54. One Shot

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!TW! (Selbstmord von einem Familienmitglied, Alkohol, Trauer)

"Was würdest du deinem Ich aus  zweitausendeinundzwanzig erzählen, wenn es dich fragen würde, was alles passiert ist?", fragt Minho Jisung, stellt sich neben ihm auf dem Balkon, zündet sich eine Zigarette an.
Eigentlich wollte Minho gar nicht mehr rauchen, aber zur Zeit kann er einfach nicht anders.
Das Rauchen bringt ihn herunter, wenn er es nötig hat.
Warum also nicht?

"Ich würde ihm erzählen, das er bloß ganz weit weg rennen soll, weil alles immer noch nicht wirklich besser geworden ist. Das alles mal schlimmer und mal schlechter ist. Das er Freunde verloren und welche gewonnen hat. Ich würde ihm auch sagen das er die Ausbildung so gut wie fast geschafft hat... mit einem halbwegs guten Zeugnis, trotz allem anderen. Auch müsste ich ihm sagen das er sich wieder dauerhaft hinter Serien versteckt um halbwegs glücklich sein zu können. Von der Realität flüchten zu wollen, ist schließlich das liebste Hobby meines zweitausenddreiundzwanzig/vierundzwanzig Ich's. Auch würde ich ihm sagen, dass sein Safeplace nicht mehr existiert. Sie seit sieben Monaten nicht mehr miteinander reden. Bro, stell dir das Gesicht vor...", schmunzelt Jisung, trinkt sein Wodka aus, verzieht das Gesicht.

Warum ist Wodka pur nur so eklig?
Wann war er eigentlich in den letzten Tagen mal nüchtern gewesen?
Seit letztem Freitag war er dauerhaft am trinken.

Aber wie sagt eine bekannte von ihm immer so schön?

-Man lebt nur einmal..mal sollte sein Leben nicht verpassen, nur weil es scheiße läuft. Außerdem ist Alkohol auch eine Lösung. Jedenfalls im chemischen Bereich.-

"...Außerdem würde ich ihm sagen müssen, das Alkohol wieder zu meinem liebsten Freund geworden ist und er kaum noch irgendwas wie Gefühle hat. Wenn er dann doch etwas fühlt, ist es einfach nur toll, weil er so etwas wie Aufmerksamkeit bekommen hat, was er sonst nie wirklich bekommen hat...aber so? Keine Ahnung... sind halt so unnötige Dinge...ich denke nur zwei Sachen würden ihn richtig schockieren. Der Tod von Lea und das ich nicht einmal mehr ansatzweise Kontakt zu ihm habe, aber sonst...wäre es dasselbe wie sonst auch..nur das ich jetzt mehr auf Konzerten bin und dauerhaft unterwegs bin, was aber auch nicht wirklich was an meinen Problemen und Ängsten geändert hat.."

Jisung zuckt nur mit den Schultern, schaut zu dem Mond hoch, lächelt ein wenig, eh er ein paar Mal tief ein und aus atmet, zu dem Bruder, seiner verstorbenen Freundin schaut.
Der Grund warum sich beide getroffen haben, war Sie und ihr annähernder Todestag.
Kaum zu glauben das es schon fast ein Jahr her ist.
Wie schnell die Zeit doch rennt...
Es erschreckt Jisung doch immer und immer wieder.
Er greift nach Minho seiner Zigarette, zieht einige Male daran, inhaliert den Rauch in seiner Lunge, eh er diesen wieder aus atmet..
Sich entspannt.

"Was würdest du deinem Ich aus  zweitausendeinundzwanzig erzählen?", fragt er dann, sieht zu dem älteren, während Minho nur die Flasche nimmt, daraus trinkt..
Einige Minuten musste Jisung auf eine Antwort warten, doch ist es okay.
Er rennt nicht wirklich weg...hatte auch keine Chance dazu.
Allzu oft fährt hier kein Zug entlang und es ist sowieso schon zu spät um jetzt noch nach Hause zu fahren..das kann er auch noch mit dem ersten Zug, am nächsten Morgen machen um pünktlich zu dem Ferienprogramm zu kommen, wo er als Aufsicht aushilft.

"Mein zweitausendeinundzwanzig Ich, würde mir nicht glauben, wenn ich ihm sagen würde, das meine Schwester schon fast ein Jahr nicht mehr am Leben ist..", murmelt Minho, schaut nachdenklich in den Himmel, während er die Flasche wieder ansetzt, daraus trinkt.
Einfach alles vergessen möchte.
Den Schmerz, die Gedanken und die Erinnerungen.
Jetzt wo es sich immer mehr an dem Tag des Schreckens nähert, hat Minho absolut keine Kraft mehr.
Zum Glück hat er gerade Ferien, sonst würde er komplett durchdrehen...
Okay, er wird durchdrehen, aber so wird es niemand mitbekommen.

Minsung OS Buch Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt