleichzeitig irgendwie auch erleichtert.
Die Kosten werden bezahlt.
Eine Hürde weniger zu begleichen, auch wenn er es Minho seiner Mutter zurück zahlen wird.
Er würde nicht deswegen in ihrer Schuld stehen wollen.
Auch wenn sie ihn hasst, es ihm nur zu deutlich zeigt seit sechs Jahren.
"Jisung, jetzt warte doch." sagt Minho, schließt sein Auto ab und folgt dem jüngeren dann.
"Jisung."
"Nein, ich will nicht mehr reden. Du willst die Scheidung? Meinetwegen. Du lässt deine Mutter bezahlen? Meinetwegen, aber glaub ja nicht, dass ich es ihr nicht zurück zahlen werde. Ich mag ja einiges machen, aber ich werde niemals in ihrer Schuld stehen wollen. Vor allem nicht, wenn sie sich nicht einmal für ihre Enkel Tochter interessiert hat. Ich bin müde, Minho. Ich bin okay, mit allem was du möchtest. Nur werde ich um Hwayoung kämpfen. Das ist gerade das einzige was mich interessiert."
Minho will nach seiner Hand greifen oder ihm die Tränen weg wischen, welche über Jisung seine Wangen laufen.
Er weiß nur zu gut wie sehr er Jisung damit verletzt hatte, doch ist es wahrscheinlich der einzige Weg um wieder halbwegs atmen zu können.
Sie sind vielleicht gemacht für einander, aber nicht mehr zu dieser Zeit.
Sie sind sich jetzt so fremd wie noch nie.
Fremder als bei ihrem kennenlernen vor einigen Jahren.
"Und ich möchte nicht vor unserer Tochter streiten." sagt der jüngere nur noch, läuft schnurstracks zum Zimmer von Hwayoung.
"Hay mein Schatz.", haucht er, wird angelächelt.
Etwas was ihn wieder freudiger macht.
"Warum weinst du, Papa? War Dad wieder böse zu dir?", fragt die fünfjährige verwirrt.
"Nein alles gut..Ich weiß auch nicht wieso ich weine."
Er setzt sich zu ihr auf das Bett, streicht über ihre Wange.
"Ich bin so froh dich zu sehen, mein Schatz."
"Ich auch Papi." Lächelt sie müde, lehnt sich zurück ins Kissen.
Dann legt sie eine Hand auf Jisung seine, welche noch immer an ihrer kalten Wange ruht.
Sie ist müde, unglaublich müde und doch ist sie wach.
Um ihre Eltern zu sehen.
Auch wenn sie glaubt das es das letzte Mal gewesen sein wird.
Sie spürt es und es macht sie traurig.
Sie möchte nicht gehen.
Nicht jetzt.
Sie möchte nicht das ihre Eltern noch trauriger sind sondern glücklich.
"Hay mein Schatz." sagt Minho kurze Zeit später, hat noch kurz mit Hwayoung ihrer Ärztin gesprochen.
"Daddy!", lächelt die fünfjährige, sieht dabei zu wie er sich zu ihr aufs Bett setzt.
"Wie geht's dir mein Engel?", fragt er, bekommt ein Schulterzucken als Antwort.
"Nicht gut, aber auch nicht all zu schlecht."
"Vielleicht wird es dann besser.. Vielleicht schlägt die Chemo und die Bestrahlung an.", sagt Jisung, hat einen kurzen Hoffnungsschimmer in seinen Augen, doch geht dieser wieder weg, als seine Tochter anfängt stark zu husten, dabei keine Luft mehr zu bekommen scheint.
Das letzte was sie hustend raus bekommt ist das sie beide lieb hat.
Während Minho auf dem roten Knopf drückt, ist Jisung wie erstarrt, beobachtet seine Tochter nur dabei.
Als die Ärzte und Schwestern rein kommen, zieht Minho ihn sanft vom Bett ihrer Tochter, direkt raus vor die Tür.
Das alles fühlt sich so surreal an, als würde es in Zeitlupe funktionieren und nicht in normaler Geschwindigkeit.
Es ist fast so als würde die Welt Willen das die zwei auf das übelste leiden.
Minho zieht Jisung zu den Stühlen, drückt ihn darauf.
Dann setzt er sich daneben auf dem Boden, sieht auf die verschlossene Tür.
"Sie wird sterben." haucht Jisung, weshalb Minho zu ihm blickt.
"Wie bitte? Sie ist ein starkes Mädchen..Sie.."
"Nein, sie wird sterben, Minho. Ich habe es in ihren Augen gesehen...Ich habe gesehen wie müde und kaputt sie ist. Sie hatte den selben Ausdruck wie Jihyun als er gestorben ist. Ich werde niemals diesen Anblick vergessen. Niemals dieses Ausdruck in seinen und nun auch ihren Augen vergessen.", sagt Jisung, spürt Minho seine Hand an seinem Knie.
"Jihyun passt auf dich da oben auf. Und mich tötet er wahrscheinlich mit dem nächsten Blitz...aber unsere Tochter wird das schaffen. Sie muss es schaffen..."
Doch während Jisung schon das schlimmste im Kopf durchgegangen ist, scheint Minho noch Hoffnung zu haben. Sehr viel Hoffnung.
Etwas was seinem Ehemann schon vor einer Weile verlassen hatte.
Er lebt nur noch für Hwayoung.
Was macht er, wenn sie wirklich stirbt?
Würde er sich was antun?
Würde er das Minho und seinen Freunden, seinen Eltern antun können?
Wahrscheinlich schon, aber würde er es durch ziehen?
Das wohl nicht.
Tief atmet er durch, legt seine Hand auf die von Minho, während sein Bein auf und ab wippt.
Er ist panisch.
Aber wer wäre das in diesem Augenblick nicht?
Auch Minho ist panisch, zeigt es nur nicht so wie der jüngere.
Er kann es besser verstecken.
Nur weiß er nicht ob er es gleich noch kann, wenn es schlechte Nachrichten werden.
Was wenn Jisung Recht hatte?
Er hat meistens Recht.
Und das regt Minho manchmal so auf.
Sein Blick wandert zu Jisung, welcher an die Wand starrt, stumm weint.
Wie lange sie hier wohl noch warten müssen?
Was sie wohl mit ihrer Tochter tun?
Möchte Minho das überhaupt wissen?
Er möchte nicht einmal wissen was in Jisung vor sich geht."Mr und Mr. Lee?", fragt die Ärztin, weshalb Jisung aufschreckt, sie müde anschaut.
Wann ist er eingeschlafen?
Und wieso hat Minho ihn nicht geweckt?
Wie lange sind sie überhaupt schon hier?
Was ist mit Hwayoung?
Sein Blick wandert zu Minho, welcher anscheinend auch etwas geschlafen hatte.
Nun aber auch wach wurde.
Als er die Ärztin sieht, ist er sofort hellwach und auf den Beinen.
Hätte Jisung das gemacht, hätte sein Kreislauf nur noch mehr nachgegeben.
"Ja? Was ist mit Hwayoung? Geht es ihr gut?", fragt Minho, während Jisung langsam aufsteht.
Sein ganzer Körper ist am zittern und er hat kaum noch Kraft.
"Es tut mir so leid...", haucht die Ärztin, sieht beide traurig an.
"Ihre Tochter ist vor zehn Minuten dem Krebs erlegen. Er hat gestreut und ihr Herz erreicht.", haucht sie, sieht zu wie in den beiden Elternteilen etwas stirbt.
So wie es bei jedem ist, denen sie eine schlechte Nachricht überbringen muss.
"Sie war unglaublich stark, hat gekämpft..ihr Verlust tut mir so leid." haucht sie, lächelt beide an.
Dann lässt sie beide alleine, blinzelt sich selbst einige Tränen weg.
Nur zu gern würde sie mit ihnen reden, aber muss sie weiter zum nächsten Patienten und so tun als wäre eben nicht eine fünfjährige gestorben.
Jisung schluchzt auf, seine Beine geben nach, lassen ihn auf dem Boden fallen.
Und während Jisung bitterlich weint ist etwas in Minho gestorben was davor noch da war.
Die Hoffnung ist in ihm gestorben.
Und das mit einem lauten Knall.
Sein Blick wandert zu seinem noch Ehemann, hilft ihm vorsichtig hoch.
"Ji.."
"S-Sie i-ist Tod..T-Tod.."
Minho nickt etwas, zieht ihn vorsichtig in seine Arme.
Jisung weint in seine Halsbeuge, klammert sich an ihm, während Minho ihn fest hält, selbst in die Halsbeuge des jüngeren weint.
Sie hatten also nicht nur sich selbst und ihre Liebe zueinander verloren, sondern auch ihr ein und alles.
Ihre Tochter, welche sie über alles geliebt haben.
"Mr. und Mr. Lee?", Fragt eine Schwester vorsichtig.
Etwas was Minho davon bringt, seinen Ehemann los zu lassen.
Doch hält er ihn noch an der Taille fest, möchte nicht das er auf dem Boden fällt.
"Möchten sie sich von ihrer Tochter verabschieden?"
"Ja.", haucht Jisung unter Tränen, folgt der Schwester zitternd ins Zimmer.
Dort liegt Hwayoung, sieht aus als würde sie nur friedlich schlafen.
Dabei weiß jeder das sie nun nie wieder ihre Augen öffnen würde.
Nie wieder lachen würde.
Sie wird nie wieder Papa und Dad sagen.
Sie wird beide nie wieder anstrahlen.
Jisung streicht vorsichtig durch ihre kurzen Haare, weint stumm.
"Ich liebe dich mein Engel...ich hoffe du bist jetzt im Paradies und musst nicht mehr leiden..Du bist ein kleiner starker Engel.."
Minho nimmt ihre Hand, drückt diese.
Er möchte nicht von ihrer Seite weichen.
Niemals.
Der jüngere von beiden, jedoch erträgt es nicht lange, verlässt nach fünf Minuten das Zimmer.
Kurz darauf findet er sich außerhalb des Krankenhauses, während des Regens wieder.
So als hätte sich das Wetter mit seiner Tochter abgesprochen.
Weinend setzt er sich auf dem Boden.
Alles ist ihm egal.
Seine Tochter ist Tod.
Seine Ehe vor dem aus.
Er hat nichts mehr.
Absolut nichts mehr.
Wie sollte er das jetzt alles überleben?
Er hatte nun keinen Grund mehr zu leben..
Keinen einzigen.
Und doch würde er weiter leben.
Irgendwie.
Die Frage ist nur.
Für wie lange würde er es aushalten mit diesem Schmerz zu leben?
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Minsung OS Buch
FanfictionEin Buch voll mit Minsung one shots Cause wir alle lieben Minsung